Die Wachstumsprognosen des IWF für die kommenden Monate sehen weiterhin gut aus. Sorge bereitet dagegen die Entwicklung des Ölpreises. Anleger sollten sich dennoch nicht zurück ziehen.
30.05.2018 | 15:05 Uhr
Ende April bestätigte der IWF seine Wachstumsprognosen für die nächsten zwei Jahre. So geht er weiterhin von einer weltweiten Wachstumsrate von knapp 4% mit einer leichten Abschwächung in den Industrieländern und einer Belebung in den Schwellenländern in 2019 aus. Zwar ist das Szenario eines weltweit synchronen Wachstums über Potenzial weiterhin denkbar. Die sich zuletzt optimistisch zeigenden Anleger müssen sich jedoch auf eine gewisse Volatilität einstellen, selbst wenn die Abschwächung nach einem sehr dynamischen Schlussquartal 2017 anfänglich eher technisch, denn strukturell bedingt sein wird. Auf mikroökonomischer Ebene haben die Unternehmensergebnisse erneut positiv überrascht, insbesondere in den USA. Dort verzeichneten alle Sektoren ein über den Erwartungen liegendes Gewinnwachstum (+23,5%) sowie kräftige Umsatzzuwächse (+9%).
Zusätzlich zu den geopolitischen Störfeuern (Handelskrieg zwischen den USA und China und Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran) zeigen sich die Anleger abwartend und stellen alle Risikoprämien auf den Prüfstand. Wie schon im Januar stiegen die Langfristzinsen innerhalb eines Monats um fast 20 Basispunkte. In den USA handelt der breit gefasste S&P-Index zum 16,5-fachen der auf 12-Monats-Sicht erwarteten Gewinne. Die Prognosen sind seit Veröffentlichung der letzten Quartalsergebnisse um fast 5% nach oben korrigiert worden. Der Anstieg um 20 Basispunkte entspricht fast einem Rückgang des KGVs um 5%. Dies ist nicht weiter beunruhigend, solange sich der Zinsanstieg im Rahmen hält.
Im April haben wir unser Engagement nicht wesentlich reduziert. Unserer Einschätzung nach hat der Markt die steigenden Ölpreise nicht hinreichend eingepreist. Sicherlich ist der Anstieg der Ölpreise gleichermaßen nachfrage- wie angebotsgetrieben. Ein nachfragegetriebener Preisanstieg ist jedoch eher neutral zu sehen, da er dem Einkommenswachstum folgt. Was uns vielmehr beunruhigt, ist das Tempo des Anstiegs und dessen mögliche Auswirkungen auf Inflation und Konsum. Dies umso mehr, als die amerikanischen Haushalte bereits kräftig in die Spardose gegriffen haben. So liegt die Sparquote heute bei 2,4%, 2016 waren es fast 6%. Auch wenn die Inflation noch hinter den Erwartungen zurückbleibt, mehren sich die Signale für eine wieder anziehende Teuerungsrate. Dieser Trend könnte sich angesichts eines durch geopolitische Spannungen steigenden Ölpreises noch verstärken.
In diesem Umfeld und nach einer von uns bereits erwarteten Marktrally („don‘t give up“) gilt es nun investiert zu bleiben, aber das Engagement leicht zurückzufahren. Mit Blick auf die Bewertung geben wir im Aktienbereich Europa und Japan den Vorzug. Unsere Position im Anleihesegment ist unverändert. Angesichts der Asymmetrie der Risiken halten wir weiterhin eine aktive Duration bei Null oder gar im negativen Bereich für angezeigt. Sollten sich die US-Zinsen dauerhaft bei über 3% einpendeln und sich die jüngste weltweite Konjunkturabschwächung als Vorbote eines Trendwechsels erweisen, werden wir unsere Positionierung überdenken. An diesem Punkt sind wir jedoch noch nicht.
Unsere Einschätzungen der nächsten 6 Monate
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