Bei börsengehandelten Indexfonds ist die Konkurrenz groß, die Preise fallen immer weiter. Wo die günstigsten Angebote locken.
25.11.2019 | 10:15 Uhr von «Andreas Hohenadl»
Wenig zahlen, viel bekommen: Welcher preisbewusste Käufer fühlt
sich davon nicht angesprochen? Was im Textil- oder Lebensmitteleinzelhandel
funktioniert, scheint auch ein Rezept für die Finanzindustrie zu sein. Das
zeigt das Bestreben vieler Geldverwalter, sich gegenseitig mit günstigen ETFs
zu übertrumpfen.
Exchange-Traded Funds — dafür steht die Abkürzung — haben sich in den vergangenen Jahren zu wahren Absatzrennern entwickelt. Denn mit keinem anderen Produkt ist es so einfach, in die wichtigsten Aktien- und Anleihemärkte zu investieren. Die börsengehandelten Indexfonds, so die deutsche Bezeichnung, vollziehen die Wertentwicklung bekannter Börsenindizes nach. Weil dafür kein teurer Fondsmanager benötigt wird, sind die Gebühren oft um ein Vielfaches günstiger als bei aktiv gemanagten Portfolios. Ein Investment in rund 1600 weltweite Aktien gibt es für mittlerweile 0,05 Prozent pro Jahr.
Wenig zahlen, viel bekommen: Mit dieser Verheißung lockten ETFs schon seit jeher Anleger. Doch der Preiskampf unter den Anbietern hat sich zuletzt noch einmal deutlich verschärft. Vor allem in den USA schmelzen die Gebühren dahin wie Schnee in der Sonne. Bereits 2018 erregte der Vermögensverwalter Fidelity dort Aufsehen, als er mit Gratis-Indexfonds auf den Markt kam.
Getoppt wird dieses Angebot noch von der diesjährigen Aktion des Assetmanagers Salt Financial. Er zahlt US-Anlegern pro Jahr 0,05 Prozent des investierten Vermögens, wenn diese zu einem ETF des Hauses greifen. Von Dauer ist diese Großzügigkeit allerdings nicht. Wenn der Indexfonds ein Volumen von mehr als 100 Millionen Euro aufweist, beziehungsweise spätestens im April 2020, werden reguläre Gebühren von 0,29 Prozent pro Jahr fällig.
In Europa nehmen ETF-Anbieter von solchen Lockvogelangeboten (noch) Abstand. Doch auch hier wird die Gebührenschraube kräftig gelockert. Den jüngsten Vorstoß unternahm Vanguard. Der US-Indexfondsriese senkte Ende Oktober die Gebühren für 13 seiner europäischen ETFs teilweise deutlich. Nun liegt die Gesellschaft mit diesen Produkten ein gutes Stück unter dem Durchschnitt vergleichbarer ETFs, hat das Analysehaus Morningstar berechnet.
Ein längst fälliger Schritt, findet Morningstar-Analyst Ali Masarwah. Denn als die Amerikaner 2012 den europäischen ETF-Markt betraten, konnten sie „mit Kampfkonditionen aufwarten“. Seitdem blieben ihre Preise jedoch unverändert. „Rasant hat sich in den vergangenen sieben Jahren allerdings die ETF-Branche weiterentwickelt“, so Masarwah. „Immer neue Akteure kamen und kommen an den Markt, und die meisten Neulinge treten mit Kampfkonditionen an. Die Platzhirsche wiederum reagieren früher oder später ihrerseits mit Gebührensenkungen.“
Um im Preiskampf mithalten zu können, müssen sich neue wie etablierte Anbieter etwas einfallen lassen. Eine immer häufiger genutzte Möglichkeit ist die Wahl eines günstigeren Indexanbieters. ETFs funktionieren nur, wenn es einen Index gibt, dessen Wertentwicklung sie nachvollziehen können. Je bekannter das Börsenbarometer, desto mehr Anleger spricht man potenziell damit an. Das wissen Anbieter wie MSCI oder S & P Dow Jones und lassen sich die Verwendung der von ihnen berechneten Indizes fürstlich vergüten. Auch ETF-Häuser werden zur Kasse gebeten, wenn sie etwa ein Produkt auf den Weltaktienindex MSCI World oder das US-Aktienbarometer S & P 500 auflegen.
Doch es muss ja nicht zwingend die bekannte Marke sein. So brachte Europas größter Vermögensverwalter Amundi im Frühjahr neun ETFs auf den Markt, die mit einer einheitlichen Kostenquote von 0,05 Prozent Maßstäbe in Sachen Niedrigpreis setzten. Möglich ist das, weil Amundi nicht die Indizes der Branchenführer verwendet, sondern die Messlatten eines Herausforderers. Es handelt sich dabei um das Frankfurter Unternehmen Solactive, das Indizes wesentlich günstiger erstellt und berechnet als MSCI und Co. Die Zahl der Finanzprodukte, die auf einem Solactive-Index basieren, steigt kontinuierlich.
In puncto Wertentwicklung gibt es nahezu keine Unterschiede zu den traditionellen Messlatten. Amundis ETF- Chefin Fannie Wurtz sagt deshalb: „Für viele Privatanleger spielt der Index keine große Rolle. Sie wollen einen ETF, der einfach zu verstehen ist, nachvollziehbar anlegt und mit dem sie günstig in den amerikanischen oder europäischen Aktien- und Anleihemarkt investieren können.“
Diese Art von Anlegern will auch JP Morgan Asset Management bedienen. Die US-Gesellschaft mischt gerade mal eineinhalb Jahre auf dem europäischen ETF-Markt mit und zählt folglich noch zu den Newcomern. Doch auch sie will mit Kampfkonditionen Marktanteile gewinnen und hat deshalb einen ähnlichen Weg wie Amundi eingeschlagen. Ihr ETF auf den amerikanischen Aktienmarkt für 0,04 Prozent Gebühr bezieht sich nicht auf das bekannte Börsenbarometer S & P 500, sondern auf einen breiten US-Aktienindex von Morningstar. Dieser umfasst mehr als 600 Titel und repräsentiert rund 85 Prozent der Marktkapitalisierung an US-Börsen. Der Unterschied in der Wertentwicklung zum S & P 500 zeigt sich — auch langfristig — allenfalls im Nachkommabereich.
Ob für 0,04 Prozent in US-Aktien oder 0,1 Prozent in mehr als 20 000 globale Anleihen: Noch nie war es für Anleger so günstig, ein diversifiziertes Portfolio mithilfe von ETFs aufzubauen. Dass hinter den Indexfonds zum Schnäppchenpreis nicht unbedingt ein bekanntes Börsenbarometer steht, ist kein spürbarer Nachteil.
Die aktuell günstigsten ETFs für wichtige Märkte haben wir in der Tabelle aufgelistet
Quelle: €uro am Sonntag
Mit börsengehandelten Indexfonds, kurz ETFs, können Anleger einfach und zu äußerst günstigen Konditionen Vermögen aufbauen. Beim Thema Sicherheit müssen sie dabei keine Abstriche machen. Denn wie klassische aktiv gemanagte Fonds stellen auch ETFs Sondervermögen dar. Das bedeutet, dass die Gelder der Anleger geschützt sind, selbst wenn der ETF-Anbieter pleitegehen sollte.
ETFs sind für die Anbieter ein Volumengeschäft. Die günstigen Gebühren rechnen sich auf Dauer nur, wenn ordentlich Kapital in ein Produkt fließt. Passiert das nicht, kann es sein, dass der Indexfonds aufgelöst oder mit einem anderen ETF fusioniert wird. Im ungünstigen Fall kann das steuerliche Nachteile für den Anleger bedeuten. Wer in günstige ETFs, die erst kurz auf dem Markt sind, investiert, sollte das wissen. So stecken im JP Morgan BetaBuilders US Equity (Auflage:April 2019) bisher erst fünf Millionen Euro. Auch die in der Tabelle gelisteten ETFs von Lyxor, Amundi und L & G gehören nicht zu den kapitalstärkeren am Markt. Ab Summen zwischen 50 und 100 Millionen Euro lässt sich ein ETF wirtschaftlich betreiben. Anbieter geben neuen Produkten meist zwei bis drei Jahre Zeit, um sich am Markt zu etablieren.
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