Die Märkte werden 2025 mit erheblichen Störfaktoren konfrontiert sein. Was bei Anleihen, Aktien und alternativen Anlagen bevorstehen könnte.
20.12.2024 | 12:05 Uhr
Anleger stehen an der Schwelle zum Jahr 2025 vor einer Reihe von
Herausforderungen. Die Entwicklung von Inflation, Zinsen und Konunktur
hängt in einem Moment akuter geopolitischer Unsicherheit in der Schwebe.
Kritische Wendepunkte für Wirtschaft und Politik können jedoch auch
außergewöhnliche Chancen für aktive Anleger schaffen.
Derzeit befinden sich die globalen Märkte in einer schwierigen Phase.
Alle Augen sind auf die kommende Trump-Regierung gerichtet, die
wahrscheinlich eine Reihe transformativen Maßnahmen angehen wird, die
makro- und mikroökonomische Auswirkungen auf Sektoren, Branchen,
Unternehmen und Länder haben könnten. Veränderungen brauchen Zeit, und
Wahlversprechen lassen sich nicht immer nahtlos in Politik umsetzen.
Dennoch sollten Anleger sich frühzeitig vorzubereiten.
Nachdem es den meisten Zentralbanken der Industrieländer gelungen
ist, die Inflation zu senken und gleichzeitig eine harte Landung zu
vermeiden, verfolgen sie nun eine lockere Geldpolitik.
Die europäischen Volkswirtschaften, die nach der Pandemie weiterhin
Schwierigkeiten haben, nennenswertes Wachstum zu erzielen, sind am
anfälligsten für externe Schocks. Bestehende Herausforderungen – sowohl
struktureller als auch geopolitischer Natur – könnten durch neue
Unsicherheiten, wie z. B. die vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland und
die Politik der neuen Regierung in den USA, noch verschärft werden. Wir
glauben, dass diese Herausforderungen zu größeren Zinssenkungen – und
weiteren Renditerückgängen – führen könnten, als der Markt aktuell
erwartet.
In den USA könnte die Politik des designierten Präsidenten Trump unserer
Meinung nach zu einem höheren nominalen Wachstum und einer höheren
Inflation führen, und die US-Notenbank könnte weniger Zinssenkungen
vornehmen als bisher erwartet. Tatsächlich sind die Renditen von
US-Anleihen in den Wochen vor der US-Wahl stark gestiegen. Solange wir
keine Klarheit über die Zölle, Steuern und andere Maßnahmen der neuen
Regierung haben, werden Spekulationen und Zinsschwankungen in naher
Zukunft wahrscheinlich anhalten.
Wir sehen den Anstieg der Volatilität und die Umkehrung der Renditen
jedoch nicht als Rückschlag für Anleger, sondern als Chance. Die
Renditen befinden sich aktuell in der Nähe zyklischer Höchststände. In
der Vergangenheit sind die Renditen gesunken, wenn die Zentralbanken
ihre Geldpolitik lockern. Daher dürften Anleihen unserer Meinung nach
von einem Kursanstieg profitieren, da die Renditen in den kommenden zwei
bis drei Jahren sinken werden.
Die Nachfrage nach Anleihen könnte außergewöhnlich hoch sein, wenn man
bedenkt, wie viel Geld noch auf der Suche nach einem Einstiegspunkt ist.
Und da die Fed die Zinsen seit September gesenkt hat, ist die Rendite
von Bargeld gesunken, wodurch der Renditevorteil von Bargeld gegenüber
Anleihen praktisch beseitigt wurde. Unserer Meinung nach sollten Anleger
in diesem Umfeld eine Verlängerung der Duration in Betracht ziehen.
Anleger können auch von weltweit steiler werdenden Zinskurven
profitieren, indem sie eine durchdachte Positionierung entlang der
Zinskurve vornehmen. Die Zinskurven sind zwar bereits steiler geworden,
aber wir sehen noch Spielraum für eine weitere Versteilung, weil die
Zentralbanken ihre lockere Geldpolitik fortsetzen dürften, während die
Renditen längerer Laufzeiten aufgrund der Besorgnis über die
Staatsverschuldung weiterhin erhöht bleiben.
In den USA beispielsweise erwarten wir, dass die Steigung zwischen fünf-
und 30-jährigen Anleihen am stärksten zunehmen wird. In der
Vergangenheit wurde dieser Teil der Kurve bei einer Lockerung der
Geldpolitik durch die Fed deutlich steiler, was zum Teil auf ein
rezessionsbedingtes Umfeld zurückzuführen war. Dieses Mal ist diese
Steigung zwar steiler geworden, liegt aber immer noch unter dem
historischen Durchschnitt (siehe Abbildung). Wir gehen davon
aus, dass sie sich weiter versteilern wird, auch wenn wir die früheren
Niveaus nicht erreichen werden. In Europa könnte die Steigung zwischen
zweijährigen und zehnjährigen Anleihen am stärksten werden.
Natürlich machen Staatsanleihen aus Industrieländern nur einen Teil
des globalen Anleihenmarktes aus. Tatsächlich sind wir der Meinung, dass
sowohl Staatsanleihen als auch Unternehmensanleihen in den heutigen
Portfolios eine Rolle spielen sollten.
Obwohl die Spreads historisch niedrig sind, sind die Fundamentaldaten
für Unternehmensanleihen nach wie vor solide, und wir bleiben vorsichtig
optimistisch. Diese Bedingungen erfordern ein aktives Management und
eine sorgfältige Wertpapierauswahl.
Politische Veränderungen in den werden nicht alle Branchen und
Unternehmen gleichermaßen belasten. So dürften beispielsweise in den USA
der Energiesektor und der Finanzsektor mit weniger Regulierung
konfrontiert sein. Umgekehrt könnten importabhängige Branchen wie der
Einzelhandel vor Herausforderungen stehen. Insgesamt gehen wir davon
aus, dass Emittenten mit Investment-Grade-Rating und den stärksten
Finanzdaten relativ widerstandsfähig gegenüber dem Druck durch Zölle
sein werden.
Auch Emittenten von Hochzinsanleihen verfügen im Allgemeinen über solide
Fundamentaldaten und erfreuen sich einer starken Nachfrage. Allerdings
machen Wertpapiere mit CCC-Rating den Großteil der Ausfälle aus; es ist
sinnvoll, sich von diesen Anleihen fernzuhalten, wenn die Konjunktur
schwieriger wird.
Wie bei Anleihen erwarten wir, dass die Volatilität an den
Aktienmärkten anhält, bis mehr Klarheit über die Einzelheiten der
Politik der Trump-Regierung herrscht. Zwei klare Grundsätze können
Aktienanlegern jedoch bereits jetzt helfen, sich auf Veränderungen
vorzubereiten.
Erstens: Da der neue Politikmix der USA im Laufe der Zeit wahrscheinlich
zu einer höheren Inflation führen wird, sind Aktien unserer Meinung
nach wie vor unerlässlich, um Erträge über dem Zinsniveau zu erzielen.
Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Aktien seit über einem
Jahrhundert in unterschiedlichen Inflationsumgebungen solide reale
Erträge erzielt haben.
Zweitens glauben wir, dass Aktienanleger am besten mit politischen
Veränderungen umgehen können, wenn sie sich auf die Fundamentaldaten der
Unternehmen und Qualitätsunternehmen konzentrieren.
Fundamentalanalysen, die darauf abzielen, das Risiko von Unternehmen
gegenüber potenziellen Makro-Veränderungen zu ermitteln, können dabei
helfen, gefährdete Unternehmen von solchen zu unterscheiden, die
wahrscheinlich von neuen politischen Dynamiken profitieren werden.
Es wird allgemein erwartet, dass US-Aktien von der Politik der
Trump-Regierung profitieren werden. Niedrigere Steuern und Zölle für
ausländische Konkurrenten dürften die Vorteile von US-Unternehmen noch
verstärken.
Aber die Unterscheidung zwischen Gewinnern und Verlierern könnte
schwierig werden. So wird beispielsweise die wahrscheinliche
Beibehaltung niedriger Unternehmenssteuersätze und mögliche weitere
Steuersenkungen nicht alle Unternehmen in gleicher Weise betreffen. Wir
glauben, dass niedrige Steuersätze Unternehmen mit höherer Qualität
bessere Möglichkeiten bieten, ihre Wettbewerbsvorteile zu stärken, und
so das langfristige Gewinnwachstum und das Ertragspotenzial
unterstützen.
Darüber hinaus sind Wahlversprechen, Subventionen zu kürzen,
möglicherweise nur schwer umzusetzen. Einige Anreize für erneuerbare
Energien haben dazu beigetragen, Arbeitsplätze in republikanischen
Bundesstaaten zu schaffen. Daher könnten ausgewählte Unternehmen für
erneuerbare Energien, die als potenziell gefährdet gelten, zu Chancen
werden, wenn die Subventionen nicht gekürzt werden.
Handelskriege und Zölle könnten die Bandbreite der möglichen Ergebnisse
für Unternehmen und Anleger vergrößern. Wenn neue Zölle eingeführt
werden, könnten sie für amerikanische Unternehmen mit
Auslandsaktivitäten einen Anreiz darstellen, ihre Produktion in die USA
zurückzuverlagern. Die Auswirkungen werden jedoch nicht immer eindeutig
sein – US-amerikanische Hersteller, die auf im Ausland produzierte Teile
angewiesen sind, könnten mit neuen Kostenproblemen konfrontiert sein,
wenn keine sofortigen inländischen Lösungen verfügbar sind.
Die Bewertung ist immer ein wichtiger Gesichtspunkt, insbesondere in
unsicheren Zeiten. In manchen Fällen können Anleger Chancen erkennen,
wenn vorübergehende Kursschwankungen durch Unsicherheit über politische
Maßnahmen ausgelöst werden. Und viele der guten Nachrichten für die
US-Wirtschaft könnten bereits in die Aktienkurse eingeflossen sein; die
Outperformance von US-Aktien gegenüber Aktien im Rest der Welt hat ein
historisch hohes Niveau erreicht, was sich in den regionalen Bewertungen
widerspiegelt (siehe Abbildung). Wir sind der Meinung, dass
Anleger sicherstellen sollten, dass einzelne Bestände, Portfolios und
Allokationen ausreichend diversifiziert sind, um dem Risiko der
Aktienbewertung entgegenzuwirken.
Aktien außerhalb der USA werden mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen
haben. Strafzölle – das Markenzeichen von Trumps politischer Agenda –
sind vielleicht die mächtigste Kraft, die europäische und asiatische
Exporteure in die USA benachteiligen könnte.
Doch das Ausmaß der Zölle ist noch nicht bekannt. Und auch hier glauben
wir, dass sich Chancen für Unternehmen ergeben könnten, die zu Unrecht
als benachteiligt angesehen werden. Einige japanische und europäische
Unternehmen haben Fabriken in den USA, die tatsächlich von einigen der
Maßnahmen Trumps profitieren könnten. Nicht-US-Unternehmen mit
marktbeherrschender Stellung in Nischenmärkten könnten in der Lage sein,
den Druck durch Zölle zu überwinden. Und Qualitätsunternehmen, die
nicht auf Exporte in die USA angewiesen sind, sollten von der US-Politik
nicht aus der Bahn geworfen werden.
Schwellenländer gelten als besonders anfällig für ein sich veränderndes
Umfeld. Bestimmte Arten der kostengünstigen Fertigung – von Spielzeug
bis hin zu Bekleidung – werden jedoch wahrscheinlich nicht in die USA
zurückkehren. In den letzten fünf Jahren haben chinesische Unternehmen
unseren Analysen der Daten des Internationalen Währungsfonds zufolge
ihren Anteil an den weltweiten Exporten erhöht, und das trotz höherer
Zölle. Trotz höherer Hürden an den Aktienmärkten außerhalb der USA sind
wir der Meinung, dass das Potenzial zur Generierung von Alpha für
Anleger, die Aktien mit unterschätzter Widerstandsfähigkeit
identifizieren, gesteigert werden könnte.
Wir sind der Meinung, dass Aktienanleger zwischen den Entwicklungen in
Ländern und Regionen und den Entwicklungen in bestimmten Unternehmen
unterscheiden sollten. Das liegt daran, dass die Wertentwicklung von
Aktien letztlich vom Gewinnwachstum bestimmt wird. Unserer Ansicht nach
sollten Portfolios, die auf Unternehmen mit überdurchschnittlichem
Gewinnwachstumspotenzial abzielen, das aufgrund politischer Unsicherheit
möglicherweise falsch bewertet ist, Anlegern ein strategisches
Engagement in das reale Ertragspotenzial bieten, das auch in den
kommenden Jahren geschätzt werden wird.
Die Chancen für Private Credit dürften auch 2025 bestehen bleiben –
und sich möglicherweise sogar noch verbessern, wenn die US-Wirtschaft
nicht in eine Rezession abrutscht. Bisher stehen die Chancen für eine
sanfte Landung gut. Niedrigere Zinsen dürften den Druck auf die
kreditnehmenden Unternehmen verringern und die Übernahmeaktivitäten
ankurbeln, da Private-Equity-Sponsoren über reichlich Kapital verfügen,
das sie einsetzen können, und unter dem Druck stehen, bereits
investiertes Kapital für die Anleger zu Ertrag zu erzielen.
Das Ergebnis könnte ein höheres Neugeschäftsvolumen bei Direktkrediten
sein – ein Markt mit einem Volumen von 1,5 Billionen US-Dollar, der als
Eckpfeiler der meisten Private Credit-Allokationen dient. Selbst bei
niedrigeren Zinsen dürfte das Ertragspotenzial im Vergleich zu den
öffentlichen Anleihenmärkten attraktiv bleiben.
Allerdings sind nicht alle privaten Kredite gleich. Bei Krediten an
Kernunternehmen des Mittelstands – grob definiert als Unternehmen mit
einem Unternehmenswert zwischen 200 Millionen und 2 Milliarden US-Dollar
– haben private Kreditgeber in der Regel mehr Möglichkeiten, starke
Schutzklauseln auszuhandeln. Dazu gehören Obergrenzen für den
Verschuldungsgrad, den ein Kreditnehmer nutzen kann, oder ein
erforderliches Mindestmaß an Liquidität.
Die Vereinbarungen bieten den Kreditgebern auch einen Verhandlungshebel,
um die Darlehensbedingungen zu ihren Gunsten zu ändern, wenn ein
Kreditnehmer hinter den Erwartungen zurückbleibt. Dies kann das
Potenzial zur Abschwächung von Verlusten verbessern. Die attraktivsten
Chancen sehen wir in der Kreditvergabe an Unternehmen in nicht
zyklischen Sektoren mit vorhersehbaren und wiederholbaren
Ertragsströmen. Ein Beispiel: Unternehmen für Unternehmenssoftware, die
anspruchsvolle und maßgeschneiderte Softwarelösungen für große
Unternehmen und Organisationen anbieten.
Schutzklauseln sind bei Krediten an größere Unternehmen weniger
verbreitet, da diese aufgrund ihrer Größe mehr Kreditoptionen haben,
darunter die Möglichkeit, den breit syndizierten Markt für Bankkredite
zu nutzen. Wenn Kreditnehmer neben Private Credit auch eine
Bankfinanzierung in Betracht ziehen können, führt dies oft zu
günstigeren Konditionen für Kreditnehmer und weniger Schutz für
Kreditgeber.
Bei anderen Kreditformen setzen Banken jedoch zunehmend auf ein
„kapitalarmes“ Modell, da sie sich an die sich ändernden regulatorischen
Vorschriften anpassen. Auf diese Weise können sie die Kreditbeschaffung
und die Kundenbeziehungen aufrechterhalten und gleichzeitig einen
Großteil des Risikos auf Vermögensverwalter,
Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und andere Anleger
übertragen.
Das eröffnet Anlegern die Möglichkeit, von Banken besicherte Immobilien-
oder Konsumkredite zu erwerben oder Forward-Flow-Vereinbarungen
abzuschließen, um neue Kredite zu erwerben, die vorgegebene
Bonitätskriterien erfüllen. Das sind nur einige der Chancen, die sich im
Bereich der Asset-Based Finance bieten, einem 6,3 Billionen US-Dollar
schweren und wachsenden Markt, der einen Großteil der Finanzierung für
Autos, Kreditkarten, Kredite für kleine Unternehmen, gewerbliche
Ausrüstung und viele andere Kreditformen bereitstellt. Die Kredite sind
durch finanzielle oder Sachwerte besichert und können dazu beitragen,
das Risiko direkter Unternehmenskredite zu diversifizieren.
Verbraucherkredite bieten Anlegern in der Regel eine Vielzahl
attraktiver Chancen, und wir gehen davon aus, dass das auch weiterhin
der Fall sein wird. Der moderate Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und
-zinsen in diesem Jahr hat jedoch deutlich gemacht, dass Manager über
ausgeprägte Fähigkeiten bei der Kreditbeschaffung und -vergabe verfügen
müssen – und über die Fähigkeit, in Forward-Flow-Vereinbarungen einen
Schutz vor Verlusten einzubauen. Ein Manager könnte beispielsweise einen
Deal strukturieren, um über einen festgelegten Zeitraum eine bestimmte
Menge an nicht erstklassigen Autokrediten zu kaufen. Zum Schutz könnte
der Deal den Emittenten dazu verpflichten, auf einen Teil seiner
Servicegebühr zu verzichten, wenn die Kredite keine vorgegebene Rendite
erzielen.
Wir erwarten auch zusätzliche Chancen im Flugzeugleasing, wo Angebot und
Nachfrage günstig bleiben. In den USA könnte die neue Regierung die
Entwicklung erneuerbarer Energien verlangsamen. Die niedrigen Kosten für
erneuerbare Energien und die Prognosen für eine steigende
Stromnachfrage für die Rechenzentren, die für die Stromversorgung der
künstlichen Intelligenz benötigt werden, dürften jedoch von privatem
Kapital finanzierte Projekte unterstützen.
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