DPAM: Lohnen sich inflationsindexierte Anleihen noch?

André Figueira de Sousa (li.), Lowie Debou (re.)
Kommentar

Zwar ist die Normalisierung der Inflationszahlen auf einem guten Weg, jedoch gehen André Figueira de Sousa und Lowie Debou davon aus, dass strukturelle Faktoren dazu führen werden, dass die Inflationszahlen auf absehbare Zeit über dem Vor-COVID-Niveau liegen.

13.08.2024 | 09:05 Uhr

Sie halten deshalb eine Beimischung von inflationsindexierten Anleihen für interessant.

Grundsätzlich sehen sie drei mögliche Szenarien für die künftige Inflationsentwicklung:

  • Strukturelle Deflation (Vor-COVID-Szenario): geringe Wahrscheinlichkeit
  • Zyklische Inflation, die strukturell über dem Vor-COVID-Niveau liegt: unser Basisszenario
  • Strukturell überhöhte Inflation, die den Leitzins der Zentralbanken in einem restriktiven Bereich hält: geringe Wahrscheinlichkeit

Für das Basisszenario sprechen drei Schlüsselfaktoren, die darauf hindeuten, dass die Inflation noch einige Zeit über dem Vor-COVID-Niveau liegen könnte:

Deglobalisierung: Die Industrieländer, insbesondere die USA, drängen auf die Verlagerung von Produktion und Dienstleistungen ins Inland, um künftige Risiken zu verringern und die wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen Ländern zu reduzieren. Diese Verlagerung bedeutet, dass die Länder die gesamte Produktion von Waren und Dienstleistungen selbst übernehmen müssen. Sie werden die höheren Kosten dieser Unabhängigkeit tragen müssen, da sie ihre Lieferketten beispielsweise von Russland (billige Energie) und China (erschwingliche Waren) abkoppeln.

Zunehmende geopolitische Risiken: Sie wirken sich vor allem auf die Rohstoffpreise, einschließlich Öl, aus. Angesichts der anhaltenden oder potenziell zunehmenden geopolitischen Risiken dürften inflationsindexierte Anleihen ihren Wert als Schutz gegen die daraus resultierende Volatilität der Rohstoffpreise behalten.

Der Klimawandel: Das ist ein Schlüsselthema für viele Länder, die sich dazu verpflichtet haben, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Abgesehen von der Energiedebatte und der Abkehr von der Abhängigkeit von billigem russischem Gas sind wir zudem mit den Auswirkungen des Klimawandels und strengen umweltpolitischen Maßnahmen konfrontiert. Extreme Wetterereignisse stören auch die landwirtschaftliche Produktion und die Lieferketten. Allein 2023 verursachte das Kosten in Höhe von 250 Milliarden US-Dollar (Munich Re, 2024). Diese Umweltkatastrophen werden weiter zu schwankenden Lebensmittel- und Energiepreisen führen. Darüber hinaus wird die Umstellung auf umweltfreundlichere Energiequellen in der Schwerindustrie voraussichtlich einen Rückgang der Produktivität und einen Anstieg der Produktpreise zur Folge haben.

Auch wenn viele der deflationären Triebkräfte aus dem vergangenen Jahrzehnt wie demografische Effekte oder eine schwache Produktivität weiter Bestand haben, so werden doch alle oben genannten Faktoren dazu beitragen, dass wir nicht zu den strukturell niedrigen Inflationsraten aus der Zeit vor COVID zurückkehren können. Alles zusammengenommen ergibt sich aus unserem Basisszenario eine strukturell höhere und stärker zyklische, aber gut eingedämmte Inflation.

Fazit: Der Markt preist mittel- und langfristig positive Inflationserwartungen ein. Eine Normalisierung der tatsächlichen Inflationszahlen gegen Ende 2024 könnte diese Inflationserwartungen weiter verringern. Jedoch gehen wir davon aus, dass die Deglobalisierung, geopolitische Risiken und die Auswirkungen der klimabedingten Anpassungen die Inflation auf absehbare Zeit strukturell über dem Vor-COVID-Niveau halten werden. Sobald der Markt niedrigere Inflationserwartungen einpreist, würden wir dies als günstigen Einstiegszeitpunkt sehen, um inflationsgebundene Anleihen hinzufügen. Damit lassen sich Portfolios gegen unsere mittelfristigen Inflationserwartungen, die jetzt strukturell höher sind als vor COVID, absichern.


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