AB: Europäische Anleihen – Bleiben Baranlagen nach der Zinswende dominant?
Anleger, die zu lange in Barmitteln investiert bleiben, gehen vielleicht leer aus.26.02.2024 | 07:36 Uhr
Ein herausforderndes wirtschaftliches Umfeld in Kombination mit historisch hohen Bargeldrenditen hat dafür gesorgt, dass zahlreiche Anleger risikoarme liquide Anlagen, beispielsweise Geldmarktfonds, bevorzugen (Abbildung).
Wir sind der Auffassung, dass sich die Risikolage für
Euro-Anleger gerade verändert. Falls Sie zu den vielen Anlegern gehören,
die dabei tatenlos zusehen: Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln. Dies sind die Gründe dafür:
Aufgrund der nachlassenden Inflation im Euroraum dürften Zinssenkungen
die Anleihenkurse in die Höhe treiben und die Bargeldrenditen
verringern. Anleger, die mutig genug sind, jetzt den Einstieg in
festverzinsliche Anlagen zu wagen, werden weiterhin hohe laufende
Erträge generieren und vielleicht auch in den Genuss von
Veräußerungsgewinnen kommen.
Unsere Analyse – auf Grundlage einer viele Jahre umfassenden
US-Datenhistorie – zeigt, dass es tendenziell zu Kapitalabflüssen aus
Geldmarktfonds kommt, wenn die Zentralbank eine Lockerung der
Geldpolitik einleitet. Davon ausgehend dürften sich unserer Ansicht nach
die Kapitalströme am Eurogeldmarkt bald umkehren, da Kapital in die
Anleihenmärkte umverteilt wird. In Anbetracht der äußerst hohen Summen,
um die es dabei geht, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die
Anleihenkurse haben.
Timing ist entscheidend, wenn man nicht leer ausgehen möchte
Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert auf Zinssenkungen zu und hat angedeutet, dass die Senkung der Zinssätze im Sommer beginnen könnte. Der Marktkonsens deutet darauf hin, dass es bereits im April Kürzungen geben könnte. Das Timing ist von Bedeutung, denn in der Vergangenheit kam es bereits vor einer ersten Zinssenkung zu einem Anstieg der Anleihenkurse. Die Anleger, die früh handelten, fuhren die größten Gewinne ein (Abbildung). Zurückhaltende Anleger mit Investitionen in Bareinlagen oder Geldmarkfonds, die die Zinsänderungen abwarteten, konnten nicht von den frühen Gewinnen profitieren.
Obwohl Geldmarktfonds derzeit attraktive Anfangsrenditen bieten können, handelt es sich bei ihren Basiswerten um kurzfristige Anlagen, und mit jeder Zinssenkung müssen die Erlöse bei Fälligkeit dieser Wertpapiere zu niedrigeren Zinsen reinvestiert werden. Durch eine Umschichtung in längerfristige festverzinsliche Anlagen können Anleger entsprechend ihren gewählten Anleihelaufzeiten dieses Wiederanlagerisiko aufschieben.
Die Renditen mögen überraschen, doch Asymmetrie begünstigt Anleiheinhaber
In einer von Unruhen geprägten Welt ist es wichtig, die
Abwärtsrisiken zu berücksichtigen. Die geopolitische Lage ist weiterhin
besorgniserregend, und globale Konflikte könnten einen Inflationsschock
auslösen, der die Zinsaussichten verändern würde. Die Inflation bei
Dienstleistungen und die damit verbundenen Lohnsteigerungen in der
Privatwirtschaft erweisen sich als hartnäckig; sie könnten den
politischen Entscheidungsträgern weiterhin Probleme bereiten und für
Aufwärtsdruck bei den Zinsen sorgen. Dennoch sind wir der Ansicht, dass
die potenziellen Abwärtsrisiken bei den Anleihenkursen durch die
gegenwärtig hohen Anleiherenditen gut kompensiert werden.
Unserer Analyse zufolge bieten die aktuellen Renditen einen ausreichend
großen Puffer, um die Auswirkungen eines möglichen Zinsanstiegs von 1%
weitgehend auszugleichen. Gleichzeitig sorgen sie im Falle einer
voraussichtlichen Zinssenkung von 1% für hohe einstellige Gewinne (Abbildung). Trotz der weiterhin bestehenden Risiken begünstigt diese Ergebnisasymmetrie die Inhaber von Anleihen.
Der Zeitpunkt ist entscheidend
Euro-Anleihen bieten derzeit im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit
sehr hohe Renditen, die erhebliches Potenzial nach unten haben und
attraktive Zuwächse generieren können. Die angeschlagenen
Volkswirtschaften der Euroländer können derweil die gegenwärtig hohen
Zinssätze nicht auf unbestimmte Zeit tolerieren. Die Frage ist letztlich
nicht, ob ein Ausstieg aus Baranlagen sinnvoll ist, sondern wann er es
ist.
Anleger können mit anhaltender Volatilität rechnen, da die Renditen in
den kommenden Monaten nach unten tendieren. Allerdings können sich
Anleger, die angesichts eines voraussichtlichen Nachfrageanstiegs nach
Anleihen und einer erwarteten Erosion der Bargeldrenditen jetzt handeln,
für hohe potenzielle Erträge positionieren. Deshalb ist genau jetzt der
richtige Zeitpunkt, auf festverzinsliche Anlagen umzusteigen, auch wenn
Baranlagen in der Vergangenheit die Welt regiert haben.
Der Autor dankt Fixed Income Product Manager Vishali Thakker für ihren wertvollen Beitrag zu dieser Arbeit.
In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.
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