Der ifo-Geschäftsklimaindex wurde zuletzt weiterhin sehr schwach, aber leicht verbessert veröffentlicht. Die befragten Unternehmen beschreiben ihre aktuelle Lage derzeit als sehr schwierig, schauen aber weniger pessimistisch auf die künftigen Geschäftserwartungen.
25.11.2022 | 12:05 Uhr
Hintergrund dürfte die steigende Wahrscheinlichkeit einer milden Rezession in Deutschland – da die Gefahr einer Gasmangellage gesunken ist. Gründe hierfür sind gut gefüllte Lager, ein bisher mildes Winterklima und ein bisher unterdurchschnittlicher Gasverbrauch. Vor allem der Handel ist allerdings noch skeptisch und rechnet mit einem verhaltenen Weihnachtsgeschäft aufgrund inflationsbedingt gesunkener Kaufkraft privater Verbraucher.
Zudem deuten die im Oktober gesunkenen Erzeugerpreise für Deutschland eine bisher noch nicht erwartete stärkere Entlastung der Kostenseite von Unternehmen an. Wesentlicher preissenkender Faktor waren die mittlerweile deutlich nachgebenden globalen Rohstoffpreise. Die seit rund zwei Jahren bestehenden Lieferkettenprobleme nehmen im Zuge der globalen wirtschaftlichen Abkühlung deutlich ab. Die ab Frühjahr zu erwartende wirtschaftliche Stabilisierung und der folgende Aufschwung dürften dann ohne vergleichbare Verzerrungen der globalen Lieferketten erfolgen.
Die seit dem Jahresanfang zu beobachtende Preiskorrektur in allen liquiden Anlageklassen im Zuge deutlich gestiegener Zinsen und schwächerer Wachstumsperspektiven hat auch im Segment der Immobilien mittlerweile für Bremsspuren gesorgt. Dabei sind die Hypothekenzinsen noch viel stärker angestiegen als die Leitzinsen und Renditen von Bundesanleihen, dann Banken müssen nach Vorgabe der Regulierung Hypothekenkredite mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegen und ziehen ihre Kreditvergabestandards aufgrund steigender ökonomischer Unsicherheiten an. Viele Bauvorhaben wurden daher zuletzt storniert, weil angesichts erhöhter Finanzierungsbedingungen, die ohnehin auch aufgrund von Materialengpässen massiv gestiegenen Baukosten nicht mehr getragen werden können. Der breit gefasste vdp-Residential Real Estate Index gab daher im letzten Quartal erstmals seit Jahren leicht nach. In einzelnen Regionen und bei einzelnen Objekten wird jedoch bereits von stärkeren Preiskorrekturen im zweistelligen Bereich berichtet. Einer Studie des DIW Berlin zufolge sind im Bereich Wohnen Preiskorrekturen von etwa zehn Prozent zu erwarten.
Für die Baubranche bedeutet der Nachfrageausfall deutlich gesunkene Geschäftserwartungen in den kommenden Monaten, die wie in der Gesamtwirtschaft auch für steigende Insolvenzzahlen sorgen dürfte. Allerdings hat die Branche eine jahrelang sehr gute Baukonjunktur hinter sich, so dass viele Unternehmen gut kapitalisiert sind und die Schwächephase voraussichtlich gut überstehen werden. Denn es ist im Segment Wohnen nicht mit einer langanhaltenden Phase nachgebender Preise zu rechnen. Einerseits steigt derzeit das angesichts eines verbreiteten Wohnraummangels ohnehin sehr knappe Angebot in Deutschland nicht weiter. Zudem dürfte gerade in Ballungszentren die Nachfrage aufgrund eines anhaltenden Zuzugs weiterhin hoch bleiben. Auch demografische Effekte und die Folgen der Coronakrise, bspw. die erhöhte Tätigkeit im Homeoffice, sprechen für einen weiter steigenden Bedarf nach Wohnraum. Der jüngsten Gemeinschaftsdiagnose der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zufolge dürften sich die derzeit sinkenden Bauinvestitionen im Laufe des Jahres 2023 stabilisieren und im Gesamtjahr 2024 wieder positiv ausfallen.
Aus Anlegersicht ist die Preiskorrektur im Immobiliensektor der letzte Schritt im Zuge der Anpassung der Kapitalmärkte an ein wieder positives Zinsniveau. Weiter fallende Kurse und Preise sind in den kommenden Monaten nicht auszuschließen, dafür bestehen nach wie vor sehr viele Unsicherheitsfaktoren, in Europa vor allem der Ukrainekonflikt. Allerdings besteht die Aussicht auf weitere Besserung der Lage mit Blick auf das anstehende Frühjahr, ab dem auch globalwirtschaftlich wieder eine stärkere Wachstumsdynamik zu erwarten ist.
Ihr Carsten Mumm
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