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Datenverarbeitung wird für die Finanzbranche zunehmend zum zentralen Thema.
Regulierung

Open Finance: Was auf die Finanzbranche jetzt zukommt

Open Finance hebt die Idee des Open Banking auf ein neues Level. Kundendaten aus der Fonds- und Versicherungsbranche sollen bald für Drittanbieter verfügbar sein. Es ist nicht weniger als eine Branchenrevolution.

31.07.2024 | 07:15 Uhr

Mit der geplanten Einführung der FiDA-Verordnung (Framework for Financial Data Access) in der EU ab 2027 wird ein neues Kapitel für Open Finance aufgeschlagen. Diese Verordnung verpflichtet Finanzinstitute zur standardisierten Bereitstellung von Kundendaten an andere Finanzdienstleister. Die FiDA geht über die bisherige PSD2-Regulierung hinaus und umfasst sowohl personenbezogene als auch nicht personenbezogene Daten, die im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit von Finanzinstituten erhoben und verarbeitet werden. Durch die Verordnung soll der Wettbewerb gestärkt und die Innovationskraft der Branche befördert werden.

Was ist die Idee von Open Finance?

Open Finance ist ein innovatives Konzept, das durch die Erweiterung des Open Banking entstanden ist. Während Open Banking sich auf den Zugriff auf Bankdaten durch Drittanbieter konzentriert, erweitert Open Finance den Zugang zu einem breiteren Spektrum an Finanzdienstleistungen, darunter Versicherungen, Investitionen und Renten. Dies wird durch den Einsatz technischer Schnittstellen ermöglicht, die Entwicklern von Drittanbietern den Zugriff auf notwendige Daten gewähren, um neue Anwendungen und Dienstleistungen zu entwickeln.

Ziel ist es, den Verbrauchern eine Plattform zu bieten, über die sie ihre finanziellen Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Versicherungsprodukte unabhängig vom jeweiligen Finanzinstitut verwalten können. Konkret kann das zum Beispiel so aussehen, dass Fintech-Unternehmen Apps entwickeln, mit denen Privatpersonen Wertpapier- und Fondsdepots, Versicherungen, Sparkonten und ähnliches zentral verwalten. Die Banken und Versicherungen, bei denen die Personen Kunden sind, müssen dem Fintech-Unternehmen die entsprechenden Kundendaten bereitstellen. Gleichzeitig können auch Finanzinstitute selbst Softwarelösungen entwickeln, um ihren Kunden zu ermöglichen, auf der eigenen Plattform Produkte anderer Finanzinstitute einzubinden.

Wer muss wem welche Daten liefern?

Ein zentrales Element der FiDA-Verordnung ist die Einführung von sogenannten Dashboards, über die Kunden ihre Einwilligungen zur Datenverarbeitung einsehen und verwalten können. Sobald ein Kunde seine Zustimmung erteilt hat, sind die Dateninhaber – zum Beispiel Banken und Versicherer – verpflichtet, sämtliche relevanten Daten in einem einheitlichen Format und in Echtzeit an die Datennutzer – etwa spezialisierte Fintech-Unternehmen – weiterzugeben. Darüber hinaus sieht die FiDA eine finanzielle Kompensation für die Dateninhaber vor, die den Aufwand für die Bereitstellung und Wartung der Schnittstellen decken soll.

Wie funktioniert Open Finance technisch?

Der Kern von Open Finance liegt in der Nutzung offener APIs (Application Programming Interfaces), die einen sicheren und standardisierten Austausch von Finanzdaten zwischen verschiedenen Institutionen und autorisierten Drittanbietern (TPPs) ermöglichen. Der Prozess beginnt mit der ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers, der einem TPP die Erlaubnis erteilt, auf seine Finanzdaten zuzugreifen – siehe oben. Nach der Zustimmung kann der TPP über die vom Institut bereitgestellten APIs auf die Finanzdaten zugreifen. Diese Daten werden dann genutzt, um den Verbrauchern eine Vielzahl von Dienstleistungen anzubieten, wie etwa personalisierte Finanzberatung, Kontenzusammenführung, Budgetierungs-Apps und Investitionsplattformen. Während des gesamten Prozesses sind die Daten durch strenge Sicherheitsmaßnahmen wie Verschlüsselung, Authentifizierung und Autorisierungsprotokolle geschützt, um die Privatsphäre der Verbraucher zu gewährleisten.

Was bedeutet Open Finance für Finanzintermediäre?

Für Finanzintermediäre bietet Open Finance sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Durch den erweiterten Zugang zu Finanzdaten können sie ihren Kunden personalisierte und innovative Dienstleistungen anbieten. Dies umfasst zum Beispiel maßgeschneiderte Finanzprodukte, individuelle Anlageberatung und gezielte Versicherungspolicen, die auf den spezifischen Bedürfnissen und Vorlieben der Kunden basieren. Die Nutzung von Open Finance ermöglicht es Finanzintermediären auch, neue Kunden zu gewinnen und bestehende Kunden durch verbesserte Dienstleistungen und Kundenerfahrungen zu binden. Ein weiterer Vorteil von Open Finance ist die verbesserte Risikobewertung und Risikoübernahme. Durch den Zugriff auf genauere und aktuellere Finanzdaten können Finanzintermediäre fundierte Entscheidungen treffen und das Risiko besser managen. Zudem können sie die gewonnenen Kundeneinblicke nutzen, um neue Produkte zu entwickeln und ihren Kunden einen besseren und individuelleren Service zu bieten.

Die neuen technischen Möglichkeiten erhöhen zugleich den Druck auf alle Finanzdienstleister, technisch aufzurüsten und die eigenen Serviceangebote zu erweitern und/oder zu optimieren. Für die Verwalter von Kundendaten sind Investitionen in Personal, Software und IT-Infrastruktur unvermeidlich. Denn bei Nichteinhaltung der Pflichten zur Bereitstellung der Daten drohen den Finanzinstituten Strafen. Aber auch die Finanzdienstleister, die Kundendaten anderer Anbieter in Zukunft nutzen wollen, müssen sich anstrengen. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass in Zukunft vor allem diejenigen Anbieter ihre Marktanteile steigern können, die sich im Bereich Kundenservice und Convenience durch ihre technische Überlegenheit einen Vorsprung erarbeiten.

Zukunftsperspektiven für die breitere Nutzung von Kundendaten

Die Zukunft von Open Finance verspricht eine noch engere Integration von Finanzdaten und Dienstleistungen. Mit der zunehmenden Verbreitung von KI und maschinellem Lernen werden Finanzintermediäre in der Lage sein, riesige Datenmengen zu analysieren und vorausschauende Erkenntnisse zu gewinnen. Dies wird ihnen helfen, Dienstleistungen zu automatisieren und die Entscheidungsprozesse für Verbraucher und Anbieter zu verbessern.

Die Integration von Blockchain-Technologie könnte das offene Finanzwesen weiter revolutionieren, indem sie noch sicherere und transparentere Möglichkeiten zum Austausch und zur Überprüfung von Finanzdaten bietet. Dies könnte zur Entwicklung dezentraler Finanzdienstleistungen (DeFi) führen, die vollständig auf Blockchain-Netzwerken basieren und traditionelle Finanzstrukturen herausfordern. Dann geht es nicht mehr darum, dass klassische Finanzdienstleister wie Banken und Versicherer gegenseitig den Zugriff auf Kundendaten erlauben, sondern darum, dass Kunden ihre Vermögen und Versicherungen völlig unabhängig von Finanzinstituten verwalten und dafür Softwarelösungen nutzen, die sich auf Kundenwunsch gegenseitig den Zugriff auf Daten erlauben.

Darüber hinaus wird die globale Standardisierung eine wichtige Rolle spielen. Mit der Einführung offener Finanzrahmen in immer mehr Ländern wird es einen Schub in Richtung globaler Standards und Interoperabilität geben. Ein globales Netzwerk von Finanzdienstleistungen könnte internationale Transaktionen und das globale Finanzmanagement vereinfachen, was sowohl Verbrauchern als auch Unternehmen zugute kommen würde.

Das ist der Zeitplan

Im Sommer 2023 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für ein Rahmenwerk, die „Financial Data Access (FiDA)“-Verordnung, vorgelegt. Dieser Vorschlag wird derzeit in Brüssel beraten. In der neuen Legislaturperiode des EU-Parlaments ab 2025 folgen konkrete Umsetzungsschritte. Die Einführung und Umsetzung der FiDA-Verordnung ist für das Jahr 2027 vorgesehen.

Fazit: Open Finance und die bevorstehende FiDA-Verordnung der EU stellen einen bedeutenden Schritt in Richtung einer stärker vernetzten und transparenten Finanzlandschaft dar. Für Finanzintermediäre eröffnen sich dadurch zahlreiche Möglichkeiten, ihre Dienstleistungen zu erweitern und ihren Kunden personalisierte, innovative und sichere Finanzprodukte anzubieten. Gleichzeitig müssen sie sich den Herausforderungen stellen, die mit der Umsetzung dieser neuen Technologien und Vorschriften einhergehen. Mit der richtigen Strategie können Finanzintermediäre jedoch von den Vorteilen profitieren und eine führende Rolle in der Zukunft des Finanzwesens anstreben.

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