abrdn: Post aus Sambia – Wahlen als Game Changer

abrdn: Post aus Sambia – Wahlen als Game Changer
Schwellenländeranleihen

Überdurchschnittliche Erträge für Anleihen in Fremd- und Lokalwährung in dem Jahr, nach dem ein Land zahlungsunfähig wurde, haben Seltenheitswert. Anders gesagt: Ein Kreditereignis kann eine attraktive Anlagegelegenheit eröffnen.

10.02.2022 | 07:10 Uhr

Kevin Daly,Investment Director

Ohne Frage ist es hilfreich, wenn ein Katalysator den Wandel beflügelt. Oder wenn – wie im Fall der herausragenden Performance Sambias 2021 – gleich mehrere Katalysatoren zusammenspielen. Als treibende Kraft wirkten zunächst Spekulationen auf eine Schuldenumstrukturierung, die das Interesse spezialisierter Anleger weckten und die Anleihekurse beflügelten. Den weiteren entscheidenden Faktor stellten schließlich die Präsidentschaftswahlen im August dar. Bei diesen Wahlen setzte sich der langjährige Oppositionsführer Hakainde Hichilema, gemeinhin unter dem Kürzel „HH“ bekannt, durch. Wir betrachten das Wahlergebnis als Game Changer für das Land.

Kurzer Rückblick

Wie Sambia das geschafft hat, zeigt sich anhand eines historischen Rückblicks. Wir zählten zu den ersten Anlegern beim Eurobond-Debüt dieses Landes 2012. Der Coupon der Emission war einer der niedrigsten, die jemals von einem staatlichen Erstemittenten aus einem Schwellenland ausgegeben wurden. Zu diesem Zeitpunkt war der Wachstumsausblick des Landes gut und die Haushaltslage vertretbar, während die Verschuldungsquote (Schulden/BIP) und damit eine der wichtigsten Variablen für Anleger ohne Erfahrung mit diesem Land bei rund 30% extrem niedrig war. „Alles im grünen Bereich“ wäre die treffende Umschreibung.

2014 meldete sich Sambia am Eurobond-Markt zurück. Doch seinerzeit mehrten sich die Anzeichen für eine Verschlechterung der Staatsfinanzen und der Schuldenlage. Ein Jahr später kehrte Sambia abermals an den Markt zurück, während der Internationale Währungsfonds (IWF) die Schuldenlast weiterhin als tragbar betrachtete, wenngleich die Risikoprämie Sambias gestiegen war. Fünf Jahre später fuhr Sambia gegen die Wand, als die damalige Regierung im November 2020 ihre Eurobonds nicht mehr bedienen konnte und hierfür die Covid-19-Pandemie verantwortlich machte. Tatsächlich jedoch war das Land aufgrund seines Unwillens, Probleme in Zusammenhang mit der Schuldentragfähigkeit anzugehen, bereits weit vor diesem Ereignis der Zahlungsunfähigkeit geweiht. Vielen Anlegern bereiteten die Finanzierungspraktiken Sambias in den Jahren nach dessen letzter Emission am Eurobond-Markt 2015 immer größere Sorgen. Die Geschehnisse liefen ab wie ein Autounfall in Zeitlupe.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Sambia Eurobonds im Gesamtwert von 3 Mrd. EUR ausgegeben. Doch als dieser Brunnen versiegte, wandte sich die Regierung an chinesische Geldgeber, die die entstandene Lücke mehr als wohlwollend füllten. Die Bedingungen der Geldvergabe und die Verwendung der Erlöse waren undurchsichtig, was beiden Parteien gut ins Konzept passte.

Das Finanzministerium beteuerte zwar, das Volumen der in China aufgenommenen Mittel sei mit den Eurobonds vergleichbar. Laut zahlreicher Medienberichte war der Betrag aber wesentlich höher. Bemühungen von Anleiheinhabern, mehr über die Kredite der Chinesen zu erfahren, erwiesen sich als vergeblich und heizten die Sorgen um die Tragfähigkeit der Schulden weiter an. Unterdessen betonten sambische Regierungsvertreter immer wieder, sie stünden kurz davor, mit dem IWF eine Vereinbarung über die Verschuldung zu erzielen. Damit war die Hoffnung verbunden, das Problem der Schuldentragfähigkeit anzugehen. Leider blieb die heiß ersehnte Vereinbarung mit dem IWF aus. In der Folge kam es zum unausweichlichen Zahlungsausfall.

Sambia meldet sich eindrucksvoll zurück

Wie eingangs dargelegt, ist es nicht die Regel, dass Anleihekurse stark steigen können, wenn ein Land noch immer zahlungsunfähig ist und mit seinen Gläubigern noch nicht umfassend über eine Umstrukturierung verhandelt hat. Stattdessen stürzen die Anleihekurse bei der Zahlungsunfähigkeit eines Landes zumeist ab. Der Grund ist, dass Anleger ihre Positionen abstoßen müssen, weil Beschränkungen für Anlagen in notleidende Papiere bestehen oder wenn ein Papier unter ein bestimmtes Rating – üblicherweise unter B – fällt. Ebenso besteht Unklarheit hinsichtlich des Umstrukturierungsprozesses, aufgrund deren die Kurse eine Talsohle erreichen können. In der Folge setzt eine gewisse Erholung ein, da sogenannte „Distressed Fonds“ (in bestimmten Kreisen auch als „Geier-Investoren“ bezeichnet) einschreiten.

Dies ist mit ein Grund dafür, warum die Kurse sambischer Eurobonds 2021 in den oberen 70er Cent-Bereich vorstießen, nachdem sie zuvor ein Tief bei 42 Cent erreicht hatten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Nach unserer Einschätzung stützte auch das überraschende Ergebnis der Parlamentswahlen im August 2021 die Anleihekurse.

Und diese Überraschung war nicht von schlechten Eltern. Nach fünf aufeinanderfolgenden Wahlschlappen, darunter auch knappe Niederlagen bei den letzten beiden Wahlen, hätte niemand die Prognose gewagt, dass bei Wahl Nr. 6 der große Wurf gelingt. Die Mehrheit war von einem dritten Sieg Edgar Lungus von der Partei „Patriotic Front“ ausgegangen, womit jedoch gegen die Verfassung verstoßen worden wäre. Doch die Macht des Amtsinhabers ist insbesondere während einer Pandemie sehr hoch. Dennoch gelang es „HH“, sich mit einer komfortablen Mehrheit von 59% aller abgegebenen Stimmen durchzusetzen. Angesichts der Wahlprognosen ist das als Erdrutschsieg zu betrachten, der eine friedliche Machtübergabe ermöglichte.

Vor der Wahl hatte die Rendite von Lokalwährungsanleihen bei über 35% gelegen. Nach der Wahl fiel sie bereits deutlich, bevor sie dann im Dezember 2021, nachdem Sambia sich mit dem IWF über eine neue Kreditvereinbarung geeinigt hatte, auf unter 20% absackte. Auch die Währung Sambias, der Kwacha, legte in diesem Zeitraum gegenüber dem US-Dollar um rund 25% zu. Daran zeigt sich, dass die Euphorie des Marktes nicht zu übersehen war.

Wir wissen auch warum. Wir kannten „HH“ nicht nur persönlich, sondern zählten auch zu jener Handvoll Anleger, die ihn im letzten November in London bei seinem Zwischenstopp von der COP26 in Glasgow trafen. Seine Rhetorik war unglaublich überzeugend. Er sprach davon, Rechtsstaatlichkeit in Angriff zu nehmen, das Investitionsklima zu verbessern und gegen die notorische Korruption der vorigen Regierung anzugehen. Für die Ohren der Investoren klang das wie Musik. Ebenso erzählte er uns, wie er bereits 15 Mal verhaftet wurde. Folglich hat er nicht nur Führungsqualitäten, sondern auch Durchhaltevermögen.

Schlussbetrachtung ...

Es gibt nicht viele Frontier-Länder oder Schwellenländer allgemein, deren Bonität und ESG-Ausblick sich verbessert. Doch Sambia gehört zu dieser Gruppe. Nach unserer Einschätzung hat die Wahl von „HH“ die Lage Sambias selbst und die Rahmenbedingungen für internationale Investoren in dem Land merklich verbessert. Daher betrachten wir seinen Wahlsieg als Game Changer.

Investitionen beinhalten Risiken. Der Wert von Anlagen und die daraus entstehenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen, und es ist möglich, dass ein Investor weniger als den investierten Betrag zurückerhält. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf zukünftige Ergebnisse zu.

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