Selten war ein Wahlausgang so schwer prognostizierbar wie die anstehende Bundestagswahl, allein schon weil gemäß Umfragen bis zu sechs verschiedene Regierungskoalitionen mehrheitsfähig wären.
14.09.2021 | 09:41 Uhr
Entsprechend
groß ist das Überraschungspotenzial am Wahltag. Schon kleinere
Verschiebungen von Wähleranteilen könnten heute aussichtsreiche Optionen
unmöglich oder andere Varianten doch noch umsetzbar werden lassen. Der
Online-Prognose-Marktplatz PredictIt erlaubt einen beachtenswerten Blick
auf die Frage, wer als Nachfolger(in) Angela Merkels in das
Bundeskanzleramt einziehen und welche Parteienkonstellation die künftige
Regierung bilden könnte.
PredictIt bietet registrierten Nutzern die
Möglichkeit, auf verschiedene Ausgangsmöglichkeiten politischer
Ereignisse zu wetten. Dabei werden Veränderungen von Erwartungen der
Teilnehmer in Form steigender oder fallender Kurse der jeweiligen
Ereignisse innerhalb einer Spannbreite von 1 bis 99 US-Dollar-Cent
dargestellt. Aktuell liegt bei der Frage, wer am 31. Dezember 2021
Bundeskanzlerin bzw. Bundeskanzler sein wird, Olaf Scholz mit einem Kurs
von 71 Cent weit vor Armin Laschet mit 11 und Annalena Baerbock mit 2
Cent.
Interessanterweise rangiert Angela Merkel mit 17 Cent an zweiter
Stelle. Diese Option könnte im Falle einer erneut langwierigen Phase von
Koalitionsverhandlungen und einer Regierungsbildung erst im kommenden
Jahr eintreten. Zur Frage nach der künftigen Regierungskonstellation
liegt zurzeit eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP mit 38 Cent vor
einer rot-grün-roten Regierung mit 23 Cent.
Wenn man trotz aller
Unsicherheiten davon ausgeht, dass in Anlehnung an den Ansatz der
Schwarmintelligenz onlinebasierte Wetten bessere Prognosen als
klassischen Umfragen liefern – was bei der US-Präsidentschaftswahl im
letzten Herbst zumindest teilweise der Fall war – könnte man somit einen
wahrscheinlichen Wahlausgang ableiten. Für die internationalen
Kapitalmärkte wäre diese Option kurzfristig allerdings kaum mehr als
eine Randnotiz. Zwar würde die Konstante der letzten Jahre, die CDU/CSU
nicht mehr der Regierung angehören.
Allerdings könnte man durch die
Regierungsbeteiligung der FDP davon ausgehen, dass ein aus Sicht von
Börsenteilnehmern als problematisch angesehener weniger
marktwirtschaftlich orientierter Kurs vermieden werden könnte. Einzig im
Falle sehr langer Verhandlungen und entsprechend anhaltender
Unsicherheit dürfte der politische Prozess die Börsen zumindest in
Deutschland belasten.
Die aus Börsensicht aber viel wichtigere Frage ist, ob die künftige Regierung die vielen wegweisenden Weichenstellungen zur Bekämpfung des Klimawandels, zum Management der demografischen Herausforderungen sowie zur Zukunftssicherung des Standortes Deutschland und Europa richtig vornimmt. Die Antworten darauf werden sich erst sukzessive in den Monaten zeigen.
Ihr Carsten Mumm
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