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Ölpreisverfall: Agiert Saudi-Arabien ökonomisch rational?

Ölpreis

Saudi-Arabien nimmt derzeit Verluste in Kauf, um die amerikanische Schieferölindustrie aus dem Markt zu drängen. Was sich scheinbar rational anhört ist aber vor allem hochriskant.

13.01.2016 | 10:25 Uhr

In der Volkswirtschaftslehre kennt man die von der OPEC bzw. Saudi-Arabien verfolgte Strategie unter der Bezeichnung „predatory pricing“ (Preisdumping). Die Ratio dahinter ist offensichtlich: Künstlich erhöhte Fördermengen sollen den Ölpreis drücken, um die amerikanische Schieferölindustrie aus dem Markt zu drängen. Beim Preisdumping nimmt ein Preissetzer (z.B. Monopol, Kartell) mittelfristig Gewinnrückgänge bzw. sogar Verluste in Kauf (siehe Budgetdefizit von Saudi-Arabien), um langfristig wieder einen höheren Preis aufrufen zu können. Die aktuell erlittenen Verluste sind demnach verschmerzbar, da sich später höhere Gewinne einstellen werden („short term pain, long term gain“). 

Was sich scheinbar rational anhört ist aber vor allem hochriskant. Was heißt es eigentlich, die Schieferölindustrie „aus dem Markt zu drängen“? Wie unzählige Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, verschwindet eine Branche / Industrie ja nicht einfach von der Bildfläche. So löst sich beispielsweise das Anlagevermögen (materiell und immateriell) von amerikanischen Ölunternehmen nicht in Luft auf. Natürlich verlieren Unternehmen aus dem Schieferölsektor seit geraumer Zeit massiv an Wert bzw. gehen sogar in Konkurs. Dies führt aber auch dazu, dass oftmals Unternehmen nur noch zu einem Bruchteil ihres „inneren Wertes“ handeln. Ein günstiges Umfeld für potenzielle Investoren, die im Vergleich zur Situation vor einigen Jahren, signifikant weniger Kapital aufwenden müssen, um sich Marktanteile zu sichern. Und dies führt wiederrum dazu, dass eine deutlich niedrigere Marge (bei eventuell anhaltend niedrigeren Preisen) ausreichen könnte, um trotzdem noch einen attraktiven ROIC (Rendite auf das eingesetzte Kapital) zu erzielen. Nach erfolgter Restrukturierung könnte also durchaus ein wesentlich effizienterer Schieferölsektor entstehen. Die OPEC wäre dann der große Verlierer.

Des Weiteren konkurriert die OPEC im Jahr 2016 keineswegs nur mit Unternehmen aus dem Ölsektor. Vielmehr bieten sich mittlerweile auch „Alternative Energien“ als Substitut an. Vergleichbar ist dies bspw. mit einem Bahnunternehmen, das trotz Monopolstellung auf der Schiene, nicht über grenzenlose Preissetzungsmacht verfügt. Denn in der Branche „Passagierbeförderung“ steht dieses Bahnunternehmen eben auch mit Fernbussen (siehe Gesetzesänderung) oder Airlines im Wettbewerb. Die Schlussfolgerung für den Ölsektor wäre demzufolge, dass es keinen Automatismus für höhere Preise geben kann, selbst wenn der Preiskampf tatsächlich final zu Gunsten der OPEC entschieden würde.

Disclaimer: Die im Blog zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen sind die persönliche Meinung des Autors und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung der FondsConsult Research AG oder der €uro Advisor Services GmbH wider.

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