Nach herben Rückschlägen im Jahr 2022 haben sich die globalen Vermögensverwalter im vergangenen Jahr stabilisiert und wieder mehr Kapital kumuliert. Das geht aus der aktuellen „Asset Management-Studie“ von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, hervor. Trotzdem herrscht Konsolidierungsdruck. Bereits 2027 könnte jeder siebte derzeit aktive Vermögensverwalter vom Markt verschwunden sein.
29.11.2024 | 07:00 Uhr
Deutscher Markt wächst um 7,1 Prozent
Die verwalteten Vermögen (Assets under Management, AuM) stiegen demnach 2023 im weltweiten Schnitt um neun Prozent nachdem sie im Vorjahr um elf Prozent gefallen waren. In Deutschland setzt der Asset-Management-Markt seinen Expansionskurs fort und wuchs in den vergangenen Jahren im Schnitt um 7,1 Prozent. Vor allem Publikumsfonds florieren hierzulande. International dominieren mit enormem Abstand die US-Anbieter. Allein in den vergangenen fünf Jahren schoss ihr Vermögensvolumen um 67 Prozent in die Höhe, ihre europäischen Pendants verzeichneten ein Plus von 54 Prozent. Bislang schlägt sich der Anstieg der Assets allerdings nicht in Umsatz und Profit nieder. Im internationalen Schnitt rutschten beide Kennziffern im vergangenen Jahr zwei Prozent ins Minus. Hauptgrund dafür ist die Kombination niedriger Gebühren und hoher Kosten, die zu einem steigenden Aufwand-Ertrag-Verhältnis (Cost Income Ratio, CIR) führt.
Stunde der Kosteneffizienz
In dem herausfordernden Marktumfeld schnitten sowohl kleine Boutique-Verwalter mit aktiv gemanagten Anlagestrategien als auch große, auf Skaleneffekte und Standardisierung setzende Firmen am besten ab. Insgesamt beherrschen die großen „Pure Scale Player“ mit holistischem Angebot und globaler Plattform inzwischen gemeinsam mit den „Value Chain Integrators“, Anbieter mit Expansionsstrategien entlang der Wertschöpfungskette, drei Viertel des Gesamtmarkts und treiben auch dessen Wachstum am stärksten an.
Es kommen schwierige Zeiten auf die Branche zu
In den kommenden Jahren steuert die Branche laut Studie allerdings auf schwierige Zeiten zu. Da immer mehr Anleger auf Produkte mit niedrigen Gebühren umschwenken, schlägt sich eingesammeltes Kapital nicht mehr automatisch in höheren Umsätzen und Gewinnen nieder. In Kombination mit hohen operativen Kosten wird das schnell zur toxischen Mischung und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit. Schon heute zeigt sich das in steigenden M&A-Aktivitäten – bereits 2027 könnte jeder siebte derzeit aktive Vermögensverwalter vom Markt verschwunden sein. Dies betrifft insbesondere die Captives, also konzerninterne Asset Manager großer Banken und Versicherungen: Sie wachsen deutlich langsamer als unabhängige Asset Manager (24% vs. 66% zwischen 2018 und 2023).
Es schlägt die Stunde der Kostendisziplin
„Die Phase goldener Renditen ist für die meisten Vermögensverwalter – zumindest vorerst – vorbei, stattdessen schlägt jetzt die Stunde der Kostendisziplin und Effizienz. Hierbei kristallisiert sich das Potenzial strategischer Technologienutzung, insbesondere generativer Künstlicher Intelligenz, immer mehr als mächtiger Hebel heraus. Das bedeutet allerdings gleichzeitig signifikante Investitionen, um die Technologie ernsthaft und ganzheitlich zu implementieren“, sagt Dr. Utz Helmuth, Managing Director bei Strategy& Schweiz. „Im aktuell kostengetriebenen Markt sollten Asset Manager zudem das eigene Geschäftsmodell genau analysieren: Wo lassen sich Prozesse vereinfachen, welche administrativen Tätigkeiten können ausgelagert werden, wie werden die größten Skaleneffekte erzielt? Doch Kostenkontrolle allein führt nicht zu mehr Wachstum – dazu ist es für Vermögensverwalter ebenso zentral, neue Vertriebskanäle zu identifizieren und auszubauen. Auch Fusionen können Sinn ergeben, vor allem Captives gewinnen dabei an Attraktivität.“
Großes KI-Potenzial für Kostendisziplin und Wettbewerbsfähigkeit
Der Einsatz (generativer) Künstlicher Intelligenz kann für Vermögensverwalter mittelfristig Effizienzsteigerungen von bis zu 15 Prozent ermöglichen. Entscheidend dafür ist allerdings eine kohärente KI-Strategie, die auf die Gesamtausrichtung des Unternehmens einzahlt und auch Bereiche wie Datenmanagement, Produktentwicklung und Human Resources berücksichtigt. Ebenso wichtig ist ein umfassendes KI-Governance-Konzept, um Themen wie Regulierung, Datensicherheit und Budgetplanung im Blick zu behalten. Um diese vielfältigen Projekte ganzheitlich managen zu können, sollten Vermögensverwalter eine Art KI-Exzellenz-Zentrum in Betracht ziehen. Von einer solchen Entität aus können die verschiedenen Stränge gesteuert und aufeinander abgestimmt werden.
Enorme Herausforderungen für Vermögensverwalter
„Die makroökonomischen Rahmenbedingungen sowie sich wandelnde Kundenbedürfnisse stellen die europäischen Vermögensverwalter aktuell vor enorme Herausforderungen. Viele Vermögensverwalter haben die Bedeutung generativer KI zur Bewältigung dieser Entwicklungen inzwischen erkannt und erste erfolgreiche, dezentral angesiedelte KI-Pilotprojekte initiiert, aus denen sie lernen und die sie auf weitere geeignete Bereiche ausweiten können. Ohne Einbettung in eine breitere KI-Strategie können sich diese Projekte allerdings zu kostspieligen und ineffizienten Silo-Lösungen ohne Skaleneffekte und Portfolioanbindung entwickeln. Umso mehr kommt es auf die Einbindung aller Geschäftsfunktionen bei der Integration der Technologie an, um Transparenz, Verzahnung und Effizienz sicherzustellen“, schließt Dr. Utz Helmuth. (jk)
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