Die jüngsten Umfragen unter Unternehmen – insb. die Schnellschätzungen der Markit-Einkaufsmanagerindizes für Europa und die USA – zeichnen ein klares Bild:
01.07.2022 | 12:20 Uhr
die konjunkturelle Dynamik nimmt deutlich ab. Sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch bei Dienstleistern befinden sich die aggregierten Umfragewerte nur noch knapp oberhalb der Expansionsschwelle von 50 Punkten, ab der eine zunehmende Produktion für die kommenden Monate zu erwarten ist. Die derzeitigen Kern-Belastungsfaktoren sind wie gehabt explodierende Energie- und Rohstoffpreise, steigende Zinsen, stockende Lieferketten und daher fehlende Vorprodukte sowie massiv steigende Lebenshaltungskosten, die den privaten Konsum ausbremsen. Neu hinzu kam allerdings, die zunehmende Schwierigkeit der Unternehmen, die hohen Kosten an die Endverbraucher durchzureichen und dass der Zufluss an neuen Aufträgen ins Stocken gerät.
Für den weiteren Verlauf sind vor allem zwei Faktoren entscheidend:
In China hingegen deutet sich das konjunkturelle Licht zaghaft am Horizont an. Sowohl die jüngste Entscheidung der chinesischen Regierung, die Quarantänephase für Ankommende aus dem Ausland deutlich zu verkürzen, als auch die zunehmende Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, bspw. in Shanghai, lassen eine etwas gelockerte Umsetzung der nach wie vor maßgeblichen „NULL-COVID“-Strategie erkennen, die der Wirtschaft eine Erholung ermöglichen könnte. Passend dazu legten die chinesischen Einkaufsmanagerindizes sowohl für die Industrie als auch für Dienstleister zuletzt deutlich zu und überschritten jeweils die Marke von 50 Punkten. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, dürfte davon auch die weltweit stockende Containerabfertigung profitieren und wie schon einmal am Jahresanfang eine langsame Besserung der Lieferkettenprobleme starten, die wiederum auch der deutschen Industrie eine Produktionssteigerung ermöglichen würde.
Für Anleger bleibt die Situation nach einem historisch schlechten ersten Halbjahr an den internationalen Börsen damit vorerst sehr schwierig. Kurzfristig können aufgrund unberechenbarer politischer Entscheidungen, vor allem in Russland, massive weitere Belastungsfaktoren hinzukommen, die bestehende Abwärtstrends zunächst untermauern würden. Die globale wirtschaftliche Abkühlung dürfte jedoch auch den nachfrageseitig vorhandenen Inflationsdruck dämpfen und weiteren starken Zinssteigerungen den Boden entziehen. Das wiederum würde Realzinsniveaus anhaltend tief halten, wodurch die Nachfrage nach realen Anlagen steigen sollte. An den Aktienmärkten sind seit Mai positive Entwicklungen in China erkennbar, die sich mit einer Konkretisierung der anfänglichen wirtschaftlichen Erholung dort fortsetzen dürften.
Ihr Carsten Mumm
1 d.h. zwei Quartale hintereinander mit negativen Wachstum
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