„Anleihemarkt profitiert weiterhin von Geldpolitik der Notenbanken“

Trotz der ungelösten Haushaltsprobleme wächst die US-Wirtschaft. Europa hingegen befindet sich in einer Rezession und arbeitet daran, die (Neu-)Verschuldung abzubauen.

15.04.2013 | 11:55 Uhr

Ungeachtet der wieder steigenden Verschuldung der US-Haushalte zeigt sich der Credit-Markt in guter Verfassung. Sander Bus, Leiter des Credit Teams von Robeco, rechnet weiter mit einer ungebrochen positiven Stimmung an den Anleihemärkten. „Für die viel besprochene ‚große Rotation‘ unter den Anlegern – raus aus Anleihen, rein in Aktien – sehen wir bislang noch keine Beweise. Vielmehr fließt nach wie vor Geld in Anleihen“, so Bus, der vor allem technische Aspekte als die treibende Kraft für die Anleihemärkte sieht.

Nach Einschätzung von Robeco zeigen die weltweiten Fundamentaldaten ein gemischtes Bild: Für die USA dürfte 2013 das vierte Jahr in Folge sein, in dem das Bruttoinlandsprodukt um rund zwei Prozent zulegt. Mit Blick auf die fiskalische Bremse der US-Regierung ist das ein beeindruckendes Ergebnis. In Europa wird die Wirtschaft dagegen erneut schrumpfen. „Allerdings zeigen sich in Europa erste Hoffnungsschimmer. Beispielsweise durch verbesserte konjunkturelle Stimmungsbarometer wie den ifo-Index“, so Anleiheexperte Sander Bus, auch wenn die verbesserte Stimmungslage noch zu keiner konkreten Auftragszunahme geführt habe. „Zudem dürften Spanien, Portugal, Griechenland und Irland durch ihre niedrigeren Lohnkosten und strukturellen Reformen zukünftig besser in der Lage sein, hiervon zu profitieren“, so der Robeco-Experte. Erste Erfolge ließen sich bereits an der verbesserten Exportsituation der vier Länder ablesen.

Hinsichtlich der Geschäftspolitik der Unternehmen seien nach Einschätzung von Robeco in Europa und den USA deutliche Unterschiede erkennbar. In den USA sei die Risikobereitschaft bei Investoren und Firmen gestiegen – dafür sprächen das anziehende Übernahmegeschäft (Merger & Akquisition) oder die Aufnahme von Firmenkrediten. Europäische Unternehmen befinden sich dagegen – im Durchschnitt – noch im Einsparmodus und zeigen sich investmentscheu. Den Emerging Markets attestiert Bus auseinanderlaufende Entwicklungen. Während Staaten wie Brasilien, Russland und Indonesien erstmals nach Jahren leichtverdienten Geldes mit Problemen konfrontiert sind, zeigen sich kleinere Volkswirtschaften – Thailand, Malaysia oder Korea – weiterhin stark. Sorgenvoll blickt der Anleihespezialist jedoch auf die Blase am chinesischen Kreditmarkt, die auf ein schier unhaltbares Niveau aufgebläht scheint. „Angesichts der Rolle, die China inzwischen in der Weltwirtschaft einnimmt, dürfte ein Platzen der Kreditblase in China ernstzunehmende Auswirkungen auf die globale Wirtschaft haben“, warnt der Robeco-Experte.

Hochzinsanleihen – keine Anzeichen für einen verstärkten Ausfallzyklus

Einerseits dürften Anleiheinvestoren die nach Einschätzung von Robeco vorsichtigere Haltung der europäischen Unternehmen eher zu schätzen wissen, andererseits würde dieser positive Faktor jedoch von Europas größeren Tail-Risiken und dem fehlenden Gewinnwachstum (EBITDA) relativiert sein. Der Anleihe-Experte schätzt die Qualität europäischer Hochzinsanleihen unter dem Strich jedoch höher ein, als die von US-amerikanischen Papieren. Im Vergleich bewegen sich die Spreads in den USA und in Europa – bezogen auf Investment Grade- und Hochzinsanleihen – auf ähnlichen Niveaus. Robeco kommt zu dem Schluss, dass die Bewertungen zwar nicht durchgängig auf attraktiven Niveaus lägen, es jedoch durchaus noch Wertpotenzial gibt. Ein noch vielversprechender Sektor sei beispielsweise der Finanzsektor. „Das Bankensystem hat seine Kapitalquoten enorm erhöht und damit seine Schuldnerqualität verbessert. Und in den kommenden zwei Jahren wird sich dieser Trend fortsetzen“, urteilt Bus. „Ein Blick auf Hochzinsanleihen zeigt noch keine Anzeichen für einen verstärkten Ausfallzyklus. Die anhaltende Renditesuche von Anlegern deutet auf ein weiteres Jahr mit zumindest stabilen Kursen und Renditen in Höhe der Zinskupons hin.“

Dagegen vermeidet Robeco Investment Grade-Papiere aus den Euro-Peripherieländern und gewichtet auch Unternehmensanleihen aus Schwellenländern nicht über.

Vom technischen Standpunkt aus betrachtet wurde vielfach über „die große Rotation“ spekuliert, den Wechsel vieler Anleger von Anleihen zu Aktien. „Auch wenn die Aussichten für Aktien wahrscheinlich intakt sind, haben wir noch keinen Beweis dafür gesehen, dass diese Umverteilung bereits stattfindet“, urteilt Bus, der die Sorgen über einen rapiden Zinsanstieg – ein möglicher Auslöser für Geldabflüsse – als überzogen einstuft. Schließlich habe die amerikanische Notenbank Fed angedeutet, dass die Zinsen höchstwahrscheinlich für mindestens zwei weitere Jahre auf niedrigem Niveau bleiben, in Europa und Japan womöglich sogar noch länger. „Die Aussicht auf weitere Jahre mit niedrigem Zinsniveau wirkt unterstützend auf die Anleihemärkte“, erläutert der Renten-Experte. „Die starken technischen Aspekte sind die treibende Kraft für die Rentenmärkte.“

Der Marktkommentar im pdf-Dokument

 

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