Man sollte die Entwicklungen in diesem Jahr genau beobachten. Im Fokus steht dabei die Überlegung: Wie oft geschieht es, dass aus einer Korrektur eine Baisse wird? Christophe Braun, Investmentspezialist von Capital Group nennt fünf Fakten zu fallenden Kursen.
20.02.2019 | 10:56 Uhr
Bei breitflächigen Kursverlusten stellen sich viele Investoren häufig die Frage: Korrektur oder Baisse? Dies galt auch angesichts der letztjährigen Performance des S&P 500 Composite Index, der von seinem Septemberhoch bis Ende Dezember 2018 fast 20 Prozent verloren hatte. Es herrschte am Markt die Sorge, ob dies vielleicht sogar der Beginn eines wesentlich stärkeren Kurseinbruchs ist. Dies war nicht der Fall, in diesem Jahr ging es mit dem Index wieder bergauf. Dennoch sollte man die Entwicklungen auch in diesem Jahr genau beobachten. Im Fokus steht dabei die Überlegung: Wie oft geschieht es, dass aus einer Korrektur eine Baisse wird? Christophe Braun, Investmentspezialist von Capital Group nennt fünf Fakten zu fallenden Kursen.
1. Marktkorrekturen sind ein sehr häufiges Phänomen an den
Aktienmärkten
Wenn den S&P 500 Composite Index für den Zeitraum von 1948 bis 2017
betrachtet, wird eines schnell klar: Marktkorrekturen sind häufiger, als man
denkt. Selbst ein kurzfristiger fünfprozentiger Rückgang kann irritieren, doch
im Schnitt kommt es dazu etwa dreimal im Jahr. „Korrekturen um zehn Prozent
oder mehr sind ebenfalls überraschend häufig. Im Schnitt finden sie einmal
jährlich statt. Starke Verluste von 15 Prozent gibt es hingegen im Schnitt des
Betrachtungszeitraums nur alle 3,5 von 20 Prozent sogar nur alle 6,3 Jahre“,
analysiert Braun.
Die Volatilität Anfang 2018 wurde vielleicht deshalb so intensiv registriert, weil die Kurse im Jahr zuvor nicht ein einziges Mal um fünf Prozent gefallen waren. Dabei war die Marktentwicklung 2018 wesentlich normaler als die 2017. Seit 1980 gab es nur vier Jahre ohne einen Verlust in dieser Größenordnung.
2. Meist erholen sich die Märkte innerhalb eines Jahres deutlich von
Korrekturen
In volatilen Zeiten mögen die Investoren pessimistisch sein, doch oft erholen
sich die Märkte schnell wieder. Obwohl im Schnitt einmal jährlich eine
zweistellige Korrektur stattfindet, lagen die Aktienmärkte in 31 der letzten 41
Kalenderjahre im Plus.
Investment-Experte Braun: „Oft sind die Erträge von Aktien nach einem starken Rückgang am höchsten – weil die Investoren dann glauben, dass der Markt überreagiert hat. Der durchschnittliche 12-Monats-Ertrag unmittelbar nach einem Kursrückgang von mindestens 15 Prozent beträgt daher 55 Prozent. Genau deshalb kann es sich oft lohnen, die Ruhe zu bewahren und den Kurs langfristig zu halten.“
3. Echte Baissen ohne nachfolgende Rezession kommen selten vor
In den letzten 50 Jahren galten nur acht der 36 Marktkorrekturen als Baissen,
also Rückgänge mit Verlusten von mindestens 20 Prozent seit dem letzten Hoch.
Die meisten Baissen fallen mit Rezessionen zusammen, die ebenfalls recht selten
sind. Ohne eine Rezession kann eine wachsende Volkswirtschaft für steigende
Unternehmensgewinne sorgen, die wiederum die Aktienkurse stützen.
Markteinbrüche ohne Rezessionen sind meist kürzer, und es kommt wesentlich
schneller zu einer Erholung als während einer Rezession.
Fest steht Christophe Braun zufolge, dass sich die USA zurzeit in der Endphase eines längeren Konjunkturaufschwungs befinden: „Meist beginnen Rezessionen aufgrund von Übertreibungen in einer sich überhitzenden Wirtschaft, und hierfür gibt es zurzeit erste Anzeichen. Steigende Unternehmens- und Staatsschulden, ein wachsender Schattenbankensektor, also die Zahl unregulierter Finanztransaktionen – und Unternehmen verschulden sich immer höher, um Dividenden ausschütten zu können, Aktien zurückzukaufen und andere Unternehmen zu übernehmen. Die Folgen der Zölle für den Welthandel und das Weltwirtschaftswachstum sollte man im neuen Jahr ebenfalls genau im Blick behalten.“
Zurzeit scheinen die Ungleichgewichte allerdings nicht groß genug, um die Wirtschaft kurzfristig aus dem Tritt zu bringen. 2020 könnte es aber zu einer gewissen Abschwächung kommen, schätzen unsere Volkswirte. Wenn die Geldpolitik weiter gelockert wird, könnten die Folgen der Ungleichgewichte aber auch erst später zu spüren sein.
4. Baissen sind im Vergleich zu Haussen relativ kurz
Eine Langfristperspektive kann Investoren helfen, Baissen richtig einzuordnen.
Seit 1949 ist der S&P 500 neunmal um mindestens 20 Prozent gefallen, mit
einem durchschnittlichen Kursrückgang um 33 Prozent. „Das mag schmerzhaft sein,
doch wenn man nur einen Teil des Durchschnittsertrages von 263 Prozent in der Hausse
verpasst, ist es vielleicht noch schlimmer“, so Braun.
Baissen dauern durchschnittlich 14 Monate, was nicht viel ist – eine Hausse dauert im Schnitt 71 Monate. Dies ist ein weiterer Grund dafür, warum Market Timing schwierig und meist nicht zielführend ist.
5. Volatilität kann die Folgen von Anlegerfehlern verstärken
Kaufe billig und verkaufe teuer – das ist eine der am häufigsten zitierten
Börsenregeln. Doch nicht selten tun die meisten Investoren das Gegenteil.
Deutlich wird dies am Beispiel der Nettomittelzuflüsse in US-Aktien seit Beginn
der Baisse 2008/2009.
„Als die Märkte 2009 auf den niedrigsten Stand seit über zehn Jahren fielen, haben die Investoren netto verkauft“, erklärt Braun. Weiter führt er aus: „Dies hielt selbst dann an, als sich die Märkte in den folgenden Jahren stark erholten. Erst 2014 wurden die Investoren wieder zu Nettokäufern. Doch bis dahin hatten sie einige der höchsten Erträge seit Jahren verpasst.“ 2017 und 2018 erreichten die Mittelzuflüsse neue Rekorde – rund acht Jahre nach Beginn der Hausse stiegen die Märkte auf Allzeithochs und waren sehr hoch bewertet.
„Abschließen kann man festhalten, dass Investoren im gegenwärtigen Umfeld die Entwicklungen aufmerksam verfolgen sollten, allerdings ist es wichtig, auch in kritischen Phasen den langfristigen Anlagehorizont nicht Doch das scheint nicht schwerwiegend genug, um in absehbarer Zeit eine Rezession auszulösen“, schließt Braun.
Diesen Beitrag teilen: