In der vergangenen Woche hat eine fragile Stabilität die Märkte erfasst. Unternehmensanleihen mit Investment Grade (IG) übernahmen die Führung bei dieser Markterholung. Das verheißt Gutes, denn so könnten wir die Komplexität einer Kreditkrise und einer daraus resultierenden Insolvenzkrise vermeiden.
08.04.2020 | 13:55 Uhr
chlussfolVon Peter De Coensel, CIO Fixed Income
Primäremissionen erlebten eine rekordverdächtige Woche, da 40 Milliarden Euro an neuen Papieren auf den Markt gebracht wurden. Der Öl- und Gassektor war für etwa ein Drittel dieses Volumens verantwortlich (TOTAL, BP, OMV und SHELL). Die Flut von Neuemissionen beläuft sich seit Jahresbeginn auf 115 Milliarden EUR, ein beispielloser Betrag.
Der EUR-High Yield (HY)-Primärmarkt ist seit 6 Wochen geschlossen. Die Preisfindung bleibt eine Herausforderung. Die Rating-Agenturen haben ihre Bemühungen um eine Herabstufung aller Finanz- und Nicht-Finanz-Emittenten verstärkt. Die Differenz zwischen Herauf- und Herabstufungen bei HY-Ratings ist auf den Tiefstand von -25% gefallen. Während der globalen Finanzkrise (GFC) 2008-2009 lag diese Differenz auf einem Tiefststand von -35%. Der zusammengesetzte PMI der Eurozone von 29,7 (-22 Punkte gegenüber Februar) scheint darauf hinzudeuten, dass wir höchstwahrscheinlich diese Tiefststände wieder erreichen werden. Aktuell wird die PMI-Schwäche von der Dienstleistungskomponente angeführt. Dies steht wiederum in Gegensatz zur GFC, bei der das verarbeitende Gewerbe die Talfahrt anführte. In den USA haben wir eine Wiedereröffnung des HY-Primärmarktes beobachtet, mit einem kleinen Plus. Die EUR HY- Ausfallerwartungen für 2020 liegen zwischen 6 und 8% (im Vergleich zu 7% während der GFC). Die Märkte werden in den nächsten zwei bis drei Jahren eine fiskalische Unterstützung benötigen, um hohe zukünftige Ausfallraten zu verhindern.
Das Kaufprogramm der EZB für den Unternehmenssektor hat sich sehr günstig auf die zulässigen Unternehmensanleihen ausgewirkt. Die Performancelücke zwischen förderfähigen und nicht förderfähigen Papieren wird wahrscheinlich anhalten.
Das Einfrieren der Dividende im Banken- und Versicherungssektor, gemäß dem Rat der EZB, hat die Spreads von Papieren der Tier-1-Finanzinstitute gestärkt. Kleinere Tier-2- und Tier-3-Instituten entwickeln sich demgegenüber unterdurchschnittlich. Das Bild der nachrangigen Tier-2-Papiere ist uneinheitlich. Die Unsicherheit bei AT1-Papieren ist nach wie vor signifikant hoch. Wenn dieser tief untergeordnete Sektor das Risiko höher bewertet, haben wir die Talsohle bei weitem noch nicht erreicht. Weiteres Minus von 5 bis 10 Prozentpunkten zeichnet sich ab, wenn die Banken ihr ausstehendes AT1-Kapital nicht abrufen.
Wie bereits 2008-2009 beobachten wir ein höheres Dringlichkeitsgefühl seitens der US-Zentralbank. Obwohl wir die Bemühungen der EZB begrüßen, verblassen ihre Aktivitäten gegenüber der FED. Diese hat nicht nur fast alle Instrumente eingesetzt, sondern die Auswirkungen ihrer Maßnahmen haben eine globale Reichweite. Die FED wollte die Flucht in USD-Liquidität und die Finanzierung in den Schwellenländern (EM) stabilisieren. Dabei verankerte sie den USD als die einzige echte Reservewährung der Welt.
Eine weitere Woche ist vergangen, und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Märkte am Rande etwas Boden gefunden haben. Die vor uns liegende Woche wird durch das bevorstehende lange Osterwochenende verkürzt. Die Unternehmen werden in Blackout-Perioden eintreten, wenn sie sich auf die Saison der Q1-Ergebnisse vorbereiten. Die USA sind in dieser Hinsicht führend. Es ist zu erwarten, dass die Schwemme an Primäremissionen allmählich abnehmen wird. Daher könnten die sekundären Kreditmärkte eine gewisse Atempause bekommen, da sie weniger Druck auf die Prämien für Neuemissionen ausgesetzt sind. Erwarten Sie mehr Stabilität bei Staatsanleihen. Das hohe idiosynkratische Risiko wird in HY weiterhin bestehen bleiben.
Die Wirtschaftsdaten, die in den nächsten drei Monaten veröffentlicht werden, werden sowohl für die EU als auch für die USA erschreckend sein. Der negative Nachrichtenfluss mit seinen Gerüchten über eine globale Rezession wurde größtenteils von den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere eingepreist. Wir sollten jedoch nicht ausschließen, dass die langfristigen US-Zinsen erneut nach unten gedrückt werden. Wenn wir über den kurzfristigen Bereich hinausblicken, können wir feststellen, dass die Form der wirtschaftlichen Erholung über die Dauer der Erholung an allen Finanzmärkten entscheiden wird.
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