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CDO war gestern – das Niedrigzinsumfeld treibt kreative Blüten an der Wall-Street

Nachdem die Agentur Bloomberg bereits Ende Juni die Triple-A-Gemeinde über neu konstruierte Bonds mit eingebauten Sicherheitsmechanismen informierte, schlagen nun neue Details in den einschlägigen Investment-Blogs hohe Wellen.

14.08.2014 | 16:55 Uhr

Nachdem die Agentur Bloomberg bereits Ende Juni die Triple-A-Gemeinde über neu konstruierte Bonds mit eingebauten Sicherheitsmechanismen informierte, schlagen nun neue Details in den einschlägigen Investment-Blogs hohe Wellen. Das Wall Street Journal (WSJ) berichtete Anfang der Woche kritisch über die neueste Form der komplexen Verpackung von Fremdkapitaltiteln: Fixed Income Global Structured Covered Obligation (FIGSCO) ist ein strukturiertes Kreditprodukt, das schon im September auf den Markt kommen könnte und von der Investmentbank Goldman Sachs aufgelegt wird.

Kurz zusammengefasst ähnelt das Produkt auf den ersten Blick einem Pfandbrief. Dieser ist bekanntlich in Deutschland und auch Europa stark verbreitet. Allerdings gibt es bemerkenswerte Unterschiede. Denn anders als bei einem Pfandbrief sei die genaue Zusammensetzung der Darlehensforderungen nicht offen einsehbar, lediglich ein „Breakdown“ der eingesetzten Assetklassen soll für Transparenz sorgen. Die Besicherung des Bonds ist nicht klassisch rein über Hypotheken abgebildet, sondern erfolgt gegen einen Korb festverzinslicher Wertpapiere die von Goldman Sachs gestellt werden. Nach Informationen von Crédit Agricole könnten darin neben Hypotheken ebenso Anleihen von Staaten und Unternehmen allokiert sein.

Dieser Korb von Sicherheiten wird im zweiten Schritt mit einem Total Return Swap strukturiert. Kontraktpartner hierfür ist die Gesellschaft Goldman Sachs Mitsui Marine Derivative Products LP, ein Joint-Venture von Goldman Sachs, das bereits seit dem Jahre 1993 besteht. Das Tauschgeschäft ermöglicht börsentägliche Ausgleichszahlungen („Collateral“) um potentielle Wertverluste der hinterlegten Sicherheiten laufend auszugleichen. Dieses Konstruktionsmerkmal ist für einen Pfandbrief untypisch und soll im Falle von Marktturbulenzen für Vertrauen sorgen. Die Bewertung der Sicherheiten soll von einer unabhängigen dritten Partei durchgeführt werden. Im Falle der Insolvenz von Goldman Sachs und Mitsui Sumitomo Insurance sollte der Anleger mit dem Anspruch auf die besicherten Assets geschützt sein. Die Ratingagentur Standard & Poor‘s bewertet das Produkt als sehr sicher und gibt obendrauf ein AAA-Rating.

Die in Konkurrenz stehende Agentur Fitch sieht die Konstruktion dagegen kritisch in mehreren Punkten. So reichen die Besicherungsniveaus für A- bis A++ Bonds in Höhe von 105% und respektive 107% für BBB Bonds nach Fitch’s Argumentation noch nicht aus. Hauptkritikpunkt ist jedoch das oben genannte Joint Venture, das von S&P ein AAA-Rating hält. Fraglich sei, warum ein Unternehmen, das von zwei Firmen mit den Ratings A und A+ gehalten wird und als Geschäftszweck derivative Produkte konstruiert, ein solches Rating erhalten kann.

Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor. Komplexe strukturierte Produkte, die nicht genau durchblickt werden können, aber absolut sicher konstruiert sein sollen. Da denkt man unweigerlich reflexartig an die CDOs (Collateralized Debt Obligations), also an diejenigen „Massenvernichtungswaffen“, wie Warren Buffett es formulierte, die maßgeblich zur größten Finanzkrise seit der großen Depression beigetragen haben.

Andererseits wäre es zu einfach den schwarzen Peter Goldman zuzuschieben… auch die Citigroup und findige Hedgefonds beteiligen sich wieder am Tanz um das goldene Kalb. So werden laut dem WSJ über die Citigroup beispielsweise vermehrt Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) in kleinen Portionen zusammengekauft und als Produkte gebündelt, um dann das Risiko durch Diversifikation zu marginalisieren. Allerdings können sich hiervon nur Marktinsider wirklich ein Bild machen. Dass jedoch der Ansatz der Diversifikation durch vermeintlich nicht-korrelierte kleinteilige Schuldtitel in der Vergangenheit zu Krisenzeiten nicht funktioniert hat, ist bekannt.

Letztendlich bedienen die kreativen Produktinitiatoren damit aber nur eine riesige Nachfrage nach Triple-A-Produkten, die etwas mehr Rendite abwerfen als ein Portefeuille von Pfandbriefen, Staatsanleihen hoher Bonität oder Anleihen erstklassiger Unternehmen. Insbesondere institutionelle Anleger freuen sich, wenn sie für das gleiche Risikogewicht in der Bilanz prospektiv deutlich mehr Basispunkte auf der Renditeseite verdienen können. Der FIGSCO-Deal könnte laut IFR Markets in deren Bücher mit einem Risikogewicht von 20% eingehen.

Die Suche nach kreativen Anlagekonzepten für das Niedrigzinsumfeld ist auch hierzulande in vollem Gange. Letztlich muss sich der Regulator auch an die eigene Nase fassen, denn er zwingt Kapitalverwaltungsgesellschaften, Banken, Versicherungen und öffentliche Institutionen in einen Spagat: Immer höhere regulatorische Auflagen an die Kapitalstruktur, die Risikovorsorge, Anlagepolitik, Beratung auf der einen Seite, stehen der Nachfrage der Kleinanleger und Sparer nach einer real angemessen Verzinsung auf ihre Einlagen gegenüber. Zumal: Ein absehbares Ende der Niedrigzinsphase ist noch nicht in Sicht, denn die Zentralbanken sehen sich selbst nicht in der Verantwortung. (Siehe hierzu den Artikel Fed gibt Freibrief zum Spekulieren.)

Dass Wallstreet und Fondsindustrie für dieses Dilemma kreative Lösungen suchen müssen, da ein Großteil der Marktteilnehmer „sicher“ investieren muss, lässt erahnen, dass hier der Grundsatz eines vernünftigen Risiko-Rendite-Ansatzes leidet.

Mancher Marktteilnehmer, der freier agieren kann und wohl kalkuliert begrenzte Risiken in transparenten aktiven oder passiven Anlagestrategien eingegangen ist, kann vermutlich in diesem Kontext auf Jahressicht nur über seine erzielten Renditen schmunzeln.

Disclaimer: Die im Blog zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen sind die persönliche Meinung des Autors und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung der FondsConsult Research AG oder der €uro Advisor Services GmbH wider.

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