abrdn Kommentar: Fed kann keinen Rückzieher machen
James McCann, Deputy Chief Economist bei abrdn, ordnet die bevorstehende letzte Notenbanksitzung der Fed in diesem Jahr wie folgt ein:14.12.2021 | 10:11 Uhr
„Bei dieser Sitzung geht es vor allem um
Jerome Powells neuen falkenhaften Kurs. Wir gehen davon aus, dass die
Fed ein schnelleres Tempo beim Tapering ankündigen wird. Das wichtigste
Signal dafür wird sein, dass die Zentralbank eine steigende Inflation
nicht länger tolerieren wird. Ein früherer Abschluss des Tapering ebnet
den Weg für eine schnellere Zinserhöhung seitens der Fed. Wir erwarten
daher, dass die Fed signalisiert, die Zinsen allein im Jahr 2022 dreimal
anzuheben. Solche Ankündigungen sollten die Märkte nicht beunruhigen.
Interessanter wird sein, welches Signal wir
bezüglich des Zinshöchststands erhalten. Derzeit gehen die Märkte davon
aus, dass die Fed die Zinsen auf 1,5 % anheben wird. Doch die Fed wird
wahrscheinlich aus mehreren Gründen einen höheren Zinssatz
signalisieren. Erstens sind die FOMC-Mitglieder im Durchschnitt der
Ansicht, dass der neutrale Zinssatz bei 2,5 % liegt. Das bedeutet, dass
ein größerer Straffungszyklus erforderlich ist, um die akkommodierende
Politik vollständig zurückzunehmen. Zweitens besteht die Möglichkeit,
dass die Fed sich dazu gedrängt sieht, die Politik über diesen neutralen
Zinssatz hinaus zu treiben, wenn sich die hohe Inflation in der
Wirtschaft verfestigt und stärker eingedämmt werden muss.
Fed-Präsident Powell könnte versuchen,
diese Botschaft abzumildern, indem er auf die Ungewissheiten beim
Zinshöchststand hinweist, und vor allem auf das uneindeutige Konzept des
neutralen Zinssatzes. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Märkte
einen politischen Fehler wittern. Finanzielle Belastungen im
Zusammenhang mit der geldpolitischen Straffung der Fed hat diese Politik
in der Vergangenheit zum Stillstand gebracht, wenn auch in einem
günstigeren Inflationsumfeld. Das Risiko besteht diesmal darin, dass die
Fed nicht das Gefühl hat, einen Rückzieher machen zu können, was zu
stärkeren Marktstörungen führen könnte."