Noch nie verfehlten Analystenprognosen die tatsächliche Datenveröffentlichung eines US-Arbeitsmarktberichtes so deutlich wie vergangene Woche. Anstatt des erwarteten Absinkens stieg die Arbeitslosenquote vielmehr leicht auf 6,1 Prozent.
11.05.2021 | 10:01 Uhr
Die
Anzahl der neu geschaffenen Stellen lag nicht bei etwa 800.000, sondern
lediglich bei 266.000. Zwar gab es einen deutlichen Stellenaufbau in
einigen Servicesektoren, vor allem in den Bereichen Freizeit und
Beherbergung. Dieser wurde allerdings teilweise durch eine nachlassende
Beschäftigung bei Zeitarbeitsfirmen und bei Kurierdiensten ausgeglichen.
Alle anderen zuletzt veröffentlichten arbeitsmarktrelevanten
Indikatoren deuteten eine erheblich bessere Verfassung des
US-Arbeitsmarktes an.
So sanken die Erstanträge auf
Arbeitslosenunterstützung Anfang Mai unter die Marke von 500.000. Auch
der ADP-Beschäftigungsindikator vermeldete eine deutlich steigende
Beschäftigung im privaten Sektor. Anfang der Woche zeigte der auf
verschiedene Arbeitsmarktparameter bezogene Indikator Conference Board
Employment Trends Index (ETI), , dass es nach wie vor eine stark
steigende Nachfrage nach Arbeitskräften gibt. Berichtet wurde von
Schwierigkeiten, ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen,
von zunehmenden unbesetzten Stellen sowie von deutlich steigenden
Lohnforderungen. Es bestünde die Gefahr einer erheblichen
Arbeitskräfteknappheit, so die Analysten des Conference Board.
Offensichtlich liegt es also nicht an der Nachfrage nach Arbeitskräften,
sondern vielmehr am Angebot. Eine Rolle könnte spielen, dass die
aktuelle Arbeitskräftenachfrage sich von den Vorkrisen-Bedürfnissen
unterscheidet. Möglicherweise haben viele Unternehmen ihre
Produktionsprozesse krisenbedingt adjustiert und suchen nunmehr andere
Qualifikationen. Auch könnten die nach wie vor teils erheblichen
wöchentlichen Transferzahlungen für arbeitslose Amerikaner attraktiver
sein, als potenzielle Verdienste beim Antritt eines neuen Jobs.
Sollte sich die Annahme eines Arbeitsangebotsengpasses in den kommenden Monaten manifestieren, könnte dies die sehr ambitionierten Wachstumserwartungen an die US-Volkswirtschaft für die kommenden Monate ausbremsen und den ohnehin immanenten inflationären Druck erhöhen. Eine Arbeitslosenquote von etwa 3,5 Prozent wäre unter diesen Umständen kaum erreichbar und die US-Notenbank Fed müsste darüber nachdenken, ob sie nicht doch schon vor Erreichen des Vollbeschäftigungsziels eine restriktivere geldpolitische Gangart einlegt.
Ihr Carsten Mumm
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