Nicholas Yeo, Director & Head of Chinese Equities bei abrdn, kommentiert die wirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Covid-Politik der chinesischen Führung und deren Auswirkung auf China-Investments:
11.01.2023 | 09:54 Uhr
"In einer scharfen und überraschenden Kehrtwende hat China vor kurzem Maßnahmen ergriffen, um einige der strengsten Null-Covid-Regeln des Landes zurückzunehmen. Dazu gehört die Abschaffung der Notwendigkeit negativer Tests für Reisen innerhalb des Landes, die Erlaubnis für Einreisende, die Quarantäne zu umgehen, und die Herabstufung der Covid-Krankheitsklassifizierung.
Diese Maßnahmen spiegeln die Besorgnis der Regierung über den Zustand der Wirtschaft als Folge der Null-Covid-Strategie wider. Trotz des Rückzugs bleiben jedoch einige Einschränkungen bestehen. Reisende müssen sich vor der Einreise nach China einem PCR-Test unterziehen. Noch wichtiger ist, dass die Maskenpflicht weiterhin besteht. Unserer Meinung nach wird die Wiedereröffnung wie in anderen asiatischen Ländern holprig verlaufen und die Infektionen in verschiedenen Phasen ihren Höhepunkt erreichen, zunächst in den Städten, dann in den ländlichen Gebieten. Die jüngste Zahl der Todesfälle bestätigt, dass die kommenden Monate wahrscheinlich schwierig werden. Nichtsdestotrotz ist die Richtung, in die die Reise geht, die einer kontinuierlichen Wiedereröffnung und der wirtschaftlichen Erholung.
Generell bleiben wir bei unserem zuversichtlichen Ausblick für das Jahr 2023. Abgesehen von den jüngsten Covid-Maßnahmen haben die Konjunkturmaßnahmen seit Beginn der zweiten Jahreshälfte 2022 das System durchdrungen. Außerdem gehen wir davon aus, dass die makroökonomische Politik weitgehend expansiv bleiben wird. China hat mehr Spielraum zur Unterstützung des Wachstums als viele westliche Länder, da der Inflationsdruck relativ niedrig und begrenzt ist. In der Zwischenzeit unterstützen die Behörden weiterhin den angeschlagenen Immobiliensektor, einschließlich einer Reihe von Liquiditätsmaßnahmen, die in den letzten Monaten angekündigt wurden. Dies zeigt, dass sich die Zentralregierung des wirtschaftlichen Gegenwinds bewusst ist, dem China ausgesetzt ist, und dass sie bereit ist, einzugreifen und den Wachstumskurs zu schützen.
Wie sind die Aussichten für Investoren?
Die Rahmenbedingungen für Chinas Aktienmärkte waren zuletzt sehr schwierig. Trotzdem haben viele Unternehmen bisher starke Fundamentaldaten gezeigt. Das durchschnittliche Gewinnwachstum liegt bei etwa 20 %. Auch die Bewertungen sind aufgrund der schwachen Anlegerstimmung nach wie vor zurückhaltend. Wir sind der Meinung, dass eine Kombination aus günstigen Erträgen und einer unterstützenden Politik dazu beitragen sollte, die Begeisterung der internationalen Anleger für China im Jahr 2023 zu steigern.
Es ist auch erwähnenswert, dass der voraussichtliche nächste Premierminister, Li Qiang, weithin als unternehmensfreundlich angesehen wird. Seine Ernennung könnte in den kommenden Monaten für positive Überraschungen sorgen. Der Konsumsektor hat seit Null-Covid den größten Gegenwind erfahren und wir sehen hier ein erhebliches Erholungspotenzial. Insgesamt glauben wir, dass es nicht vieler Katalysatoren bedarf, um eine Erholung des chinesischen Aktienmarktes anzustoßen.
Generell sehen wir eine gute Zukunft für Unternehmen, die in der Lage sind, sich an die sich ändernden regulatorischen Rahmenbedingungen anzupassen und die politischen Ziele der Regierung zu erfüllen. Dazu gehören Bereiche wie digitale Innovation, grüne Technologie, Zugang zu erschwinglicher Gesundheitsversorgung und verbesserte Lebensbedingungen. Wir sind davon überzeugt, dass der Privatsektor weiterhin entscheidend dazu beiträgt, dass die chinesische Wirtschaft innovativ bleibt und floriert und dass China sein Ziel erreicht, bis 2035 eine Nation mit moderatem Wohlstand zu werden.
Zu diesem Zweck sehen wir ein starkes langfristiges Potenzial in unseren fünf bevorzugten Themen: Anpruch, Digitalisierung, Umwelt, Gesundheit und Wohlstand. Allerdings ist der langfristige Wachstumspfad mit einigen Widerständen konfrontiert, darunter die Diversifizierung der Lieferketten weg von China und der eingeschränkte Zugang zu fortschrittlichen US-Technologien. Unserer Ansicht nach kann hier unser Bottom-up-Ansatz bei der Aktienauswahl, der auf umfassendem Research und Expertise vor Ort basiert, einen Vorteil bei der Suche nach den richtigen Qualitätsunternehmen für Investitionen bieten."
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