Private Kreditfonds gewinnen an Bedeutung. Insbesondere bei der Finanzierung von Übernahmen mittelständischer Firmen steigt die Nachfrage. Wie stark der Markt sich entwickelt, zeigt eine aktuelle Studie.
09.04.2019 | 09:30 Uhr
Kreditfonds sind kein Geheimtipp mehr. Zum einen boomen direkte Kreditvergaben für Investitionen und Betriebsmittel. Vor allem aber bei der Finanzierung von Übernahmen mittelständischer Unternehmen sind Kreditfonds kaum noch wegzudenken. Die Kanzlei Ashurst schätzt, dass im vergangenen Jahr in Deutschland etwa die Hälfte der Akquisitionen im MidCap-Bereich mit privaten Kreditfonds gestemmt wurde. Daten des Analysehauses Preqin zufolge hat die Branche ihr Volumen in der vergangenen Dekade verdreifacht.
Vor allem sogenannte First-Out-/Last-Out-Finanzierungen, kurz Folo genannt, sind hier gefragt. Bei Folo-Finanzierungen werden vorrangige Bankdarlehen und die nachrangigen Finanzierungen der Kreditfonds kombiniert. Für Kreditnehmer ist das vorteilhaft, weil sie die Finanzierung nur mit zwei Häusern verhandeln müssen und die Kapitalkosten durch den Mix sinken.
Die aktuelle Studie „Unternehmenskreditfinanzierungen durch Nicht-Banken in Deutschland“ der Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) hat die Entwicklung nun näher beleuchtet. Die Markt-Analyse der zentralen Interessenvertretung der Alternative-Investments-Branche ist die erste Studie zum Kreditfondsmarkt in Deutschland, die die Sichtweisen der drei relevanten Marktakteure Unternehmen, Kreditfonds und institutionelle Investoren gesamtheitlich darstellt. Neben den definitorischen und rechtlichen Grundlagen enthält die Studie einen aktuellen Marktüberblick und dezidierte Informationen zu den drei Marktakteuren, die insbesondere auf BAI-Umfragen und Interviews im Zeitraum Sommer/Herbst 2018 basieren.
„Der deutsche Mittelstand bietet viel Potential für das weitere Wachstum der Kreditfonds in Deutschland“, sagt Matthias Erb, BAI-Vorstandsmitglied. Es gebe tausende Unternehmen, die für eine Finanzierung durch Kreditfonds in Frage kommen und für die Kreditfonds ideale Begleiter für Wachstum und Übernahmefinanzierungen seien. Besonders bei längeren Laufzeiten, herausfordernden Geschäftsentwicklungen und im Sub-Investment-Grade-Bereich des deutschen Mittelstandes könnten Kreditfonds ihre Vorteile ausspielen.
Mittelständler haben in Deutschland derzeit die Auswahl unter rund 35 reinen Unternehmenskreditfonds, die laut Preqin-Daten im Jahr 2017 über ein Gesamtvolumen von ca. 17,5 Milliarden US-Dollar verfügten und im deutschen Mittelstand vor allem Wachstums- und Übernahmefinanzierungen bereitstellen. Diese Unternehmen liegen überwiegend im oberen Sub-Investment-Grade-Bereich und erzielen einen Umsatz zwischen fünf und 25 und 75 Millionen Euro. Die von den Kreditfonds bereitgestellten Kredite weisen mit fünf bis 100 Millionen Euro eine große Spreizung auf.
Treiber des Wachstums bei Kreditfonds sind in erster Linie institutionelle Investoren. Dazu zählen nicht nur große, globale Versicherungskonzerne, sondern auch Pensionskassen, Versorgungswerke und viele weitere, eher kleinere Investoren. Der Hauptgrund für ein Engagement in Kreditfonds ist laut Studie die gute Rendite-Risiko-Relation, gefolgt von Diversifikation und die Verwendung als Anleihen-/Rentenersatz aufgrund stabiler regelmäßiger Erträge.
„Alle Investoren in Deutschland haben längst den Kreditfondsmarkt für Unternehmenskredite als festen Bestandteil ihrer Portfolioentscheidung einbezogen und sehen diesen als Alternative zu herkömmlichen Fixed-Income-Anlagen an. Da Corporate Private Debt in Deutschland auch auskömmliche Renditen und Besicherungen für Investoren bietet, wird sich dieser Markt auch von der Nachfrageseite her weiter positiv entwickeln“, sagt BAI-Vorstandsmitglied Andreas Kalusche.
Domiziliert sind die in Deutschland tätigen Fonds vorwiegend in Luxemburg. Bislang haben nur kleinere Kreditfonds, die in den Bereichen Restrukturierung und Sondersituationen aktiv sind, ihren Sitz in Deutschland. „Aufgrund der europäischen Ausrichtung der meisten Kreditfonds ist die Wahl des Standortes Luxemburg nicht verwunderlich. Zwar wird in der Umfrage die deutsche Regulierung nicht grundsätzlich moniert. Gut abgestimmte und pragmatische Regulierung, aber auch bestehende Strukturen geben dann häufig eben doch Anlass für die Standortwahl Luxemburg“, sagt Frank Dornseifer, Geschäftsführer des BAI.
Insgesamt sieht der BAI das Thema Corporate Private Debt in Deutschland auf dem Vormarsch. Dieser Markt werde zukünftig an Breite und Tiefe gewinnen, so der BAI. Aufgrund der deutschen Wirtschaftsstruktur und der noch hohen Bankendichte werde sich diese Entwicklung beispielsweise von der in den USA unterscheiden. Das Wachstum in Deutschland werde nicht kontinuierlich, sondern wie bisher mit Schwankungen erfolgen und sich über die bisherigen Schwerpunktbereiche Übernahme- und Wachstumsfinanzierungen hinaus erstrecken.
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