Die Kehrtwende der amerikanischen Zentralbank US Federal Reserve (Fed) nach den schwächeren US-Zahlen hat die Anlegerstimmung erheblich verändert: Statt Zinserhöhungen erwarten die Märkte eine Pause oder gar einen Zinsrückgang von rund 50 Basispunkten bis Ende 2020.
28.05.2019 | 12:18 Uhr
Für US-Staatsanleihen prognostiziert Peter
Becker, Fixed Income Investment Director bei Capital Group, größere
Schwankungen. Wichtig sei es derzeit vor allem, Anleihenportfolios auf den
Spätzyklus vorzubereiten.
Becker gehe davon aus, dass sich die USA in
der Spätphase des Zyklus befinden. „Dafür spricht sowohl der enge Arbeitsmarkt
und die steigenden Löhne als auch das geringere Gewinnmargenwachstum“, so
Becker. „Ob die expansivere Geldpolitik der Fed ausreichen wird, um den
Aufschwung in den USA zu verlängern, ist schwer abzuschätzen.“ Ebenfalls
wichtig sei die US-Zinsstrukturkurve, da deren inverse Struktur ein Vorbote für
eine Rezession sein könnte – zuletzt waren die Dreimonatsrenditen höher als die
Zehnjahresrenditen. Becker halte die Kurve in dieser Hinsicht aber mittlerweile
für weniger aussagekräftig. Der Grund: Das bislang einzigartige Quantitative
Easing habe für niedrige Langfristzinsen gesorgt.
Anleihenportfolios könne man Becker zufolge
durch die Vorbereitung auf eine steilere Zinsstrukturkurve oder eine
überdurchschnittlich hohe Duration vielversprechend, defensiv positionieren.
Auch wenn die Staatsanleihen derzeit noch recht stabil seien, solle man mit
größeren Schwankungen rechnen. Durch die Volatilität werde auch die
Zinsstrukturkurve wieder steiler. Denn wenn Investoren ihr Kapital trotzdem
länger zu Verfügung stellen sollen, würden sie meist eine Zusatzrendite
fordern. So steigen die Langfristprämien in unsicheren Zeiten oft stärker als
die Kurzfristzinsen. „Einen gewissen Schutz in risikoaversen Zeiten kann auch
eine Übergewichtung von Papieren mit kurzer und mittlerer Laufzeit bieten“,
sagt Becker. „Dies war beispielsweise im vierten Quartal 2018 der Fall.“
Bereits seit langem sind die Renditen in den USA höher als in Kerneuropa und
Japan. Das ist nach Ansicht des Experten vor allem auf die unterschiedlichen
Geldpolitiken und das stärkere Wachstum in den USA zurückzuführen. „Zukünftig
ist jedoch eine Annäherung der Renditen wahrscheinlich, da die Fed die Zinsen
senken könnte, um das Wachstum anzukurbeln“, so Becker. Außerdem habe sich das
Wachstum in den USA bereits verringert, wohingegen sich in Europa Anzeichen für
eine Stabilisierung zeigten.
Die Fundamentaldaten im US-High-Yield-Markt seien nach der recht positiven Berichtssaison gut, auch wenn die Verschuldung hoch bleibe. Dennoch bleiben die Ausfallquoten niedrig – und diese sollten nach Expertenmeinung auch in nächster Zeit nicht nennenswert steigen. Zudem bleibe die Zinsabdeckung hoch und sorge kurzfristig für ein günstiges Umfeld. „Mittelfristig erwarte ich keine nennenswerten Spread-Verengungen“, meint Becker. „Diese könnten sich sogar ausweiten, wenn das US-Wachstum im zweiten Halbjahr 2019 nachlässt. Außerdem könnte die Volatilität steigen.“
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