DONNER & REUSCHEL: Mumm kompakt – Warum Donald Trump die US-Inflation im Blick behalten sollte

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL
Volkswirtschaft

Der rasante Anstieg der Verbraucherpreise war gemäß Umfragen das wichtigste Thema für Wählerinnen und Wähler bei den US-Präsidentschaftswahlen.

13.02.2025 | 13:19 Uhr

Donald Trump nutzte die Inflation für sich, indem er Joe Biden und Kamala Harris die direkte Verantwortung zuschob. Mit ihm als Präsident wäre die Inflation nicht so stark angestiegen, ließ er verlauten. 

Umso mehr sollte er als amtierender Präsident das Thema im Blick behalten – trotz des aktuell großen Fokus auf geo-, handels- und migrationspolitische Aspekte – sowie das Bemühen um die Reduktion der Staatsausgaben zusammen mit Elon Musk. Denn im Januar stieg die US-Inflation stärker als erwartet um 0,5 Prozent an und setzt den seit Juli letzten Jahres intakten Trend monatlich steigender Teuerungsraten fort. 

Deutlich höher sind neben einigen Energiekomponenten direkt für Verbraucher relevante Güter und Dienstleistungen wie Kfz-Versicherungen, Flugtickets, medizinischer Pflegebedarf, Wohnkosten und Nahrungsmittel ausgefallen. Statistisch irrelevant, aber sehr offensichtlich und emotional direkt spürbar ist besonders der Anstieg der Eierpreise um 15 Prozent im Monats- und 53 Prozent im Vorjahresvergleich. 

Die gesamte Inflationsrate stieg auf Jahressicht im Januar auf 3,0 Prozent und entfernte sich damit weiter vom Inflationsziel der Fed von 2 Prozent. Entsprechend wurden die Leitzinssenkungserwartungen des Marktes korrigiert auf nur noch einen Zinsschritt nach unten in diesem Jahr. Trump dürfte hingegen – trotz oder gerade wegen des zunehmenden Inflationsdrucks – noch vehementer sinkende Zinsen fordern und damit den Konflikt mit der Fed befeuern. 

Doch selbst wenn die Fed die Zinsen stärker senkt– was derzeit nicht absehbar ist – würden die Renditen von Staatsanleihen bei längeren Laufzeiten bei weiter steigender Teuerung voraussichtlich zulegen und die Refinanzierung von Krediten, Hypotheken und Anleihen verteuern, also wachstumsbremsend wirken. Anders als in der Eurozone bleibt die Inflation in den USA daher auch aus Kapitalmarktsicht ein wesentlicher Faktor. 

Entsprechend sollten Anleger in den kommenden Wochen die preisrelevanten Daten beachten, kurzfristig den Erzeugerpreisanstieg sowie Ende Februar die Preiskomponenten der Einkaufsmanagerindizes als wichtige Vorlaufindikatoren und die Entwicklung der für die Fed besonders maßgeblichen PCE-Preisindizes. Sollten auch diese das Bild eines weiter zulegenden Preisdrucks untermauern, dürften Marktzinsen und US-Dollar steigen und Kurse zinssensitiver US-Aktien belastet werden. Donald Trump könnte versuchen, die US-Leitzinsen selbst zu steuern oder die Berechnung der Inflationsstatistik zu beeinflussen – beides kaum denkbar.

Es ist daher gut möglich, dass er mittelfristig bei potenziell inflationstreibenden politischen Akzenten, wie der Anhebung von Zöllen oder der massenhaften Abschiebung von Migranten Abstriche machen wird, um das Wählervertrauen nicht zu stark zu beanspruchen.

Mit Tatsachen konfrontiert, werden die Gegner – von befreundeten Staaten kann angesichts dieser Methode keine Rede mehr sein – schon zu Zugeständnissen bereit sein, so sein vermutliches Kalkül. Im Falle Mexikos, das rund 80 Prozent seiner Exporte an den nördlichen Nachbarn liefert, scheint es geklappt zu haben. Neben der Ankündigung von Gegenzöllen ließ die mexikanische Präsidentin die militärische Präsenz an der US-Grenze verstärken, um den Drogenhandel einzudämmen. Die Reaktion aus Washington kam prompt: ein Aufschub der Zollerhebung um einen Monat, um zu verhandeln. Auch die Zölle gegenüber Kanada wurden mittlerweile aufgeschoben, um Zeit für Gespräche zu gewinnen. Das sind aus unserer Sicht die wichtigsten Folgen der Zoll-Strategie von US-Präsident Trump:

Zölle führen zu höheren Preisen: Es bleibt dabei, dass eine drastische Eskalation des Handelskriegs, vor allem mit den wichtigsten US-Handelspartnern Mexiko, Kanada und China sowie den Staaten der EU nicht ohne erhebliche negative Rückwirkungen auf Verbraucher und Unternehmen in den USA bleiben wird. Vor allem bedeuten Zölle direkte Preisanhebungen von Produkten in den USA. Um das zu verhindern, müssten die Produzenten aus dem Ausland in gleich großer Höhe ihre Absatzpreise senken, was angesichts der Höhe der Abgaben kaum realistisch ist. Auch ist es schwer vorstellbar, dass andere ausländische Zulieferer, die – noch – nicht von Zöllen betroffen sind oder einheimische Unternehmen als Hersteller für die verteuerten Importe einspringen. Aber auch in diesem Fall wären Preissteigerungen wahrscheinlich, da ein sinkendes Angebot auf eine gleichbleibende Nachfrage treffen würde.

Inflationsgefahr in den USA: Hohe Zölle würden aber auch über steigende Produktionskosten die Preise treiben. So werden zum Beispiel über die Grenze nach Mexiko viele Vorprodukte der Automobilindustrie im Zuge des Produktionsprozesses mehrfach transportiert. Der bürokratische Aufwand einer Zolleinführung nähme deutlich zu. Die verglichen mit Europa ohnehin noch höhere Inflation in den USA würde steigen und damit den empfindlichsten Nerv vieler Menschen in den USA treffen. Denn Umfragen vor der Präsidentschaftswahl im November belegten eindeutig, dass die hohe Inflationsrate noch vor der Migration das wichtigste Thema für die Wählerinnen und Wähler war. Trump hat die Schuld an den stark erhöhten Teuerungsraten seit 2021 immer wieder bei Joe Biden und Kamala Harris platziert. Führen die Zölle zu dem erwarteten Preisschub, würde ein Anstieg der Inflation folgerichtig Trump angelastet werden und zu einem schnellen Stimmungsumschwung führen.

Mögliche Turbulenzen an den Kapitalmärkten: Dass er sich einer möglichen inflationären Entwicklung bewusst ist, zeigt sein jüngster Appell, die entstehenden Unannehmlichkeiten durchzuhalten, weil sie letztlich dem großen Ziel eines stärkeren Amerika dienen würden. Es dürfte in den kommenden Jahren ähnlich erratisch bleiben, wie seit dem 20. Januar, der Amtseinführung Trumps, und damit auch immer wieder zu zwischenzeitlichen Turbulenzen an den Kapitalmärkten kommen. Ein ideologisch verblendetes Rennen ins Verderben ist allerdings unwahrscheinlich. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Trumps engster Regierungs- und Beraterkreis sehr an einer stabilen Wirtschaft interessiert sein dürfte. Europa sollte sich somit wappnen und darauf einstellen, neben protektionistischen Gegenmaßnahmen Deals zu ermöglichen, beispielsweise über den verstärkten Einkauf von Energie- oder Rüstungsgütern in den USA.

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