Trotz der weltweit massiv steigenden Corona-Neufallzahlen halten sich die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen in Grenzen.
14.01.2022 | 11:07 Uhr
So zeigen Mobilitätsdaten für Freizeiteinrichtungen und Einzelhandel in verschiedenen Staaten Europas zwar einen nachlassenden Kundenverkehr an, allerdings fällt das Ausmaß deutlich geringer aus als im Zuge der restriktiveren Corona-Restriktionen im Vorjahreszeitraum.
Trotzdem stieg zuletzt der Anteil der sich selbst als existenzgefährdet bezeichnenden Unternehmen in Deutschland wieder auf 14 Prozent1 an. Im letzten Winter gaben allerdings rund 18 Prozent aller Unternehmen eine Existenzgefährdung an. Wie damals sind auch heute besonders Unternehmen aus den Dienstleistungssektoren Reisebüros, Veranstaltungen, Beherbergung und Gastronomie mit Werten zwischen 50 und 75 Prozent betroffen. In diesen Bereichen dürfte auch die Anzahl der Insolvenzen künftig steigen. Eine größere Welle von Unternehmensinsolvenzen ist aufgrund bestehender staatlicher Stützungsmaßnahmen, v.a. wegen der wieder steigenden Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes, nicht zu befürchten.
Bei den besonders die Industrie belastenden Engpässen bei Vorprodukten und Rohstoffen deuten erste sehr leichte Besserungstendenzen an, wenngleich die Gesamtsituation globaler Lieferketten nach wie vor extrem angespannt bleibt. Immerhin nahmen nach Angaben des Kiel Instituts für Weltwirtschaft die Abfertigungsstaus vor einigen großen Containerhäfen und die Gütermenge auf unbewegten Schiffen zuletzt ab. Vorerst sorgen bestehende Lieferkettenprobleme aber weiter für enormen Kostendruck in der Produktion, der über die Erhöhung von Endverbraucherpreisen deutlich inflationär wirkt. Diese Entwicklung wurde gemäß der Aussage des Fed-Präsidenten, Jerome Powell, auch von Notenbankern unterschätzt. Entsprechend deutete er an, im Falle weiterhin sehr hoher Inflationsraten auch die Leitzinsen anheben zu wollen.
Nachdem die Inflationsrate in den USA im Dezember auf 7 Prozent angezogen ist – obwohl die Energiepreiskomponenten auf Monatssicht sogar fallende Preise verzeichneten – dürften die entsprechenden Januar- und Februardaten damit einen entscheidenden Einfluss auf das weitere Vorgehen der Fed haben. Absehbar ist ein Ende der Wertpapierkäufe im März. Anhaltend hoher Preisdruck könnte in der Folge eine erste Leitzinserhöhung im März oder April nach sich ziehen. Immerhin stiegen die US-Produzentenpreise im Dezember nur um 0,2 Prozent verglichen mit dem Vormonat an (+9,7 Prozent verglichen mit dem Vorjahresmonat). Auch die Preiskomponente des ISM-Einkaufsmanagerindex deutet einen langsam nachlassenden Kostensteigerungsdruck an. Entlastend wirkten auch hier vor allem zwischenzeitlich nachgebende Rohölnotierungen. Vor allem aber bei den Löhnen zeigt sich ein anhaltend deutlicher Steigerungsdruck.
Der rasante Zinsanstieg bei US-Staatsanleihen seit Mitte Dezember schwächte sich entsprechend zuletzt leicht ab. Grundsätzlich ist aber in den kommenden Monaten inflationsbedingt mit weiter steigenden Renditen zu rechnen, zumal die Käufe der Notenbank wegfallen werden. Einerseits steigende Zinsen und andererseits leicht nachgebende Inflationsraten dürften dem außergewöhnlichen Auseinanderlaufen dieser beiden Werte im Jahr 2021 etwas entgegenwirken. Für Aktien muss dieses Umfeld nicht generell negativ sein, solange sich die erhoffte Dynamisierung der globalen Konjunktur im Zuge eines nachlassenden Einflusses der Corona-Pandemie und der Lieferkettenprobleme tatsächlich einstellt. Einzig Technologiewerte hätten gewisse Bewertungsabschläge bei steigenden Zinsen zu verzeichnen, wie die schwache Entwicklung des US-Technologieindex NASDAQ seit Jahresanfang verdeutlicht. Grundsätzlich werden aber einzelne Unternehmen des Sektors massiv von anstehenden staatlichen und privaten Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur und Dekarbonisierung profitieren.
1 Angaben des ifo-Instituts
Ihr Carsten Mumm
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