abrdn: Trump 2.0 und die Schwellenländer
Im folgenden Kommentar analysiert Michael Langham, Economist, Global Macro Research bei abrdn, wie sich die politischen Entscheidungen von US-Präsident Donald Trump auf die Schwellenländer auswirken werden.23.01.2025 | 10:10 Uhr
„Bereits vor der Amtseinführung von Donald Trump haben Entwicklungen an den Finanzmärkten die Schwellenländer erheblich beeinflusst. Der stärkere US-Dollar und steigende Zinserwartungen in den USA führten zu Abwertungsdruck auf lokale Währungen und verschärften die Außenfinanzierungsbedingungen. Dies könnte den politischen Akteuren in Schwellenländern den Spielraum nehmen, ihre Volkswirtschaften in einem herausfordernden Umfeld aktiv zu stabilisieren.
Zentralbanken wie die Bank Indonesia, die der Währungsstabilität verpflichtet sind, könnten in den kommenden Monaten an ihre Grenzen stoßen. Der begrenzte Spielraum für weitere Zinssenkungen wird durch die verschärften externen Bedingungen zusätzlich eingeschränkt.
Die Risiken für die Märkte sind vielfältig: Einerseits könnte eine marktfreundliche Agenda der neuen US-Regierung risikobehaftete Anlagen stützen und den Dollar schwächen. Andererseits könnten steigende Handelsunsicherheiten und eine höhere Inflation in den USA die Weltwirtschaft belasten.
Viele Schwellenländer könnten jedoch weiterhin von den Spannungen zwischen den USA und China profitieren, die das Reshoring vorantreiben. Je härter die USA gegen China vorgehen, desto größer könnte die wirtschaftliche Abhängigkeit anderer Länder von den Vereinigten Staaten werden.
Mexiko könnte trotz Belastungen durch die von Donald Trump verschärfte Einwanderungspolitik von Chancen profitieren. Dank seiner engen Verflechtung in die US-Lieferketten ist das Land gut positioniert, um von Bemühungen zur Diversifizierung der Lieferquellen aus China und dem Trend zum „Nearshoring“ zu profitieren.
Der geopolitische Ansatz von Donald Trump hat weitreichende Auswirkungen auf Europa, den Nahen Osten und Asien. Ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland könnte zwar kurzfristig die Märkte stützen, wird aber voraussichtlich keine langfristige Lösung darstellen. Gleichzeitig dürften steigende Militärausgaben in europäischen Schwellenländern an Bedeutung gewinnen. Im Nahen Osten bleibt offen, ob Donald Trump die Spannungen entschärfen oder den Druck auf den Iran erhöhen wird.
In Asien werden die Taiwan-Frage und Sicherheitsfragen unter der Trump-Legislatur eine wichtige Rolle für die Marktvolatilität spielen, insbesondere in Ländern wie Taiwan und den Philippinen.
Die Auswirkungen von Donald Trumps Politik werden komplex und oft unerwartet sein. Doch die Schwellenländer haben bereits in der ersten Präsidentschaft von Donald Trump Widerstandsfähigkeit bewiesen und bieten Chancen für diejenigen, die ihre Strategien flexibel an äußere Schocks anpassen können.
Auch im Bereich der Handelspolitik stellen die Unsicherheiten, die sich aus den politischen Entscheidungen von Donald Trump ergeben, für viele Schwellenländer eine große Herausforderung dar. Auch über das Jahr 2025 hinaus wird es dabei sowohl Gewinner als auch Verlierer geben. Länder wie Mexiko und Vietnam, die große Handelsüberschüsse mit den USA aufweisen, sind neben China am stärksten von möglichen Strafmaßnahmen aus Washington betroffen. Beide Volkswirtschaften sind stark von Exporten in die USA abhängig und beziehen zugleich erhebliche Vorleistungen aus China, was sie besonders anfällig macht.
Ein weiteres Risiko stellt die potenzielle Abwertung des Yuan dar, die als Reaktion auf US-Zölle erfolgen könnte. Viele Schwellenländer könnten versuchen, die Auswirkungen höherer Zölle oder einer chinesischen Währungsabwertung durch eine Anpassung ihrer eigenen Wechselkurse zu kompensieren. Allerdings könnte dies neue Spannungen mit den USA hervorrufen, insbesondere Vorwürfe der „Währungsmanipulation“, die wiederum zusätzliche Zölle oder andere Handelsmaßnahmen nach sich ziehen könnten.
Hinzu kommt die Möglichkeit, dass die US-Politik unter Donald Trump auf einen schwächeren Dollar abzielt, was die Dynamik der globalen Handelsströme weiter verändern könnte. Eine Umlenkung chinesischer Exporte auf neue Märkte könnte für viele Schwellenländer disinflationäre Effekte haben. Gleichzeitig stehen Volkswirtschaften, die auf einem vergleichbaren Wertschöpfungsniveau wie China im verarbeitenden Gewerbe konkurrieren – etwa Thailand oder aufstrebende Volkswirtschaften in Europa mit starken Verbindungen zu deutschen Lieferketten – unter zusätzlichem Druck.
Die anhaltenden handelspolitischen Spannungen bringen für Schwellenländer sowohl Risiken als auch Chancen mit sich. Entscheidend wird ihre Fähigkeit sein, sich flexibel an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen und von Verlagerungen in den globalen Handelsströmen zu profitieren.“