Für das Winterhalbjahr ist in Deutschland von einer milden Rezession auszugehen, vor allem weil eine Gasmangellage und damit die Rationierung von Energie wohl vermieden werden kann.
09.12.2022 | 12:07 Uhr
Zwar ist der Gasverbrauch im November deutlich angestiegen und die Gaslagerbestände haben leicht abgenommen, weil der private Verbrauch im Zuge einer kälteren Witterung angezogen hat, aber der Gesamtverbrauch liegt trotzdem noch deutlich unterhalb der Vorjahresdurchschnittswerte.
Auch die Industrie verbraucht aktuell weniger Gas als in den Vorjahren, da einerseits auf andere Energieträger umgestellt werden konnte, andererseits aber auch Produktion wegen der gestiegenen Kosten eingestellt wurde. Wie eine Umfrage des ifo-Instituts belegt, konnten 75 Prozent aller befragten Unternehmen trotz Gaseinsparungen das Produktionsniveau aufrechterhalten. Allerdings mussten besonders energieintensive Branchen, wie bspw. die Herstellung von Druckerzeugnissen und Textilien, die chemische Industrie oder die Metallherstellung und -bearbeitung ihre Produktion teils deutlich drosseln. Diese Branchen dürften unter der Annahme künftig sinkender, aber voraussichtlich anhaltend erhöhter Energiepreise in den kommenden Jahren in Deutschland einen Standortnachteil haben und wenn möglich Produktionsstätten ins Ausland verlagern.
Sofern eine weitere drastische Eskalation des Ukrainekonflikts ausbleibt, sind die kurzfristig größten Risiken für die globale Konjunkturentwicklung in den USA und in China zu finden. Die US-Volkswirtschaft wird zunehmend durch den sehr steilen (Leit-) Zinsanstieg der vergangenen Monate ausgebremst. Untermauert wird dies durch das Absacken des Geldmengenwachstums (M2) auf nur noch knapp 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und die negative Zinsstrukturkurve mit deutlich höheren Zinsen bei kurzen als bei langen Laufzeiten. In China hingegen sorgen die hohen Corona-Neufallzahlen für Verunsicherung uns anhaltend restriktive Lockdowns, auch wenn die chinesische Regierung zuletzt erkennbar bemüht war, die Einschränkungen teilweise zu lockern. Die pandemiebedingten Belastungen dürften zumindest für einen sehr wachstumsschwachen Start in das neue Jahr sorgen.
Insgesamt sind die Perspektiven für die Kapitalmärkte im kommenden Jahr 2023 trotzdem positiv. Vor allem der Hauptbelastungsfaktor des laufenden Jahres, die Zinswende vieler Notenbanken weltweit und inflationsbedingt steigende Zinsen in allen verzinslichen Anlagesegmenten dürfte sich in 2023 nur noch stark abgeschwächt auswirken. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone ist im Laufe des ersten Quartals mit einem vorläufigen Ende der Leitzinserhöhungen zu rechnen. Zwar wird die Inflation im Zuge der derzeitigen wirtschaftlichen Abkühlung tendenziell sinken, aber negative Realzinsen dürften voraussichtlich noch jahrelang erhalten bleiben. Beim Wechselkurs des Euro im Vergleich zum US-Dollar gehen wir von einer Stabilisierung oberhalb der Parität aus. Damit wird die Nachfrage nach realen Anlagen, unter anderem Aktien und Gold hoch bleiben und die Kurse unterstützen. Hinzukommen sollte dann im Jahresverlauf eine weitere Verbesserung der Geschäftserwartungen der Unternehmen in der Erwartung einer wirtschaftlichen Stabilisierung.
Ihr Carsten Mumm
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