Mitte Dezember legte das Kiel Institut für Weltwirtschaft die aktuellen Konjunktur- und Inflationsprognosen vor.
20.12.2022 | 09:14 Uhr
Im Vergleich zum September wurden die Wachstumserwartungen
für Deutschland deutlich nach oben korrigiert – für 2022 um 0,5
Prozentpunkte auf 1,9 Prozent, für 2023 von -0,7 auf +0,3 Prozent. Für die
Inflation in Deutschland werden hingegen nur noch 5,4 Prozent im
Jahresdurchschnitt 2023 anstatt wie bisher 8,7 Prozent veranschlagt. Die
Weltwirtschaft dürfte im nächsten Jahr um 2,2 Prozent zulegen, unverändert zur
Septemberprognose.
Die deutlichen Revisionen der Erwartungen innerhalb von
nur drei Monaten belegen die außergewöhnlich hohe Unsicherheit
volkswirtschaftlicher Prognosen. Zudem zeigt sich in diesen besonders
bewegten Zeiten, dass Europa in den nächsten Monaten zu den Stabilisatoren
der Weltwirtschaft gehört. Aufgrund der Rezession im Winterhalbjahr starten
die europäischen Volkswirtschaften allerdings von einem schwachen Niveau aus.
Ein noch tieferer wirtschaftlicher Abschwung kann aber voraussichtlich
vermieden werden, weil eine Gasmangellage und damit Energierationierungen trotz
witterungsbedingt zuletzt stark gestiegenem Gasverbrauchs und unter 90 Prozent
gesunkener Gaslagerbestände in diesem Winter wohl vermieden werden können.
Entsprechend stiegen bei vielen Unternehmen die Geschäftserwartungen und sowohl
die S&P Global-Einkaufsmanagerindizes als auch der ifo-Geschäftsklimaindex
wurden leicht verbessert vermeldet.
Europa ist damit aber noch lange nicht die zugkräftige globale Konjunkturlokomotive, wie es China ab Mitte 2020 nach dem Corona-Einbruch der Weltwirtschaft war. Zu fragil sind derzeit die Aussichten in den USA, die im Zuge der Leitzinsanhebungen der Fed wohl in eine Rezession rutschen werden. Für den weiteren geldpolitischen Kurs sind die, in dieser Woche veröffentlichten, Daten für die Entwicklung der Preise für Waren und Dienstleistungen im Rahmen privater Konsumausgaben (PCE-Preise) besonders wichtig. Sollte der Preisanstieg wie erwartet deutlich niedriger ausfallen als im Vormonat, dürfte die Hoffnung auf den Beginn einer Leitzinserhöhungspause der Fed im Laufe des ersten Quartals untermauert werden und die Aktiennotierungen kurzfristig noch einmal beflügeln.
Vor allem aber
ist für die stark exportorientierte Industrie Europas die weitere Entwicklung
in China von Bedeutung. Nach dem Ende der Null-COVID-Strategie und der
zunehmenden Lockerung von Restriktionen zeichnen sich trotz verstärkter
Impfbemühungen bereits deutlich erhöhte Infektions- und Sterberaten sowie die
Überlastung von Krankenhäusern und Medikamentenengpässe ab. Bis der Höhepunkt
der Omikronwelle überschritten ist, dürften sowohl der Konsum als auch die
Produktion, die Importnachfrage und ggf. globale Lieferketten erheblich leiden.
Zwar wird parallel durch fiskalische Stützungsmaßnahmen versucht, den privaten Konsum zu stabilisieren, trotzdem könnte ein wachstumsschwaches erstes Quartal in China die für das Frühjahr erwartete dynamischere Wachstumsbelebung um einige Monate nach hinten verschieben und den Jahresstart an den Aktienbörsen turbulent werden lassen.
Ihr Carsten Mumm
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