Wir werfen einen genaueren Blick auf die Auswirkungen einer polarisierten US-Wählerschaft auf die Makro- und Marktlandschaft.
28.10.2024 | 08:11 Uhr
Die Geschichte lehrt, dass die US-Wahlen für die Märkte meist nicht wirklich von Bedeutung sind. Wir sind jedoch der Meinung, dass es aktuell angesichts der zunehmenden politischen Polarisierung sehr wohl der Fall ist. Diese Uneinigkeit führt zu einer zunehmend polarisierten Politik und letztlich zu einer zunehmenden Spaltung in Gewinner und Verlierer.
Die wirtschaftlichen Grundlagen für die heutige Polarisierung wurden
in einer Achterbahnfahrt für die Amerikaner gelegt. Nachdem sich die USA
durch die Stagflation der 1970er-Jahre und die damit einhergehende
wirtschaftliche Malaise gekämpft hatten, kam es in den 1980er-Jahren zum
Zusammentreffen von Globalisierung, Technologie und Automatisierung,
und die Demografie begann sich durchzusetzen. Die Inflation ging zurück,
die Zinsen sanken und sowohl Aktien als auch Anleihen stiegen rasant
an.
Jahrzehnte, in denen der Kapitalmarkt hohe Erträge erzielte – insbesondere von den frühen 1980er-Jahren bis zum Platzen der Technologieblase –, bescherten den Kapitaleignern einen beachtlichen finanziellen Erfolg. Doch ein schmerzhaftes Nebenprodukt der globalisierten, technologie- und finanzgetriebenen Welt nahm Gestalt an: die rasch wachsende Vermögens- und Einkommensungleichheit. Der „kleine Mann“ – die untere Hälfte der Einkommensverteilung in den USA – entwickelte sich vom größten Gewinner in den drei Jahrzehnten vor 1980 zu einem Verlierer, der nach 1980 mehr als drei Jahrzehnte lang ein stagnierendes Realeinkommen hinnehmen musste.
Bei den jüngsten Wahlen, auch außerhalb der USA, boten die jeweiligen politischen Programme der Parteien unterschiedliche Rezepte zur Behandlung von Wohlstands- und Einkommensungleichheit an. Im nordwestlichen Quadranten der Abbildung unten konzentriert sich die populistische Lösung der Demokraten auf die Umverteilung des Reichtums großer Staaten. Im nordöstlichen Quadranten befindet sich das populistische Rezept der Republikaner, die Globalisierung zurückzufahren, die Grenze zu schließen und die Lieferketten ins Inland zu bringen.
Wenn wir die möglichen Wahlergebnisse im Jahr 2024 und die daraus
resultierenden politischen Maßnahmen bewerten, werden die möglichen
Nebenwirkungen wahrscheinlich ähnlich sein – mehr Schulden, höhere
Inflation und weniger effizientes Wachstum. Aus Wachstumssicht sind die
beiden größten Unwägbarkeiten das Schicksal des auslaufenden „Tax Cuts
and Jobs Act“ (TCJA) und der Zölle.
Bei einem Dreifachsieg der Republikaner (Präsidentschaft, Senat, Repräsentantenhaus, Abbildung) würde der TCJA wahrscheinlich vollständig verlängert, wobei weitere Kürzungen möglich wären, die das Wachstum ankurbeln würden. Allerdings könnte die Belastung durch potenziell höhere Zölle die Auswirkungen von Steuersenkungen ausgleichen. Bei einem Dreifachsieg der Demokraten würde der TCJA wahrscheinlich 2025 teilweise auslaufen, wobei höhere Steuern die höheren Ausgaben teilweise ausgleichen könnten. Beide Szenarien würden wahrscheinlich zu einer Nettoexpansion der Wirtschaft führen.
Ein demokratisches Weißes Haus und ein republikanischer Kongress würden sich wahrscheinlich neutral auf das Wachstum auswirken oder zu einem leichten Rückgang führen. Der TCJA könnte teilweise auslaufen, mit höheren effektiven Unternehmenssteuern. Die Ausgaben würden wahrscheinlich langsam steigen, neue Zölle sind unwahrscheinlich. Unter einem republikanischen Weißen Haus und einem demokratischen Kongress würde der TCJA wahrscheinlich teilweise auslaufen, weitere Steuersenkungen sind unwahrscheinlich und die Ausgaben sollten langsam steigen. Zölle sind in diesem Szenario die Unbekannte: Je höher sie ausfallen, desto stärker wird das Wachstum gebremst.
Was bedeutet das alles für Anleger? Unserer Meinung nach geht es
weniger darum, den Marktein- oder -austritt zu timen, sondern vielmehr
darum, die Portfolioallokationen zu steuern. In gewisser Weise sollten
Anleger ihre fundamentalen Ansichten mit politischen Überlegungen
überlagern und nach preiswerten oder kostenlosen Optionen suchen.
Ein moderates, aber positives Wachstum in Kombination mit sinkender
Inflation und Zinssenkungen führt tendenziell zu einer Unterstützung von
Risikoanlagen. Angesichts der historischen Konzentration der Indizes
gehen wir davon aus, dass sich die Ertragsmuster in Zukunft ausweiten
könnten. Dadurch entsteht Potenzial für aktives Management, um Erträge
zu steigern.
Unserer Meinung nach liegt der Schlüssel darin, sich auf Bereiche zu
konzentrieren, die aus makroökonomischer Sicht attraktiv sind und
wahrscheinlich von einem Führungswechsel profitieren würden, wobei unter
dem Status quo nur begrenzte bis keine Nachteile zu erwarten sind. Dazu
gehören Öl und Gas, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen und
Segmente mit hoher Dividende oder Dividendenwachstum. Bei Anleihen
scheint ein Inflationsschutz sinnvoll zu sein, ebenso wie ausgewählte
Kreditpositionen und die Nutzung einer wahrscheinlich steiler werdenden
Zinskurve.
Mit anderen Worten: Es geht darum, fundamental attraktive Marktsegmente ins Visier zu nehmen, die wahrscheinlich eine neutrale, vernachlässigbare oder positive Auswirkung von potenziellen politischen Maßnahmen nach der Wahl haben werden.
Lassen Sie uns einige dieser Bereiche näher betrachten, beginnend mit
dem Energiesektor. Die Ölförderung war von entscheidender Bedeutung,
als die USA als Nettoenergieimporteur Schwierigkeiten hatten, die
Produktion auszuweiten. Dank des Aufkommens von Schieferöl ist das Land
zum größten Ölproduzenten der Welt geworden und nahezu energieautark.
Bei der heutigen Förderung steht eher die Wirtschaftlichkeit als der
Kampf um Ressourcen im Vordergrund. Insgesamt glauben wir nicht, dass
sich die Pläne der großen Ölproduzenten nach der Wahl wesentlich ändern
werden.
Im Bereich der erneuerbaren Energien ist der „Inflation Reduction Act“
(IRA) eine Initiative der Demokraten, doch von der Schaffung von
Arbeitsplätzen profitieren traditionell republikanische Staaten. Das
schafft parteiübergreifende Unterstützung für die Fortsetzung der
Regelung, obwohl ein Führungswechsel im Weißen Haus zu teilweisen
Änderungen führen könnte.
Der IRA katalysierte Investitionen in alternative und saubere Energien,
und die Invasion Russlands in der Ukraine erhöhte die Dringlichkeit, die
Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und auf
Energiequellen umzusteigen, die klimafreundlicher und aus
wirtschaftlicher Sicht zunehmend wettbewerbsfähig sind.
Die Energiewende wird auch weiterhin Gewinner und Verlierer hervorbringen. Analysen und ein kritischer Blick sind Voraussetzungen für eine steigende Flut, die alle Boote anhebt. Schließlich werden einige Boote seetüchtiger sein als andere. Aktuell scheinen Bereiche wie Investitionen in das Stromnetz und die elektrische Infrastruktur Chancen für effektiv aufgestellte Unternehmen zu bieten.
Das Gesundheitswesen ist ein weiterer Sektor, der sich einer
einfachen Bewertung entzieht. Mit 17 % des US-BIP entfallen auf ihn
jährliche Ausgaben in Höhe von etwa 4,5 Billionen US-Dollar. Die
Arzneimittelkosten nehmen in den Diskussionen der Gesetzgeber viel Raum
ein, aber Krankenhausbesuche und Arzthonorare verursachen einen viel
größeren Teil der Ausgaben – zwischen 50 % und 80 % aller
Gesundheitskosten.
Trotz eines erheblichen Maßes an technologiegetriebener Effizienz sind
die Kosten im US-Gesundheitswesen enorm hoch und weiter gestiegen –
geplagt von geringer Preistransparenz und einem Mangel an
wertorientierten Zahlungssystemen. In gewisser Weise fehlt dem
Gesundheitssektor ein Pendant zum IRA als Katalysator für transformative
Investitionen. In diesem Umfeld sollten Unternehmen, die Wert schaffen
und die Fähigkeit besitzen, bessere Ergebnisse zu erzielen, florieren.
In einer von politischen Entscheidungen geprägten Branche bieten einige relativ isolierte Segmente spannende Chancen für die heutige Zeit. So hat die Robotik in der Chirurgie präzisere und weniger invasive Verfahren ermöglicht. Fortschritte in der Gentherapie, der Genom-Editierung und der Stammzelltherapie treiben die Innovation voran. Hinzu kommt der Einfluss der Technologie im Gesundheitswesen: Angesichts ihres Potenzials, die Effizienz zu steigern, sind wir der Meinung, dass sie für Wachstum gut aufgestellt ist.
In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.
Dies ist eine Marketing-Anzeige. Diese Informationen werden von AllianceBernstein (Luxemburg) S.à.r.l. gegeben, einer im Luxemburger Handels- und Unternehmensregister (R.C.S.) eingetragenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Luxemburg B 34 305, 2-4, rue Eugène Ruppert, L-2453 Luxemburg. AllianceBernstein S.à.r.l. unterliegt der Aufsicht durch die Aufsichtskommission des Finanzsektors (CSSF). Dies wird nur zu Informationszwecken angegeben und ist nicht als Anlageberatung oder Aufforderung zum Kauf eines Wertpapiers oder einer sonstigen Anlage zu verstehen. Die hier geäußerten Ansichten und Meinungen basieren auf unseren internen Prognosen und geben keine zuverlässigen Hinweise auf die zukünftige Marktperformance. Die Fondsanlagen können an Wert gewinnen und verlieren, und es kann vorkommen, dass die Anleger nicht den vollen angelegten Betrag zurückerhalten. Die Performances der Vergangenheit bieten keine Gewähr für zukünftige Ergebnisse.
Diese Informationen richten sich lediglich an Privatpersonen und sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
© 2024 AllianceBernstein L.P.
Diesen Beitrag teilen: