Unsere Einschätzung zum Tapering der Federal Reserve und der US Inflation.
01.10.2021 | 15:56 Uhr
Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank in den letzten Monaten dieses Jahres damit beginnen wird, einige der außerordentlichen Konjunkturmaßnahmen, die im letzten Jahr in der Anfangsphase der Pandemie ergriffen wurden, zurückzuschrauben. Die Fed hat sich zwar bei ihrer Sitzung im September 2021 nicht zu ihrem ersten Schritt geäußert – aber wir kennen diesen Schritt bereits. Die Zentralbank wird damit beginnen, das Tempo ihrer Anleihekäufe zu reduzieren (tapering). zu reduzieren.
Das letzte Mal, als die Fed eine Drosselung vornahm, löste dies das berüchtigte Taper Tantrum von 2013 aus. Die Märkte wurden überrumpelt und die Anleiherenditen schnellten in die Höhe. Da die Anleger dieses Mal besser auf eine Straffung vorbereitet sind, erwarten wir kein neues Beben. Die Fed hat ihren Rückzug bereits deutlich kommuniziert, nur der genaue Zeitpunkt ist noch unbekannt. Lassen Sie uns diesen Weg entschlüsseln und überlegen, wie er sich auf die Rentenmärkte auswirken könnte.
Baldige Drosselung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank, aber keine Zinserhöhungen vor Ende 2022
Noch im August glaubten einige Anleger, dass die Fed auf ihrer September-Sitzung den Beginn ihres Drosselungsprogramms ankündigen könnte. Die relativ schwachen Arbeitsmarktdaten gepaart mit einer abgeschwächten Inflationsrate im August haben dieses Szenario jedoch zunichte gemacht. Wir gehen nun davon aus, dass die Fed ihre Absicht, die Anleihekäufe zu reduzieren, bereits auf ihrer November-Sitzung bekannt geben wird, es sei denn, die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechtern sich bis dahin erheblich.
Die US-Notenbank wird wahrscheinlich in den Wochen nach dieser Ankündigung mit der Reduzierung der Anleihekäufe beginnen. Sobald diese Phase beginnt, erwarten wir auf der Grundlage früherer Äußerungen der Fed und ihres früheren Tapering-Programms, dass sie etwa sechs bis neun Monate andauern wird und höchstwahrscheinlich gegen Mitte 2022 endet. Derzeit kauft die Fed jeden Monat US-Staatsanleihen und Pfandbriefe im Wert von 120 Milliarden Dollar. Dieser Betrag wird allmählich abnehmen, bis die Fed keine weiteren Anleihen kauft und ihre Bilanz nicht weiter aufbläht.
Nach Beendigung des Taperings wird die Fed nur noch solche Papiere kaufen, die zur Aufrechterhaltung des Umfangs ihrer Bilanz ausreichen, und alte Wertpapiere, die fällig werden, ersetzen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Zentralbank vor einer Zinserhöhung eine dreistufige Prüfung vornehmen:
1 Hat die Wirtschaft die maximale Beschäftigungsquote erreicht?
2 Hat die Kerninflation – die Rate, bei der die Preise für Nahrungsmittel und Energie nicht berücksichtigt werden – das Ziel von 2 % erreicht?
3 Ist die Kerninflation auf Kurs, ihr Ziel von 2 % zu übertreffen?
Auf diese Bedingungen gehen wir nachfolgend ein. Wir gehen davon aus, dass die Fed frühestens Ende 2022 eine Zinserhöhung ins Auge fassen wird. Wir rechnen damit, dass sie die kurzfristigen Zinssätze, sobald sie einen Anstieg zulässt, nur sehr allmählich anheben wird, so wie sie es von 2015 bis 2018 getan hat.
Warum die Fed trotz steigender Inflation nicht auf die Bremse getreten ist
Die meisten Anleger sind sich darüber im Klaren, dass sich die Fed nicht an der Inflationsrate stört. In diesem Jahr ist sie über das 2 %-Ziel der Fed gestiegen. Werfen wir einen Blick auf die von der Fed bevorzugte Messgröße – den U.S. Core Personal Consumer Expenditures Price Index. Dieser Wert lag im Juli bei 3,6 %. Das ist deutlich über dem Zielwert – auf einem Niveau, das seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr erreicht wurde.
Die aktuelle Inflationsrate ist jedoch nicht unbedingt ausschlaggebend, wenn es um Zinserhöhungen geht. Die Fed wird diesen Schritt wahrscheinlich erst Ende nächsten Jahres in Betracht ziehen. Wir müssen abwarten, ob die gegenwärtig hohe Inflationsrate bis dahin Bestand hat. Wenn das Preiswachstum unter ihr Ziel zurückfällt, muss die Fed möglicherweise länger warten.
Andererseits könnte sich der Inflationsdruck auch verschärfen. So könnten die Preise in Bereichen wie Mieten, Wohnen und Dienstleistungen in die Höhe schnellen. Wenn die Fed beginnt, sich mehr Sorgen über ein Heißlaufen der Inflation zu machen, könnte sie sich gezwungen sehen, früher zu reagieren.
Die Fed wird kaum Zinserhöhungen signalisieren, solange die Beschäftigungsaussichten nicht klarer sind
Vollbeschäftigung ist schwerer zu messen. Im Moment erleben wir auf dem Arbeitsmarkt echte Verwerfungen. Erhebungen zur Erwerbstätigkeit zeigen, dass in den USA in diesem Sommer 5 Millionen Menschen weniger berufstätig waren als zu Beginn des Jahres 2020. Und die Zahl berücksichtigt noch nicht einmal den erwarteten natürlichen Anstieg um 200.000 neue Arbeitskräfte pro Monat. Damit vergrößert sich die Lücke auf mindestens 8 Millionen weniger Arbeitnehmer, als es bei Vollbeschäftigung der Fall wäre.
Ein Blick auf die Löhne und die offenen Stellen macht dieses Bild noch unübersichtlicher. Die Einkommenszuwächse für Arbeitnehmer im unteren Lohnsegment liegen in diesem Jahr bei über 3 % und damit weit über dem Durchschnitt. Außerdem kommen auf jeden Arbeitslosen 1,3 offene Stellen. Diese Faktoren würden normalerweise auf einen sehr starken Arbeitsmarkt hindeuten. Aktuelle Trends zeichnen jedoch ein trübes Bild. So könnte der Arbeitsmarkt im nächsten Jahr weniger rosig aussehen, als die Stellenangebote und Lohnzuwächse vermuten lassen, und die erste Zinserhöhung der Fed könnte sich verzögern, wenn die Arbeitslosenquote länger braucht, um sich zu erholen.
Warum wir kein Taper Tantrum 2.0 erwarten
Als die Fed ihre letzte Drosselung angekündigt hat, gerieten die Rentenanleger in Panik. Das erwarten wir diesmal nicht. Erstens haben die Anleger solche Maßnahmen der Fed schon einmal erlebt. Sie haben deren Auswirkungen gesehen und festgestellt, dass eine umfassende Normalisierung alles andere als katastrophal ist. Im Jahr 2013 befürchteten die Anleger, dass die Fed den Leitzinssatz im Laufe der Zeit von null auf eine Spanne von 4 bis 5 % anheben würde. Das ist nicht passiert. Diesmal rechnen sie nicht damit, dass die Fed die Zinssätze deutlich über 2 % anheben wird.
Zweitens dürfte der Markt nicht überrascht sein, wenn der Prozess beginnt. Die Fed hat ihre Pläne sehr transparent kommuniziert. In zahlreichen Reden und anderen Verlautbarungen haben der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, und andere führende Gouverneure erläutert, was zu erwarten ist. Demzufolge wird der Markt wahrscheinlich nicht so dramatisch reagieren. Natürlich werden sich die verschärften finanziellen Bedingungen – durch geringere Liquidität und höhere Kreditkosten – dennoch in einem gewissen Maße negativ auf die Risikobereitschaft der Anleger auswirken.
Die klaren Aussagen der US-Notenbank haben dazu geführt, dass die Annahme, dass die Fed noch vor Ende des Jahres mit der Drosselung der Anleihekäufe beginnen wird, bereits in den aktuellen Anleiherenditen eingepreist ist. Danach werden sich die Sorgen der Anleger darauf verlagern, wie schnell die Fed ihre Wertpapierkäufe reduziert und wann sie mit der Anhebung der Zinssätze beginnt. Wenn der Inflationsdruck anhält und der Arbeitsmarkt sich positiv entwickelt, könnten die Verzinsungen der US-Staatsanleihen über das gesamte Fälligkeitsspektrum hinweg ansteigen.
Sobald die Fed die kurzfristigen Zinssätze anhebt, wird sich dies unmittelbarer auf die Verzinsungen kürzerer Laufzeiten auswirken, was zu einer Abflachung der Renditekurve führen wird. Das hat sich in der Vergangenheit so abgespielt.
Die Verzinsungen sollten auf dem gesamten Markt mit dem Normalisierungskurs der Fed zwar im Laufe der Zeit steigen, die letzten 12 Monate haben jedoch gezeigt, wie hartnäckig niedrige Verzinsungen sein können. Einer der Faktoren ist die Besorgnis um die Nachhaltigkeit des robusten Wirtschaftswachstums. Nachdem Delta und andere Stämme neue Infektionswellen ausgelöst hatten, begannen die Anleger, die Hartnäckigkeit von COVID-19 zu verstehen. Auch die chinesische Wirtschaft, die in den letzten zehn Jahren zu den wichtigsten Stützen der Weltwirtschaft zählte, hat sich abgekühlt. Außerdem glauben die Anleger den Aussagen der Fed, dass die hohe Inflationsrate nur vorübergehend ist.
Wenn die Fed sich zurückzieht, könnten einige Anleger unruhig oder nervös werden. Die Entscheidungsträger werden dies allerdings erst dann tun, wenn sie sicher sind, dass die Wirtschaft dies verkraften kann. Letztendlich dürfte die Normalisierung dazu beitragen, dass die Inflationssorgen, die in diesem Jahr einen langen Schatten auf die Märkte geworfen haben, nachlassen. Wichtig ist, dass die Fed, sobald sie ihre Bilanz gestutzt und schließlich die Zinssätze angehoben hat, deutlich handlungsfähiger sein wird, wenn die nächste große wirtschaftliche Herausforderung ansteht. Wenn man das Tapering aus der Sicht einer Fed betrachtet, deren Ziel es ist, die Preisstabilität aufrechtzuerhalten, sollten die Anleger beruhigt sein: Core-Rentenfonds sollten auch in Zukunft als Ballast in diversifizierten Portfolios zum Tragen kommen.
Tim Ng ist ein Portfoliomanager für festverzinsliche Wertpapiere mit 15 Jahren Branchenerfahrung. Er erwarb einen Bachelor-Abschluss mit Auszeichnung in Informatik an der University of Waterloo, Ontario.
Thomas Hollenberg ist ein Portfoliomanager für festverzinsliche Wertpapiere mit 15 Jahren Branchenerfahrung. Er hat einen MBA in Finanzen von der MIT Sloan School of Management und einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften vom Boston College.
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