Steht nach einem schwierigen Jahr für US-Aktien eine Erholung bevor? Zwar kann niemand vorhersagen, wann der Markt die Talsohle erreicht, aber wir wissen, was nach starken Einbrüchen in der Vergangenheit geschehen ist.
05.12.2022 | 08:55 Uhr
Geduldige Anleger können sich damit trösten, dass kräftige Erholungen nach starken Einbrüchen durchaus üblich sind.
Die Volatilität an den US-Börsen hält an, selbst nach den jüngsten Hoffnungsschimmern. Trotz der jüngsten Kursgewinne ist der S&P 500 in diesem Jahr per 15. November um 15,1 % gesunken. Außerhalb des Energiesektors gab es nur wenige Zufluchtsorte, wenngleich der starke US-Dollar den Schmerz für Euro-basierte Anleger milderte.
Gravierende Kurseinbrüche an der Börse sind immer beunruhigend. Aber
sie bilden oft die Grundlage für eine solidere Erholung. Marktabschwünge
werden daher gemeinhin als „Korrekturen“ bezeichnet. Die Aktienwerte
werden neu bewertet, um die langfristigen Gewinnerwartungen eines
Unternehmens besser widerzuspiegeln. Dieser Prozess kann unberechenbar
sein, insbesondere wenn die Aktienkurse in Teilen des Marktes
unangemessen hoch und die Gewinnaussichten extrem unsicher sind. Beide
Bedingungen waren in diesem Jahr gegeben.
Doch was nach einem Kurssturz geschieht, ist ermutigend. Nach starken
Einbrüchen an den US-Börsen seit 1950 erholten sich die Aktien in der
Regel rasch wieder. Nach dem Tiefpunkt von acht US-Marktabschwüngen von
mehr als 20 % erzielten Aktien nach einem Jahr im Durchschnitt einen
Ertrag von 51,1 % und nach drei Jahren einen Ertrag von 82 % (Abbildung). Fünf und zehn Jahre später konnten sich die Anleger ebenfalls über stattliche Gewinne freuen.
Skeptiker könnten einwenden, dass die Bedingungen heute außerordentlich schlecht sind. Zwar stimmen wir zu, dass es viel Unsicherheit gibt, aber schlechte Bedingungen sind die Ursache für Korrekturen, und die zugrunde liegenden Umstände variieren. Derzeit stellen die Inflation und ihre Folgewirkungen eine konjunkturelle Belastung dar. Höhere Energiepreise, steigende globale Zinsen und die Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken seit etwa zwei Jahren wirken sich mit Verzögerung auf die Wirtschaftstätigkeit aus. Es wäre töricht zu sagen, dass die Luft rein ist.
Doch schauen wir uns die oben genannten Episoden einmal genauer an.
Das Platzen der Dotcom-Blase in den Jahren 2000 bis 2002 und die globale
Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2009 zum Beispiel haben die Märkte
und Volkswirtschaften massiv erschüttert. Dennoch wurden Anleger, die
ein angemessenes Aktienengagement in ihren Portfolios beibehielten,
letztlich belohnt. Es gibt immer noch viele gute Gründe, in Aktien investiert zu bleiben.
Allerdings ist der Angstfaktor immer präsent. Deshalb haben wir uns die
Wertentwicklung von Aktien nach Momenten des extremen Pessimismus
angesehen, gemessen am Verbraucherstimmungsindex der Universität
Michigan. Auch hier gilt: Wenn die Verbraucherstimmung auf einen
Tiefpunkt fiel, entwickelten sich die Aktien danach gut. Im November
2008 wurden die Verbraucher durch den Zusammenbruch der Aktienmärkte,
die US-Hypothekenkrise und den Zusammenbruch großer Finanzinstitute
verunsichert. Dennoch wäre es eine schlechte Entscheidung gewesen, sich
aus US-Aktien zurückzuziehen. Der S&P 500 stieg im folgenden Jahr um
25 % und in den folgenden drei Jahren um 49 % (Abbildung). Heute liegt der Verbraucherstimmungsindex bei 59 – und damit noch unter dem durchschnittlichen Tiefstand früherer Krisen.
Tatsächlich erwiesen sich Momente extremen Pessimismus oft als günstige Einstiegspunkte für Anleger mit längerem Zeithorizont. Ausgehend von unserer Analyse des Verhältnisses zwischen den US-Aktienmultiplikatoren und den Zinsen könnten sich die Bewertungen aktuell einem Tiefpunkt nähern. Und während wir mehr Klarheit darüber gewinnen, wie sich die Gewinne inmitten der eskalierenden wirtschaftlichen Spannungen entwickeln, können Portfoliomanager Unternehmen mit höherem Erholungspotenzial identifizieren. Unserer Ansicht nach lassen sich an den US-Börsen – und nicht nur dort – unabhängig von der Marktkapitalisierung oder dem Anlagestil derzeit Bereiche mit relativem Wert finden, insbesondere bei Qualitätsunternehmen.
Wer eine gut durchdachte Anlagestrategie zum falschen Zeitpunkt
verwirft, kann am Ende schlechter dastehen. Eine Verringerung der
Aktienquote zum jetzigen Zeitpunkt bedeutet, dass man Verluste
festschreibt und das Erholungspotenzial einbüßt. Und da es fast
unmöglich ist, Wendepunkte am Markt abzupassen, halten wir die
Beibehaltung einer strategischen Allokation in Aktien für unerlässlich.
Unsere Untersuchungen zeigen, dass es für die langfristigen Erträge sehr
kostspielig sein kann, wenn man auch nur wenige der besten Tage einer
Erholung verpasst.
In Zeiten wie diesen ist es nicht einfach, die Mentalität von Angst auf
Hoffnung umzustellen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass aktive
Anlageansätze, die darauf abzielen, anfällige Unternehmen zu meiden und
solche mit beständigen Geschäftsmodellen zu finden, den Anlegern helfen
können, sich mit einer Aktienallokation heute wohler zu fühlen. Mit
einer klaren Strategie, die den Schwerpunkt auf Qualitätsaktien legt,
können Anleger das Vertrauen gewinnen, dass eine Aktienallokation für
ihre individuelle Risikobereitschaft angemessen ist – und sie in die
Lage versetzen, in besseren Zeiten Ertragspotenzial zu nutzen.
In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.
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