Im Rahmen der 21. Acatis-Value-Konferenz sprach Hendrik Leber über seine aktuelle Sicht auf die Märkte und seine Favoriten.
07.06.2024 | 12:10 Uhr von «Jörn Kränicke»
Hendrik Leber begann seinen Vortrag mit einem Rückblick auf die Hauptversammlung von Berkshire Hathaway. Für ihn war das erste Event ohne Charlie Munger etwas enttäuschend. „Ohne Munger fehlte die Würze“, sagte Leber. Und dem 93-jährigen Warren Buffet würde man inzwischen doch das Alter etwas anmerken. Er verliere langsam den Anschluss an die ökonomische Realität. Krypto und KI würden bei Buffett keine Rolle spielen. Er würde den technologischen Anschluss verlieren. Buffett parke sein Geld lieber auf dem Festgeldkonto, da es dort fünf Prozent Zinsen geben würde, als es am Aktienmarkt zu investieren. Zudem hätte Buffett es verpasst, bei günstigen Gelegenheiten zuzugreifen. Dies hätte er in der Vergangenheit immer getan. Leber nannte etwa Chancen bei Airbus oder GE, die er nicht genutzt hat. Bei der oft als kleine Berkshire titulierte Markel würde dies hingegen völlig anders aussehen. Hier sei man offen für alle neuen technologischen Strömungen. Auch dort war Leber auf der Hauptversammlung und ist investiert.
China wird unterschätzt
Der umtriebige Acatis-Chef hat sich vor kurzem auch in China umgesehen, um sich einen Eindruck vom Zustand des Landes zu verschaffen. Von der oftmals hierzulande angeprangerten Überwachung hat er persönlich nicht viel wahrgenommen. Was ihm hingegen aufgefallen ist, war das Sicherheitsgefühl, welches man überall hat. „Mit dem Gefühl und um den Frankfurter Bahnhof ist dies nicht vergleichbar“, so Leber. Den Handelsstreit zwischen China und den USA sieht Leber nicht als riesige Gefahr. Wenn die USA es wirklich ernst meinen würden, hätten sie genügend Hebel, um Zölle zu erheben. Ebenfalls hält er die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konfliktes zwischen China und Taiwan für gering. Die chinesische Führung sei sich bewusst, dass dies zu viel Zerstörung bedeuten würde. Wie berechenbar die KP sei, würde man an den 5-Jahresplänen sehen. „Da ist viel Klug- und Weisheit dabei.“ Leber hat bereits zum Jahresanfang seine Positionen in zwei Fonds erhöht, da die chinesischen Aktien unglaublich günstig sind. Beeindruckt war der Fondsmanager auch vom Stand der Elektromobilität in China, die dort weit fortgeschritten ist. „Man sieht dort unzählige Automarken, die hierzulande niemand kennt. Dort gibt es einen brutalen Wettbewerb und Überkapazitäten. Daher versuchen sie auch jetzt den europäischen Markt zu erobern,“ so Leber.
KI steht erst am Anfang
Den Schwerpunkt bei seinen Investitionen legt Leber derzeit auf Technolgie/KI, Gesundheit und Infrastruktur. „Viele unterschätzen, was in KI steckt. Anwendungen wie Chat GPT sind erst der Anfang und es wird noch viel mehr kommen“, sagt Leber. Er nennt als Beispiel etwa Palantir. Das US-Unternehmen wäre mitentscheidend beim Ukraine-Krieg. Es gebe in diesem Bereich nicht nur Nvidia, sondern sehr viele Firmen, die kaum jemand auf dem Schirm hätte und die moderat bewertet seien. Selbst Firmen wie Baidu hätten auf diesem Gebiet viele zu bieten.
Viele Chancen in ungeliebter Gesundheitsbranche
Sein nächster Research-Trip führt Leber zu einer Biotech-Konferenz in Florida. „Der ganze Gesundheitssektor ist bei den Anlegern unbeliebt und die Kurse sind im Keller. Dabei gibt es dort gigantische Fortschritte zu beobachten“, so Leber weiter. Wie wenig beliebt gerade der Biotechnologiesektor sei, sehe man an Biontech. Dafür interessiere sich niemand, obwohl sie bereits Ergebnisse auf Konferenzen wie der ASCO präsentiert haben, die in den kommenden Jahren bahnbrechend seien. Und dies würde nicht nur auf die Mainzer zutreffen.
Infrastruktur bietet viele Chancen
Das dritte Thema, dem Leber eine glänzende Zukunft prophezeit, ist die Infrastrukturbranche. „Dort gibt es gigantische Aufgaben. Man denke nur an die Deutsche Bahn, grüne Stahlwerke, Cloudspeicher oder die vielen Chipfabriken, die gebaut werden. Da geht es bei einer Fabrik schnell um Summen von 20 Milliarden Euro", sagt Leber. Oder auch in der Infrastruktur der Stromversorgung sieht Leber großes Potenzial. Hier hat er etwa in das italienische Unternehmen Prysmian investiert. Sie produzieren etwa Unterseekabel. Derzeit würden sie in Stromkabel mit knapp 800 Kilometer Länge von Deutschland nach Großbritannien verlegen. Sie hätten einen Auftragsbestand von 18 Milliarden Euro – Tendenz steigend.
Niedrige Bewertungen in Europa
In Europa sind die Aktienrenditen laut Leber höher als die von Anleihen. Insbesondere sieht der Acatis-Chef in der zweiten Reihe viele Chancen. „Da ist mehr Dynamik als bei den Large Caps zu finden,“ so Leber. In den USA seien hingegen Aktien weniger rentabel als Anleihen. Insbesondere sei der S&P 500 aufgrund der Magnificent 7 sehr teuer. Leber sieht zwar im historischen Kontext noch etwas Luft nach oben. „Der S&P 500 hat etwa ein KGV von 20. Es gab schon teurere, aber auch billigere Zeiten“, so Leber. Auch in den USA seien jedoch Small- und Mid-Caps günstig. Dort sieht er mannigfaltige Chancen.
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