Handelskriege könnten der Weltwirtschaft schaden und langjährige Handelspartnerschaften gefährden.
07.04.2025 | 08:50 Uhr
Die Anfänge der Trump-Regierung haben weitreichende Zollankündigungen mit sich gebracht. Die Situation ist zwar unbeständig, aber die Richtung ist klar: Die Handelsbeschränkungen werden wahrscheinlich zunehmen, wobei China ein Hauptziel ist. Auch wenn nach wie vor erhebliche Unsicherheiten bestehen, sind wir der Meinung, dass genügend Informationen vorliegen, um die globalen Aussichten deutlich abzuschwächen.
Handelsbarrieren dämpfen das Wachstum
Freier Handel fördert das Wachstum, während
Handelsbeschränkungen es verlangsamen. Ein Blick auf den Handelskrieg des
Jahres 2018 genügt, um dies zu belegen, denn tatsächlich kam es 2018 und 2019
vor dem Hintergrund der zunehmenden Handelsbeschränkungen zu einer Abschwächung
der Weltwirtschaft.
Die kurzfristigen Auswirkungen auf das Wachstum gehen auf mehrere Faktoren
zurück:
Handelsspannungen verschärfen geopolitische Risiken
Längerfristig betrachtet bergen die zunehmenden Spannungen
im Welthandel noch größere Risiken.
Anhaltende Handelsspannungen spiegeln den Trend zur Deglobalisierung wider, mit
dem wir uns schon seit einigen Jahren befassen. Mit der Deglobalisierung sind
nicht nur wirtschaftliche, sondern auch geopolitische Risiken verbunden.
Handelspartner haben starke Anreize, miteinander stabile diplomatische
Beziehungen zu unterhalten, um ihre gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen zu
schützen. Ohne das gemeinsame Interesse an guten Beziehungen könnte der globale
Wettbewerb noch aggressiver werden.
Selbst wenn besonders schwerwiegende Folgen ausbleiben, könnten sich viele
Länder gezwungen sehen, eine Wahl zwischen den USA und China zu treffen. Das
könnte die Deglobalisierung wiederum noch weiter beschleunigen.
Wir möchten betonen, dass ein Eintritt der schlimmsten denkbaren Folgen unserer
Ansicht nach äußerst unwahrscheinlich ist. In unserem Basisszenario gehen wir
davon aus, dass es bei Handelsspannungen bleiben wird, die eher nicht auf
ausgewachsene Konflikte hinauslaufen, und dass die Weltwirtschaft durch die
Beschränkungen zwar verlangsamt, aber nicht ganz und gar lahmgelegt wird.
Gleichwohl werden die zunehmenden Spannungen wahrscheinlich Konsequenzen haben,
insbesondere für China.
Die Handelsdynamik Chinas verlagert sich
Die USA und ihre Partnerstaaten werden wahrscheinlich die
Handelsschranken für chinesische Waren erhöhen, um Arbeitsplätze im eigenen
Land zu schützen, Handelsdefizite abzubauen oder die nationale Sicherheit zu
stärken. China ist heutzutage jedoch weniger von den USA abhängig als noch 2018
und seine Wirtschaft ist mittlerweile auch weniger anfällig für disruptive
Effekte von Handelskriegen.
Der Anteil Chinas am verarbeitenden Gewerbe weltweit ist heute sogar noch höher
als im Jahr 2018 und liegt nun bei 32% des globalen Gesamtvolumens*. Der Export
in die USA macht inzwischen weniger als 15% des chinesischen
Gesamtexportvolumens aus, nachdem er sich 2018 noch auf fast 20% belief (Abbildung
links). Zudem trägt er nur noch 3% zum chinesischen BIP bei (Abbildung
rechts).
Zwar wird auch ein gewisser Teil an chinesischen Waren auf Umwegen
über Drittländer in die USA geliefert, aber dessen ungeachtet ist ein
fundamentaler Wandel mit Blick auf die chinesischen Exporte
festzustellen. Produkte wie Mobiltelefone, Elektrofahrzeuge und
5G-Ausrüstung, die auf dem US-Markt nicht verkauft werden, machen
inzwischen einen erheblichen Anteil der chinesischen Exporte aus.
Diese Verschiebungen in der chinesischen Handelsdynamik deuten auf eine
strategische Anpassung an die weltweiten Handelsspannungen hin.
Die entscheidende Frage ist, was geschieht, wenn die Handelspartner
dazu gezwungen sind, Partei zu ergreifen und möglicherweise ihre
bilateralen Handelsabkommen mit den USA zu gefährden. Mexiko und
Südkorea hatten vor der Aufnahme von Handelsgesprächen mit den USA
kürzlich signalisiert, die Möglichkeiten für die Wiederausfuhr
chinesischer Exportgüter beschränken zu wollen.
Daraus ergibt sich die komplexe Herausforderung, Waren für den
Binnenkonsum von Waren zu unterscheiden, bei denen eine Wiederausfuhr
vorgesehen ist. Staaten könnten einfach beschließen, keine chinesischen
Waren mehr zu importieren, was unserer Ansicht nach das chinesische
Wachstum erheblich beeinträchtigen würde. In diesem Fall müssten wir bei
jedem Land, das sich entscheidet, den Handel mit China
herunterzufahren, die jeweiligen Auswirkungen bewerten.
Auf diese Art Partei zu ergreifen, kann allerdings Nachteile mich sich
bringen. Länder, die bisher von ihrer Rolle als Zwischeninstanz bei der
Umleitung chinesischer Waren profitiert haben, würden ebenfalls unter
den Folgen leiden – es sei denn, ihnen gelingt eine vollständige
Lokalisierung, einschließlich der Übertragung geistigen Eigentums und
einer Steigerung des einheimischen Anteils. Zu den asiatischen Ländern,
die sich in dieser Frage positionieren müssen, gehören Vietnam,
Malaysia, Singapur und Südkorea.
Die chinesische Wirtschaft ist aufgrund ihrer Produktionskapazitäten
stark vom Export abhängig. Demgegenüber entfallen derzeit nur 12% des
weltweiten Konsums auf China. Sofern China nicht in der Lage ist, seinen
Anteil am weltweiten Verbrauch erheblich zu steigern, um die eigene
Produktionsleistung zu absorbieren, wird es seine Handelspartner davon
überzeugen müssen, die Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten.
Das gilt insbesondere in Bezug auf die Länder der südlichen Hemisphäre,
denn der Handel mit ihnen hat in den vergangenen Jahren am meisten zum
Wachstum des chinesischen Handelsüberschusses beigetragen. Dieser
beläuft sich auf 1 Billion US-Dollar und entfällt zu beinahe 50% auf
Länder des globalen Südens, wo allein in den letzten drei Jahren ein
Zuwachs von 200 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen war.
Dieser Anstieg im Handel mit dem globalen Süden ist nicht ausschließlich
auf die Umleitung von Exportlieferungen zurückzuführen. Chinesische
Unternehmen erkunden proaktiv neue Märkte und suchen nach neuen
Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte, um die Auswirkungen von
Handelsbarrieren abzumildern und ihre Exportmärkte zu diversifizieren.
Eine weitere Strategie könnte darin bestehen, dass Unternehmen ihre
gesamte Lieferkette in Regionen außerhalb Chinas verlagern,
einschließlich des geistigen Eigentums und der Betriebsabläufe. Eine
ähnliche Strategie verfolgte Japan in den 1980ern. Von besonderer
Bedeutung wäre ein solches Vorgehen für Unternehmen, die sich auf den
Export konzentrieren statt auf die Bedienung des Binnenmarktes oder
anderer Märkte, die noch ein gutes Umfeld für den Absatz chinesischer
Waren bieten.
Im Zuge der Deglobalisierung kommt es zu einer zunehmenden
Entkopplung und Abschottung von Handelsbeziehungen und sogar von
Konjunkturzyklen. Ein weniger gut abgestimmtes globales System, in dem
die Konjunkturzyklen in den einzelnen Regionen so stark voneinander
abweichen wie es zuletzt vor Jahrzehnten der Fall war, lässt unserer
Auffassung nach auf eine weniger effiziente Weltwirtschaft schließen.
Darüber hinaus könnten anhaltende Handelskriege die Balance zwischen
Wachstum und Inflation beeinträchtigen. Eine höhere Inflation im
Verhältnis zum Wachstum wäre sowohl aus Sicht der Zentralbänker als auch
aus Sicht der Anleger nicht wünschenswert.
Unserer Ansicht nach müssen die Unternehmen sorgfältig abwägen, auf
welche Märkte sie sich konzentrieren, und die Wahl der genutzten
Technologien, Lieferketten und Materialien gut durchdenken. Angespannte
Handelsbeziehungen, instabile globale Lieferketten, eine volatile
Inflations- und Wachstumsdynamik sowie mögliche Divergenzen auf
geldpolitischer Ebene dürften zu einer komplizierteren Ausgangslage für
die Entscheidung über Unternehmensinvestitionen führen. Wir gehen davon
aus, dass es Unternehmen in diesem Umfeld schwer fallen wird, eine
globale Zielgruppe anzusprechen.
Es erscheint klar, auf welchem Pfad wir uns befinden, doch es ist
ungewiss, wie schnell und bis zu welchem Punkt wir voranschreiten
werden. Die Aussicht auf vielversprechende Fortschritte im Bereich der
technologischen Innovation könnte einen Teil der durch Handelskriege
verursachten Schäden ausgleichen. Politiker, die derzeit Handelskriege
führen, könnten schließlich zu dem Ergebnis kommen, dass der damit
verbundene Schaden zu groß ist, um ihren aktuellen Kurs beizubehalten.
Infolgedessen könnte sich die Situation im Laufe der Zeit zunehmend
stabilisieren. Zudem sollten wir die Widerstandsfähigkeit des
Privatsektors und seine Fähigkeit, Lösungen für neue Probleme zu finden,
nicht unterschätzen.
Auch wenn die kurzfristigen Aussichten auf widrige Umstände hinweisen,
möchten wir an die Anleger appellieren, die Perspektive zu wahren.
Deglobalisierung und Handelsspannungen schaffen kein günstiges Umfeld
für die Weltwirtschaft, aber die Folgen müssen nicht unbedingt
katastrophal sein. Nachdem sich die Beziehungen über mehr als 20 Jahre
vertieft haben, ist es möglicherweise nicht zu vermeiden, dass die Welt
eine Weile lang den entgegengesetzten Kurs verfolgt.
Phasen der erhöhten Spannung mögen für die Weltwirtschaft belastend und
für die Anleger unangenehm sein, doch wir glauben, dass sich schließlich
ein neues Gleichgewicht einstellen wird.
* Nach Angaben der Welthandelsorganisation und des Center for Strategic & International Studies.
Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Recherchen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider. Die Einschätzungen können sich im Laufe der Zeit ändern.
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