Günter Fett: Gefühltes und tatsächliches Risiko

Günter Fett: Gefühltes und tatsächliches Risiko
Kolumne

Investoren schätzen das Risiko von Aktien und Anleihen häufig falsch ein, meint Günter Fett, erfolgreicher Dachfondsmanager, und zeigt, wie es besser geht.

30.06.2021 | 07:12 Uhr

Die Frage, die mir Kunden am häufigsten stellen, lautet. „Wie hoch ist mein Risiko, mein investiertes Geld zu verlieren?“. Meine Antwort: Erfahrungsgemäß haben Verluste aus Aktienanlagen ihren Ursprung in zwei Emotionen, nämlich Gier und Angst. Viele Anleger investieren in spektakulär aufsteigende Kursverläufen bei Aktien, um „dabei“ zu sein. Die meisten Verkäufe von Aktien hingegen tätigen sie, wenn die Kurse sehr stark gefallen sind und sie die Angst packt.

Sich von Emotionen leiten zu lassen, ist der falsche Weg bei der Geldanlage. Vor dem Kauf einer Aktie oder eines Fonds sollte immer die nüchterne Analyse stehen. Wie das geht und was Sie dabei beachten sollten, erfahren Sie in Teil 1 meiner Kolumne.

Realistische Einschätzung

Am weltweiten Aktienmarkt wird es immer wieder heftige Bewegungen nach unten und oben geben. Der Herdentrieb ist dann unaufhaltsam. Wichtig ist dann, ruhig zu bleiben und die Übertreibungsphasen gründlich zu analysieren. Je besser die Qualität der einzelnen Unternehmen, je robuster die Geschäftsmodelle sind, desto weniger Hektik und Emotion ist notwendig.

Reduzierung des Anlagerisikos

Ein weiterer wichtigen Aspekt für die Reduzierung des Anlagerisikos: Ein Fonds ist in viele Unternehmen investiert. Er bedient sich des Know-hows von hochqualifizierten Fondsmanagern, die ihre Regionen und Branchen bestens kennen. Wie gut sie ihre Märkte kennen, können Sie an der langfristigen Entwicklung dieser Fonds und ihrer Größe ablesen. Mit einer Investition in einen Dachfonds, der wiederum in verschiedene Zielfonds investiert, verteilen Sie Ihre Risiken maximal breit, da Sie in mehrere hundert oder tausend Unternehmen gleichzeitig investiert sind. Wenn Sie sich einen Überblick über Dachfonds verschaffen möchten, schauen Sie hier nach.

Äußert der Anleger gegenüber seinem Berater: „Ich möchte so wenig Risiko wie möglich.“, bekommt er regelmäßig Fonds empfohlen, die nicht zu hundert Prozent in Aktien investieren. Das sind dann häufig Anleihen-Fonds oder Mischfonds. Dabei gilt es Folgendes zu bedenken. Eine Anleihe hat zwar ein relativ niedriges Preisveränderungsrisiko, dafür aber ein schwer einschätzbares Totalverlustrisiko. Dies gilt besonders bei langen Laufzeiten. Es ist fraglich, ob die Risiken von Anleihen in einer vernünftigen Relation mit den erzielbaren Erträgen stehen

Was bedeuten Risiko und Volatilität heute?

Früher galt: Hohe Volatilität gleich hohes Risiko, niedrige Volatilität gleich niedriges Risiko. Oder anders gesagt: je mehr Anleihen, desto niedriger die Volatilität und das Risiko. Aus meiner Sicht eine sehr oberflächliche und veraltete Sichtweise. Denn spätestens seit der Griechenland-Krise oder der Finanzkrise sowie angesichts ausufernder Staatsverschuldungen wissen wir, dass Anleihen nicht risikofrei sind.

In den vergangenen dreißig Jahren haben Anleihen erheblich an Attraktivität verloren, weil der Ertrag gesunken ist und das Risiko weiter gestiegen ist.

Wenn man aktuell in Anleihen investiert ist, sollte man sich über drei Dinge bewusst sein:

1. Ein Zinsertrag, der auch nur geringfügig über der Inflationsrate liegt, ist nur noch mit einem höheren Ausfallrisiko zu bekommen. Denn bonitätsmäßig gute Schuldner zahlen schon lange keine Zinsen mehr.

2. Insbesondere Staatsanleihen werden nur noch mit dem Geld aus der Ausgabe von neuen Anleihen zurückgezahlt. Wie lange funktioniert das noch?

3. Was passiert, wenn die Anleihezinsen mal um zwei bis drei Prozent steigen sollten? Die Folge wäre Kursverluste, die ruckzuck die mageren Zinserträge der letzten Jahre zunichte machen können und zu Vermögensverlusten führen.

Risiko von Anleihen ist deutlich gestiegen

Jeder Investor, der sich mit Mischfonds, die eine geringe Volatilität aufweisen, sicherer fühlt, sollte sich unbedingt die Frage stellen, ob die Risiken von Anleihen noch in einer vernünftigen Relation stehen mit dem damit erzielbaren Ertrag. Ich meine, dass dies schon seit Jahren nicht mehr der Fall ist.

Die Angst vieler Anleger vor Aktien ist unbegründet. Wenn Sie auf eine ausreichende Streuung achten – branchenübergreifend und weltweit – und sich langfristig orientieren, werden Sie ertragreich sein.

In Teil 3 meiner Kolumnen erfahren Sie, warum ETF´s nicht automatisch die günstige Alternative zu Investmentfonds sind.

Günter Fett beschäftigt sich seit über 40 Jahren beruflich mit der Geldanlage. Nach Banklehre und betriebswirtschaftlichem Studium war er 20 Jahre bei verschiedenen Banken wie HSBC tätig. Bei Merck Finck & Co leitete er die Firmenkundenabteilung im Stammhaus München. Seit 1997 ist er selbständig und berät vermögende Privatkunden und Unternehmer. 2008 legte er den offenen Fonds GF Global Select HI (A0NEKE) auf. Für seine Performance in den Kategorien fünf, drei und ein Jahr wurde der Fonds mit dem Euro Fund Award 2021 ausgezeichnet

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