Die Inflation wird trotz des Drucks auf die Realeinkommen und die Wirtschaftstätigkeit langfristig höher bleiben. Zu diesem Schluss kommt Peter Becker, Fixed Income Director bei Capital Group.
15.06.2022 | 12:05 Uhr
Grund dafür sei der jüngste Anstieg der Rohstoffpreise, welcher die weltweit zu beobachtende Inflationsbeschleunigung aufgrund der pandemiebedingten Unterbrechung der globalen Lieferketten, verstärkt hätte. „Eine interessante Beobachtung ist der Unterschied zwischen Industrie- und Schwellenländern, was die Auswirkungen und die Reaktion auf die Inflation betrifft“, so Becker. „Die Zentralbanken der Industrieländer haben in den letzten zehn Jahren darum gekämpft, die Inflation auf das Zielniveau zu bringen, während die Zentralbanken der Schwellenländer ihre langfristigen Bemühungen um eine Senkung der Inflation größtenteils fortgesetzt haben.“ Im Durchschnitt hätten die Zentralbanken der aufstrebenden Volkswirtschaften die Zinssätze im Vergleich zu den Zentralbanken der Schwellenländer proaktiv erhöht - trotz schwacher inländischer Bedingungen. Dafür gebe es laut Becker eine Reihe von Gründen:
1. Der Anstieg der Rohstoffpreise trifft einige Schwellenländer härter als die DM
Die Inflation belaste Verbraucher auf der ganzen Welt, der jüngste Anstieg der Rohstoffpreise habe aber erhebliche Auswirkungen auf viele Schwellenländer. Besonders die Lebensmittelpreise hätten sich im Rahmen des Angriffes auf die Ukraine erhöht, diese seien in vielen aufstrebenden Ländern der Haupttreiber der Inflation.
2. Zentralbanken der Emerging Markets müssen Glaubwürdigkeit beweisen
„Viele Inflationsursachen erscheinen vorübergehend, trotzdem steigen die Inflationserwartungen und das Ausgabeverhalten ändert sich, sobald die Inflation auf andere Bereiche übergreift“, erläutert Becker. Dies könne in den Schwellenländern schneller geschehen als in Industrienationen, da die meisten Schwellenländer in der Vergangenheit keine niedrige Inflation aufgewiesen hätten.
3. Höhere Zinssätze können die Schwellenländer schützen
In Zeiten steigender US-Zinsen würden die Schwellenländer häufig unter Kapitalabflüssen leiden, da höhere US-Zinsen im Allgemeinen eine geringere Zinsdifferenz bedeuten würden. „Das verringert die Entschädigung der Anleger für das Risiko eines Investments in Schwellenländer“, so Becker. Daher müssten die EM-Zentralbanken bei der Anhebung der Zinssätze in Erwartung der Maßnahmen der Fed der Zeit voraus sein.
4. EM-Zentralbanken sind Inflationszyklen gewöhnt
Die Erfahrung mit vorangegangen Inflationszyklen eröffne den Schwellenländern Möglichkeiten: „Die Tatsache, dass die meisten Zentralbanken der Schwellenländer während der Pandemie keine quantitative Lockerung durchgeführt haben, zeigt, dass sie im Gegensatz zu den Industrieländern die Zinssätze umfassender zur Bewältigung von Inflationsproblemen einsetzen können“, meint Becker. Becker ist der Überzeugung, dass die meisten EM-Länder weiterhin in einer guten Position sind, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen. „Die Fundamentaldaten sind überwiegend solide“, erläutert Becker. „Schwellenländeranleihen in lokaler Währung sind attraktiv und weisen hohe reale Renditeunterschiede auf.“
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