Mit dem Transparenzregister will der Staat leichter an die Hintermänner von Schwarz- oder Drogengelder herankommen. Registrieren müssen sich bis zum 31. Dezember 2022 alle „wirtschaftlich Berechtigte“ von Personengesellschaften. Sonst drohen saftige Bußgelder und der „elektronische Pranger“.
16.11.2022 | 12:30 Uhr von «Ulrich Lohrer»
Am 8. November 2022 durchsuchten Ermittler im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt die Niederlassungen der Schweizer Großbank UBS in Frankfurt und in München. Mit der Razzia sollten Beweismittel wegen des Verdachts der Geldwäsche durch den russischen Oligarchen Alischer Usmanow, einem engen Vertrauten des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin, sichergestellt werden. Zuvor war deshalb bereits Usmanows Villa am Tegernsee worden.
Die Frankfurter Ermittler hatten ihr Verfahren nach der Veröffentlichung der „Panama-Papers“ aufgenommen. Diese wurden von einem Whistleblower von der panamaischen Kanzlei Mossak Fonseca an die Süddeutsche Zeitung zugespielt. Usmanow wird verdächtigt 2017 bis 2022 über ein komplexes Netzwerk an Briefkastenfirmen in Offshore-Staaten und anderen Unternehmen mehrere Transaktionen veranlasst zu haben, um die Herkunft von Geldern zu verschleiern. Es bestehe der Verdacht, dass die Gelder im mehrstelligen Millionenbereich aus Straftaten wie Steuerhinterziehungsdelikten stammten.
Ziel der Geldwäsche ist es, die mit kriminellen Methoden wie Betrug, Drogen- oder Waffenhandel erworbenen und unversteuerten „schmutzigen Gelder“ zu waschen. Dazu werden über undurchsichtige Beteiligungsstrukturen Investitionen oder Käufe in legale Märkte durchgeführt.
Intransparente Geldquellen verhindern oder erschweren es den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten die illegale Herkunft der Gelder zu den Tätern zurückzuverfolgen. In Deutschland ist für die zentrale Verfolgung von Geldwäsche die Financial Intelligence Unit (FIU), eine dem Bundesfinanzministerium untergeordnete Behörde, zuständig. Ende 2021 veröffentlichte die FIU eine seit 2010 ansteigende Anzahl von Geldwäsche-Verdachtsfällen (siehe Grafik1).
Dies spiegelt allerdings nicht die Erfolgsquote der FIU bei der Aufklärung wider. „Weil immer mehr Branchen gesetzlich dazu verpflichtet sind, werden dem deutschen Zoll so viele Geldwäsche-Verdachtsfälle gemeldet wie nie zuvor“, erläutert Jork Herrmann vom Informationsdienst des Instituts der Deutschen Wirtschaft.
Mit mehr Transparenz und Einschränkung der Eigentumsrechte bei Verdachtsfällen soll die Geldwäsche erschwert werden. So greifen nun auch zunehmend Maßnahmen auf den Kapitalmärkten, die die Gesetzgeber in Deutschland und der Europäischen Union (EU) mit dem Kampf gegen Geldwäsche begründen. Dazu zählen zwei von der EU beschlossene und von Deutschland umgesetzte Richtlinien zur Einführung und Ausweitung eines Transparenzregisters. Mit einer Meldepflicht sollen die natürlichen Personen – die „wirtschaftlichen Berechtigten“ – verschachtelter Beteiligungen in dem vom Bundesfinanzministerium beauftragten elektronischen Transparenzregister des Bundesanzeiger Verlags erfasst und dort zentral kenntlich gemacht werden. Betroffen von der Meldepflicht sind nicht etwa nur der Geldwäsche verdächtigte Briefkastenfirmen sogenannten Offshore-Staaten, sondern alle deutsche Unternehmen, Vereine und Stiftungen.
Der Staat hat bereits in der Vergangenheit bestimmte Berufsgruppen wie Notare, Rechtsanwälte, Finanzvermittler, Steuerberater, Immobilienmakler oder Güterhandler wie Gebrauchtwagenverkäufer dazu verpflichtet, die persönlichen Daten der Beteiligten von Transaktionen zu dokumentieren und Geldwäsche-Verdachtsfälle zu melden. Die Verpflichteten haben jedoch in der Regel kaum ein Interesse, ihre Geschäftspartner und ihre potenzielle Einnahmequelle zu gefährden. Mit Prüfungen durch die zuständigen, aber personell unterbesetzten Landes- und Bundesbehörden haben die Verpflichteten kaum zu rechnen (siehe Tabelle).
Nun werden die Entscheidungsträger von Unternehmen zunehmend auch im Transparenzregister erfasst. Lange Zeit genügte für Unternehmen ihr Eintrag im Handelsregister als „Mitteilungsfiktion“ statt eines Eintrags in das Transparenzregister. „Mit der jüngsten Geldwäschegesetz-Reform und dem Finanzinformationsgesetz, das Anfang August 2021 in Kraft getreten ist, wurde die Mitteilungsfiktion ersatzlos gestrichen“, sagt Martin Kienzler, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Corestone Legal mit Sitz in Frankfurt am Main.
Mittlerweile sind auch die Übergangsfristen ausgelaufen oder enden in wenigen Wochen. Für Aktiengesellschaften endete die Übergangsfrist bereits am 31. März 2022, für Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, für Genossenschaften und für Partnergesellschaften ist die Übergangsfrist bereits am 30. Juni 2022 abgelaufen. Die Übergangsfrist für Personengesellschaften endet am 31. Dezember 2022.
Die Unternehmen werden allerdings nicht vorab informiert, dass ihre wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister eingetragen müssen. „Die Geschäftsführer der Unternehmen wissen daher in der Regel nichts von der Meldepflicht. Wir weisen unsere Mandanten darauf hin und führen, wenn sie dies wünschen, für sie die Eintragung durch“, erläutert Kienzler. „Wer bislang nicht zum Verpflichtetenkreis gehörte, der wird die Eintragungspflicht kaum wahrnehmen, mit Sanktionen in Form von Bußgeldern jedoch rechnen müssen“, kritisiert Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverband der Deutschen Versicherungskaufleute (BVK).
Das zuständige Bundesverwaltungsamt (BVA) führt einen Abgleich zwischen Handelsregister und Transparenzregister durch und verwarnt die nicht eingetragenen Unternehmen. „Nach Ablauf der Frist droht ein Bußgeld vom BVA, eventuell auch die Veröffentlichung des Unternehmens in einem elektronischen Pranger“, warnt Kienzler. Bei einfachen Verstößen kann das Bußgeld zwischen 50 Euro und 100.000 Euro liegen.
Wird die Aufforderung zum Eintrag in das Register weiterhin ignoriert, können die Bußgelder abhängig von der Bilanzsumme laut dem Bußgeldkatalog des BVA auch deutlich höher – bis zu einer Million Euro – ausfallen. Ist das Bußgeld höher als 200 Euro, kommt es automatisch zu einem Eintrag in den elektronischen Pranger. Dies ist eine Seite des BVA, in dem die Namen der betroffenen Unternehmen mit Art des Verstoßes veröffentlicht werden. Der Eintrag ist für jeden, der die Seite kennt, einsehbar und bleibt für fünf Jahre bestehen. Aktuell (15.11.2022) sind 1105Unternehmen im „elektronischen Pranger“ in der BVA-Internetseite „Bußgeldentscheidungen“ namentlich und mit Art der Ordnungswidrigkeit aufgeführt.
In das Transparenzregister müssen die Daten der wirtschaftlich Berechtigten eingegeben werden. Dies sind die Eigentümer des Unternehmens mit einem Anteil von mehr als 25 Prozent. Verfügt keiner der Eigentümer über einen so hohen Anteil am Unternehmen, muss sich der Geschäftsführer selbst als „fiktiver wirtschaftlicher Berechtigter“ in das Transparenzregister eintragen. „Für diese Personen müssen Vornamen und Nachname sowie das Geburtsdatum laut dem Personalausweis sowie Wohnort und Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses angegeben werden“, erläutert Rechtsanwalt Kienzler.
Betroffene, die bereits diese Daten im Handelsregister eingetragen haben, sind über denbürokratischen Mehraufwand wenig begeistert. „Die fortlaufende Pflege, die nun in zwei Register stattzufinden hat, ist eine weitere Verwaltungsbelastung für jedes Unternehmen“, kritisiert BVK-Präsident Heinz. Auch Befürworter des Transparenzregisters hätten sich eine bürgerfreundlichere Regelung gewünscht. „Die doppelte Eintragungspflicht und doppelte Kontrollstruktur ließen sich vermeiden, wenn die Daten in bestehenden Registern digitalisiert würden“, so Stephan Ohme, Leiter Arbeitsgruppe Finanzwesen von Transparency International Deutschland.
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