Der Wahlsieg von Donald Trump und den Republikanern ist nur ein Teil ihrer umfassenden Gelegenheit, ein stärkeres Wirtschaftswachstum in Gang zu setzen, das die Unternehmensgewinne beflügeln könnte. Stephen Dover, Head of Franklin Templeton Institute, teilt seine Beobachtungen nach den Wahlen.
21.11.2024 | 09:45 Uhr
Dieser Artikel wurde ursprünglich im LinkedIn-Newsletter „Global Market Perspectives“ von Stephen Dover veröffentlicht. Folgen Sie Stephen Dover auf LinkedIn, wo er seine Gedanken und Kommentare sowie seinen Newsletter mit globalen Marktperspektiven veröffentlicht.
Manchmal beeinflusst etwas Großes – oder etwas sehr Großes – die Märkte. Letzte Woche waren das die US-Wahlen. Die Republikaner unter dem designierten Präsidenten Donald Trump haben die Macht in Washington so fest im Griff wie nie zuvor in der Nachkriegsgeschichte der USA. Im Jahr 2025 werden sie das Weiße Haus, den Senat und das Repräsentantenhaus dominieren (die Mehrheit im Repräsentantenhaus muss noch bestätigt werden, ist aber nahezu sicher). Republikanische Kandidaten stellen bereits die Mehrheit im Obersten Gerichtshof der USA und sind in der Bundesjustiz zahlreich vertreten. Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass republikanische Mandatsträger die Behörden, die den bundesstaatlichen Regulierungsapparat bilden, in größerem Umfang als je zuvor bestimmen werden. Eine derartige politische Dominanz ist selten. Die Geschichte lehrt: Wenn eine Partei große Macht ausübt, treten bedeutende Veränderungen ein. 1933 nutzte Präsident Roosevelt seine weitreichenden Befugnisse, um den New Deal einzuführen. 1965 arbeitete Präsident Johnson mit Mehrheiten im Kongress, um die wichtigsten politischen Veränderungen in den USA seit dem Bürgerkrieg herbeizuführen. Er verabschiedete Gesetze zur Einrichtung von Medicare und Medicaid und setzte mit dem Voting Rights Act und dem Civil Rights Act wegweisende Gesetze in Kraft. Kein Präsident seither, nicht einmal Ronald Reagan, hatte die Gelegenheit, seine Agenda umzusetzen, wie es jetzt dem künftigen Präsidenten Trump offensteht. Anleger sollten das zur Kenntnis nehmen. Diese Wahlen waren keine gewöhnliche Abstimmung, und die Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Anlageportfolios werden wahrscheinlich ebenfalls außergewöhnlich sein. Als die Nachricht vom klaren Wahlsieg („Clean Sweep“) der Republikaner bekannt wurde, machte der US-Aktienmarkt am Mittwoch einen Sprung von 3 bis 4 Prozentpunkten. Ein Grund für diesen Anstieg war der Wegfall der Ungewissheit (vor allem in Form einer angefochtenen Wahl). Noch wichtiger war unserer Meinung nach jedoch, dass der US-Wirtschaftssektor bald eine Partei begrüßen wird, die zur Senkung der gesetzlichen und effektiven Körperschaftssteuersätze und zur Deregulierung weiter Teile der Industrie und des Dienstleistungsbereichs bereit ist. Zudem hat sie die Macht, dies ohne Einschränkungen durch eine starke Oppositionspartei oder mittels der Regulierungsbehörden, die die Politik umsetzen, zu tun. Im nächsten halben Jahr und vielleicht noch länger haben US-Aktien unseres Erachtens das Potenzial, zweistellige Renditen zu bringen. Die Impulse werden von einem stärkeren Wirtschaftswachstum und damit von Aufwärtskorrekturen bei den Gewinnen ausgehen, die durch finanzpolitische Anreize (Steuersenkungen ohne entsprechende Ausgabenkürzungen) und höhere Unternehmensinvestitionen aufgrund eines voraussichtlich günstigeren steuerlichen und regulatorischen Umfelds ermöglicht werden. Die Sektoren und Anlagestile, die am meisten profitieren dürften, sind Mid und Small Caps, Value, fossile Brennstoffe, Finanzdienstleistungen und Pharmazeutika. Kurz gesagt: Der US-Markt wird aufgrund einer Rotation weg von den wenigen Aktien, die für die Marktgewinne der letzten Jahre maßgeblich verantwortlich waren, hin zu einer breiteren Palette von Unternehmen und Branchen zulegen. Obwohl die Dynamik und der Enthusiasmus der Anleger Bullenmärkte fast immer in Extreme treiben, wird die von uns erwartete Verschiebung der Marktführerschaft durch konkrete Gewinnsteigerungen untermauert werden. Das sollte Anlegern unserer Ansicht nach zumindest bis in die erste Hälfte des Jahres 2025 hohe Renditen bescheren. Die Aussichten für Anleihen sind schwieriger und erfordern eine sorgfältige Auswahl der Engagements in der Anlageklasse. Der Grund dafür liegt in der Ausgangssituation: einer US-Wirtschaft mit Vollbeschäftigung. Die Wirtschaft wird wahrscheinlich bald einen erheblichen Anstieg der Gesamtausgaben (Gesamtnachfrage) verzeichnen, der auf Steuersenkungen und höhere Unternehmensinvestitionen zurückzuführen ist. Deshalb dürfte die Federal Reserve (Fed) die Zinsen unserer Einschätzung nach nicht so stark senken können, wie wir vor dem überraschenden Wahlausgang diese Woche erwartet hatten. Ein zunehmendes Wachstum in einer Wirtschaft, die nahezu an der Kapazitätsgrenze steht, rechtfertigt eine gewisse geldpolitische Zurückhaltung. Anleger haben ihre Erwartungen in Bezug auf künftige Zinssenkungen der Fed bereits zurückgeschraubt, und die Anleiherenditen sind im Steigen begriffen. Sollte eine kräftigere Wirtschaft, die sich Kapazitätsengpässen nähert, einen Inflationsschub auslösen, wird die Fed die Zinskürzungen nicht nur drosseln, sondern möglicherweise ganz einstellen. Sie könnte sich sogar in einer Position befinden, in der sie die Zinsen im nächsten Jahr anhebt. Dieses Ergebnis wird wahrscheinlicher, wenn der designierte Präsident Trump wie versprochen neue Importzölle erhebt oder gegen die Einwanderung vorgeht. Beides kommt einem negativen Angebotsschock gleich, der vor dem Hintergrund eines verstärkten Wachstums wahrscheinlich zu einer höheren Inflation führen würde. Daher halten wir es für sinnvoll, dass Anleger ihr Engagement in langfristigen Anleihen verringern (in Bezug auf die Duration bzw. die Zinssensitivität). Aber nicht alle Bereiche der Rentenmärkte werden durch eine stärkere Wirtschaft beeinträchtigt. Die Finanzlage von Unternehmen mit schwächeren Bilanzen oder Cashflows dürfte sich verbessern, was uns zu der Annahme veranlasst, dass die Märkte für Kredite mit kürzerer Duration und Private Credit Anlegern jetzt eine attraktive Ertragsalternative zu Staats- und Unternehmensanleihen mit längerer Duration bieten. Die Aussicht auf ein stärkeres US-Wachstum, steigende Aktienkurse und höhere Zinsen dürften wie ein Magnet wirken und Kapital aus dem Ausland in die USA locken. Die Zuflüsse in öffentliche und private Aktien- und Kreditmärkte werden wahrscheinlich zunehmen, wenn die Renditen in den USA unseren Erwartungen entsprechend in den meisten Anlageklassen gegenüber denen in anderen Regionen der Welt anziehen. Die Folge wird natürlich ein stärkerer US-Dollar sein. Dieser Newsletter befasst sich zwar vornehmlich mit den US-Märkten, aber auch auf den globalen Märkte werden Auswirkungen zu spüren sein. Wir erwarten Reaktionen von anderen Ländern, wenn die USA ihre Politik ändern. Das gilt insbesondere für Zölle, aber auch für Vorschriften, die Unternehmen zur Standortverlagerung in die USA bewegen könnten. Dieses Thema werden wir in künftigen Artikeln ausführlicher behandeln. Vorerst dürfte der US-Aktienmarkt seine Führungsposition unseres Erachtens behaupten. Kurzfristig können sich Anleger auf gute Renditeaussichten einstellen, da sich die Vermögenspreise an die Politik von niedrigeren Steuern und weniger Regulierung anpassen. Zudem rechnen wir in der kommenden Zeit mit robusten Renditen, die lange genug anhalten werden, damit Anleger noch vom „Trump Trade“ profitieren können. Dennoch weisen wir die Leser darauf hin, dass hohe Renditen in der Regel irgendwann mit einem höheren Risiko einhergehen. Die oben beschriebene Dynamik birgt Risiken, die Anleger in den nächsten Monaten unbedingt berücksichtigen und im Auge behalten sollten. Je mehr die Regierung Trump die Zölle anhebt, sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen der nationalen Sicherheit, desto mehr schränken diese Maßnahmen das Angebot ein und lassen die Preise steigen. Das wiederum könnte die Inflation in einer Wirtschaft anheizen, die aus allen Nähten platzt. Höhere Zölle werden auch die Vorleistungspreise für einige Branchen (z. B. das verarbeitende Gewerbe) in die Höhe treiben, was deren Rentabilität schmälern könnte. Das Gleiche gilt für die Einwanderung und möglicherweise die Abschiebung. Die Einwanderung trug in den letzten Jahren erheblich zum Arbeitskräfteangebot in den USA bei; ohne sie wären die Beschäftigungskosten in zahlreichen Branchen höher gewesen. Besonders die Lebensmittelpreise könnten auf deutliche Angebotsverschiebungen bei der Arbeitsmigration reagieren. Doch von allen Risiken für die Märkte erregt das Konfliktpotenzial zwischen dem Weißen Haus und der Fed wohl die größten Sorgen. Wie bereits erwähnt, könnten niedrigere Steuern und höhere Unternehmensinvestitionen in den nächsten Jahren zur Überhitzung der Wirtschaft führen, was Zinsanhebungen und einen stärkeren US-Dollar zur Folge hätte. Solche Ergebnisse möchten die meisten Präsidenten vermeiden, vor allem aber Präsident Trump. Schon jetzt gibt es Befürchtungen, dass es zu einem Zusammenstoß kommen könnte. Auf der Pressekonferenz des Offenmarktausschusses nach der Sitzung am Donnerstag musste sich der Fed-Vorsitzende Jerome Powell beispielsweise Fragen zu seiner Zukunft unter einer Regierung Trump stellen. Anleger vertrauen auf Institutionen, und keine ist wichtiger als eine unabhängige Zentralbank, die die Aufgabe hat, die Wirtschaft in Richtung Vollbeschäftigung und stabile Preise zu lenken. Anleger verlassen sich auch darauf, dass eine unabhängige Zentralbank bei finanzieller Instabilität entschlossen handelt. Anleger sind nur den Renditen und dem Fundament, auf dem sie beruhen, treu. Die ambitionierte Agenda des republikanischen „Clean Sweep“ lässt auf starke Renditen in unmittelbarer Zukunft hoffen. Die Aufrechterhaltung und Steigerung dieser Gewinne setzt jedoch voraus, dass die Anleger weiterhin darauf vertrauen, dass selbst die stärksten Ambitionen Grenzen respektieren müssen. Anleger begrüßen kräftiges Wachstum, niedrigere Steuern, ungehinderte Geschäftstätigkeit und steigende Gewinne. Die Märkte greifen diese Aussichten jetzt auf. Und werden es vermutlich zumindest noch eine Weile lang tun. WO LIEGEN DIE RISIKEN? Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, einschließlich des möglichen Verlusts des Anlagekapitals. Beteiligungspapiere unterliegen Kursschwankungen und sind mit dem Risiko des Kapitalverlusts verbunden. Die Risiken und die Volatilität bei Small Caps und Mid Caps sind größer als bei Large Caps. Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung (Large Caps) können je nach Markt- und Wirtschaftslage bei den Anlegern in Ungnade fallen. Internationale Anlagen sind mit besonderen Risiken verbunden. Hierzu gehören Währungsschwankungen sowie gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Unsicherheiten, die zu erhöhter Volatilität führen können. Diese Risiken sind in Schwellenländern noch größer. Anlagen in Unternehmen eines bestimmten Landes oder einer bestimmten Region können einer größeren Volatilität unterliegen als Anlagen, die geografisch breiter gestreut sind. Festverzinsliche Wertpapiere bergen Zins-, Kredit-, Inflations- und Wiederanlagerisiken sowie das Risiko eines möglichen Verlusts des eingesetzten Kapitals. Wenn die Zinssätze steigen, fällt der Wert von festverzinslichen Wertpapieren.US-Aktien: Aufwärtspotenzial durch Rotation
Anleihen: Verschiebung von Duration auf Kreditrisiko
US-Dollar: Trumps Stärke
Außerhalb der USA
Höhere Rendite, höheres Risiko
Die Konzentration von Anlagen auf die Sektoren Gesundheitswesen, Informationstechnologie (IT) und/oder technologiebezogene Branchen birgt viel größere Risiken im Zusammenhang mit ungünstigen Entwicklungen und Kursbewegungen in diesen Branchen als eine Strategie, mit der in eine breitere Palette von Branchen investiert wird.
Diesen Beitrag teilen: