Unternehmensstimmungsindizes, wie der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland oder die global für verschiedene Regionen erhobenen Markit-Einkaufsmanagerindizes zeichnen derzeit ein einheitliches Bild:
28.06.2022 | 09:17 Uhr
Die Wirtschaftsdynamik schwächt sich im Sommer deutlich
ab. Sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch im Handel und in der
Baubranche verharren die Geschäftserwartungen auf sehr niedrigen Niveaus. Neben
den bekannten Lieferkettenproblemen und Kostenexplosionen belastet auch ein
sinkender Auftragseingang die Perspektiven. Zudem können gestiegene Kosten nur
noch in geringerem Ausmaß an Endverbraucher durchgereicht werden, da deren
Budgets durch die stark steigenden Lebenshaltungskosten begrenzt sind. Gerade
in der deutschen Industrie wirft auch eine möglicherweise drohende Gasknappheit
ihre Schatten voraus. Sollte es zu Gas-Rationierungen im Winterhalbjahr
kommen, wäre spätestens dann eine Rezession in Deutschland nicht mehr
vermeidbar.
Nur ohne dieses Szenario und ohne Corona-Restriktionen ab
Herbst , könnte mit Unterstützung des noch vergleichsweise stabilen
Dienstleistungssektors ein leicht positives Wachstum erhalten bleiben. Sehr
deutlich wird der wirtschaftliche Bremseffekt derzeit auch in den USA, wo neben
der hohen Inflation vor allem die bereits stark gestiegenen Zinsen die private
Konsumnachfrage drücken. Letztlich kann aber genau dieser leichte
wirtschaftliche Abschwung einigen Druck aus dem hochkochenden Inflationskessel
ablassen.
Eine geringere Nachfrage entlastet angespannte Lieferketten und
relativiert zu geringe Produktionskapazitäten bei vielen Rohstoffen. Zudem wird
der vor allem in den USA stark gestiegene Lohndruck abnehmen. Erste Unternehmen
berichten bereits, dass freie Stellen wegen der unsicheren Geschäftsaussichten
nicht mehr nachbesetzt werden.
Damit entsteht die Möglichkeit, dass die Inflationsraten nicht nur kurzfristig ihren Höhepunkt überschreiten, sondern im zweiten Halbjahr sogar stärker als derzeit erwartet nachgeben könnten. Daraus resultierender, etwas geringerer Leitzinserhöhungsdruck wiederum wäre positiv für die Aktienmärkte, wie schon die ungewöhnlich gute Wertentwicklung von US-Technologieaktien in der letzten Woche gezeigt hat. Solange keine lang anhaltende und tiefe Rezession wahrscheinlich ist, eröffnen sich für Aktienanleger gute Chancen auf eine bessere Kursentwicklung im zweiten Halbjahr.
Ihr Carsten Mumm
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