Von Markus Merkel, CEFA, Leiter Mandate. Der Investitionsstau vieler Anleger scheint sich zu lösen. Insbesondere Qualitätsaktien aus zyklischen Branchen bauen ihre signifikante Unterbewertung ab.
25.11.2019 | 14:56 Uhr
Es ist zu konstatieren, dass sich die Anspannung
der letzten Monate ein Stück weit gelöst hat, insbesondere im Hinblick auf sich
wieder stabilisierende Konjunkturaussichten, auch wenn die übergeordnete
Faktenlage durchaus noch gedämpft bleibt. So zeigen sich im verarbeitenden
Gewerbe unverändert scharfe Einschnitte, die durchaus als rezessiv einzustufen
sind. Jedoch ergeben sich verstärkt auch Lichtblicke, ausgehend vor allem von
der Geld- und Fiskalpolitik. Flankierend kauft die EZB ca. € 20 Mrd. Anleihen
je Monat und auch die US-Notenbank agiert ähnlich. Diese stellt bis Frühjahr
2020 monatlich USD 60 Mrd. zur Stabilisierung des Geldmarkts zur Verfügung.
Gleichwohl leert sich der Werkzeugkasten der Notenbanken zusehends und die wohltuenden Wirkungen einer expansiven Geldpolitik erzeugen zunehmend geringere Wirkung in der Realwirtschaft. Nichtsdestotrotz zeigt sich gerade die US-Wirtschaft unverändert ausgesprochen robust, auch wenn wir es hier mit einer „gedopten“ Volkswirtschaft zu tun haben. Gedopt einerseits durch eine ausufernde Geldpolitik, andererseits durch fiskalpolitische Anreize. So bewegt sich das laufende Budgetdefizit in der Region i.H.v. 5% des Bruttoinlandsprodukts. In Summe ist das dortige Wachstum somit seiner Nachhaltigkeit und Qualität nach anzuzweifeln. Beides steht aber offensichtlich gegenwärtig nicht im Fokus der Kapitalmärkte. Vielmehr werden die positiven Effekte einer möglichen Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China stärker gewichtet.
Dies alles veranlasst uns in unserem Haus, und dies bereits seit den Sommermonaten, die Portfolios ausgewogener zu gestalten. Hierunter verstehen wir die wieder verstärkte Berücksichtigung zyklischer Qualitätsführer aus den Branchen Mobilität, Maschinenbau und Chemie, gerne insbesondere auch im europäischen Nebenwerte-Segment.
Freilich steht die sich abzeichnende Erholung der stark im Preis gedrückten, jedoch werthaltigen Geschäftsmodelle auf dünnem Eis und ein emotionaler „Tweet“ in einfacher Sprache von jenseits des Atlantiks kann schlagartig auch wieder kontraproduktiv wirken. Fakt ist aber auch, dass die Wahrscheinlichkeit einer Waffenruhe hoch ist, da die US-Administration sehr wohl weiß, was im kommenden Wahljahr auf dem Spiel steht.
In Deutschland wirkt die Stabilisierung des IFO-Geschäftsklima-Index unterstützend für die Aussicht auf eine zumindest momentane zyklische Erholung. Des Weiteren stimmen die Exporterwartungen im Oktober wieder optimistischer im Einklang mit einer gestiegenen Auslandsnachfrage seit dem Frühjahr. Treffen also derartige Hoffnungsschimmer auf eine geradezu depressive Stimmung zyklischen Branchen bzw. dem Value Bereich als Ganzem gegenüber, so initiiert dies Nachholeffekte, deren Wucht nicht unterschätzt werden sollte.
Wir denken nicht, dass eine mögliche Jahresend-Rallye nur denjenigen vorbehalten ist, die analog zu unserer eigenen Positionierung ebenfalls eine Wende hin zu Zyklikern frühzeitig antizipiert haben. Es gibt eine Reihe guter Gründe, dass diese Entwicklung noch eine Weile trägt. Gleichwohl hängt ihr Fortbestand freilich von den Frühindikatoren der nahen Zukunft ab, Das Tauziehen um die Gunst der Anleger zwischen „consistent earnern“ und Zyklikern bleibt uns wohl erhalten und es wird auch Rückschläge geben. Gleichwohl wird Rendite eher im zyklischen Bereich und damit anders als bisher nicht in „steady growth“ – Werten aus den Bereichen Haushaltsgüter, Technologie, Nahrungsmittel sowie Pharma zu finden sein. Operatives Momentum und Leverage sehen wir eher im Anlagenbau, bei Mobilitätsthemen, Chemie und vereinzelt auch im Minensektor. Die Bewertungsniveaus sind hochattraktiv und die free cash flows ansprechend.
Bezogen
auf den DAX lässt sich somit gutes Potential ableiten, wenn auch zwei oder drei
Schritte der zyklischen Aufwärtsbewegung schon hinter uns liegen. Grundsätzlich
ist der deutsche Leitindex DAX prominent mit Zyklikern besetzt und Nachholeffekte
sehen wir in erster Linie in Europa und Asien. Der Parade-Index für Industrieunternehmen
aus „German Mittelstand“ ist freilich der aus mittelgroßen
Werten konstruierte MDAX und selektiv auch der SDAX bestehend aus gering
kapitalisierten Titeln.
Das Umfeld für Preisaufschläge zugunsten zyklischer Geschäftsmodelle im europäischen Wirtschaftsraum ist über alle Unternehmensgrößen hinweg zuletzt wieder deutlich vorteilhafter geworden. Verbleibende Liquidität könnte im Fall von Rückschlägen sukzessive abgebaut werden.
Die steinbeis & häcker vermögensverwaltung gmbh berät die Fonds S&H – Income and Opportunities sowie S&H – Smaller Companies EMU. Des Weiteren agiert man als Haftungsdach für den Fonds Quant IP Global Innovation Leaders.
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