Die Europäische Kommission will Nachhaltigkeitsvorschriften vereinfachen, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu verbessern. Wie sie dabei vorankommt, untersucht Ophélie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM:
26.03.2025 | 08:54 Uhr
Das Omnibus-Vereinfachungspaket der EU-Kommission betrifft die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht für die Nachhaltigkeit von Unternehmen (CSDDD) sowie die Taxonomie.
Regulierung im zeitlichen Ablauf
CSRD und CSDDD sind also kaum in Kraft getreten, da werden sie bereits
überarbeitet. Unternehmen sehen sich im Wettbewerb gegenüber Konkurrenten aus
China und den USA benachteiligt. Eindeutige Belege dafür fehlen zwar, aber da
zudem mehrere große europäische Volkswirtschaften stagnieren, wurde die
politische Entscheidung so getroffen.
Der CSRD waren vier Jahre Diskussionen vorausgegangen, an denen auch die Unternehmen teilnahmen. Viele Firmen haben bereits begonnen, die Richtlinie einzuhalten; in einigen Mitgliedstaaten (z.B. Belgien) wurde sie in nationales Recht umgesetzt. Die Einhaltung ist jedoch kostspielig, und die externe Überprüfung bedeutet eine zusätzliche Belastung.
Inhaltlich abgespeckt
Einig ist man sich darüber, dass die Anzahl der Punkte oder Themen, über
die Unternehmen zu berichten haben, reduziert werden soll. Dies gilt jedoch
nicht für die Anzahl der Unternehmen, für welche die Verordnung gelten soll.
Der jetzige Vorschlag der Kommission ändert jedoch hauptsächlich den
Geltungsbereich, nicht den Inhalt. Fast 80 % der ursprünglich von der
Richtlinie betroffenen Unternehmen sind nun von der Berichtspflicht befreit.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollten mit eingeschränkten Anforderungen
im Geltungsbereich bleiben; jetzt sind sie ausgeschlossen. Um die Anforderungen
an KMU zu reduzieren, hätte man besser die CSDDD verschoben, die sich über die
Lieferketten stärker auf KMU auswirkt als die CSRD. Eine Beschränkung auf
direkte Lieferanten würde den Umfang für KMU begrenzen.
KMU spielen eine entscheidende Rolle für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Ziel ist es, Investoren die erforderlichen Informationen bereitzustellen. Einige Daten, die KMU freiwillig berichten, könnten obligatorisch sein, um den Kapitalfluss in KMU sicherzustellen.
Die nächsten Schritte
Die Vereinfachungsinitiative ist zu begrüßen. Sie sollte jedoch nicht die
ursprünglichen Ziele herabsetzen. Sowohl Investoren als auch Unternehmen sind
durch die Welle von Vorschriften mit unterschiedlichen Fristen und fragwürdiger
Interoperabilität verunsichert und wünschen sich mehr Stabilität. Angesichts
der Konsultation des Europäischen Parlaments und des Rates könnte es jedoch bis
zu 12 oder 15 Monate dauern, bis Klarheit herrscht. Die Diskussion über CSRD
und CSDDD dürfte dabei nicht leichter werden als in der Vergangenheit.
Implikationen für Investoren
Die Verordnungen, die vereinfacht werden sollen, sind mit wichtigen
Regelwerken wir SFDR und MIFID verknüpft. Die SFDR wird derzeit gründlich
überprüft; noch in diesem Jahr soll es neue Produktkategorien geben. Aber wie
sind neue Kategorien wie „Transition“ zu berücksichtigen, wenn Unternehmen
nicht jährlich über ihre Übergangspfade berichten? Notwendig sind mehr
objektive und quantitative Rohdaten direkt von den Unternehmen, da ESG-Ratings
allein nicht genügend Informationen für Investoren bieten, um Übergangspfade zu
validieren.
Wie können Investoren angesichts der Vereinfachung der CSDDD auf nurmehr direkte Geschäftspartner in der Lieferkette und einer Berichterstattung erst ab Juli 2028 ihrer treuhänderischen Pflicht und der Einhaltung der SFDR- und Taxonomie-Vorschriften nachkommen?
Strategische Vision statt bürokratischer Last
Die alleinige Konzentration auf ESG-Compliance und -Berichterstattung birgt
die Gefahr, dass die strategische ESG-Analyse vernachlässigt wird. Die doppelte
Wesentlichkeit ist für das Verständnis langfristiger Risiken und Chancen von
entscheidender Bedeutung. Verzichtet man darauf, würde sich der Fokus
ausschließlich auf die finanzielle Wesentlichkeit verlagern. Ökologische und
soziale Auswirkungen würden ignoriert.
ESG sollte daher als Strategie und nicht als Berichtspflicht betrachtet werden. Europa braucht Vorschriften, die die Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit stärken und den Übergang finanzieren. Diese Vorschriften müssen die Transparenz verbessern und einen strategischen Fokus haben. Sie müssen außerdem mit dem International Sustainability Standards Board abgestimmt werden, um komplexe und kostspielige Anforderungen zu vermeiden. Die Finanz- und Unternehmenswelt muss gemeinsam auf eine intelligente Vereinfachung hinarbeiten, zu den ursprünglichen Zielen dieser Vorschriften zurückkehren und gleichzeitig das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der EU fördern.
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