AXA: Die Angst vor systemischen Risiken ist zurück

Die aktuellen Unsicherheiten in den Emerging Markets haben die Anleger gehörig verunsichert und in die „sicheren Häfen“ zurückgetrieben. Haben wir es mit einem neuen Trend oder einem vorübergehenden Phänomen zu tun?

14.02.2014 | 10:34 Uhr

Robustes Wachstum in den Industrieländern

Trotz etwas uneinheitlicher Konjunkturdaten sehen wir die Weltwirtschaft dank einer weniger restriktiven Fiskalpolitik und eines solideren Privatsektors weiter im Aufwind. Gefahr droht allerdings von den aktuellen Turbulenzen in den Emerging Markets. Das Worst-Case-Szenario wäre etwa ein Ausfall im chinesischen Finanzsektor, der die Emerging Markets in die Krise stürzt, die sich ihrerseits über Handelsverbindungen (rund ein Drittel der Exporte der Industrieländer geht in die Emerging Markets), Finanzverbindungen (Industrieländerbanken sind in den Emerging Markets engagiert) und die dann unvermeidliche Verunsicherung (die das Investitionsklima beeinträchtigt) auf die Industrieländer überträgt. Wir gehen davon aus, dass die Verunsicherung in nächster Zeit die Oberhand über gute Nachrichten aus den Industrieländern behalten wird.

In den USA spricht jetzt mehr für ein etwas höheres Wachstum. Den unerwartet starken Einbruch des ISMEinkaufsmanagerindex im Januar schreiben wir der Extremwetterlage im industriellen Kernland zu. Wir glauben, dass der Produktionsrückgang wieder aufgeholt wird und die Verbesserung am Arbeitsmarkt, die leicht steigenden Löhne und die weniger restriktive Fiskalpolitik den Konsum – der 2014 mit +2,5% deutlich stärker zulegen dürfte als 2013 (+2%) – sowie die Investitionen stützen werden. Insgesamt dürfte das US-BIP 2014 um knapp 3% steigen, falls der Streit um die Schuldenobergrenze wirklich endgültig beigelegt wird.

Die letzte Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses unter Leitung von Ben Bernanke verlief ruhig und ohne Überraschungen. In Zukunft werden Investoren, Ökonomen und Strategen der Fed-Präsidentin Yellen lauschen, wenn sie ihre Zinsprognosen („Forward Guidance“) erläutert. Angesichts des in den nächsten Monaten zu erwartenden Rückgangs der Arbeitslosenquote auf die kritische Schwelle von 6,5% oder
darunter sehen wir drei Möglichkeiten: Frau Yellen könnte diese Schwelle auf 6% oder weniger senken, eine Inflationsuntergrenze definieren oder ein Ziel für die Beschäftigungsquote einführen. Diese ist nämlich seit ihrem dramatischen Rückgang 2009 trotz der sinkenden Arbeitslosenquote nicht wieder gestiegen.

Im Euroraum stimmen die Konjunkturdaten weiter zuversichtlich. Die ersten Schätzungen für das Wachstum im 4. Quartal 2013 fielen mit einer leichten Enttäuschung in Deutschland und einer positiven Überraschung in Spanien unterschiedlich aus. Die Konjunkturumfragen und Einkaufsmanagerindizes deuten auf eine leichte Konjunkturbelebung im Jahr 2014 hin, so dass wir mit einem guten Jahresanfang rechnen. Trotzdem bleiben wir bei unserer Prognose für 2014, nämlich einem moderaten Wachstum von 1,0%.

Zwei Entwicklungen lassen hoffen, dass die EZB nach ihrer überraschenden Zinssenkung im November erneut handelt. Erstens tendiert der EONIA infolge der rückläufigen Überschussliquidität im Bankensektor nach oben. Der EONIA hat zwar in den letzten Tagen korrigiert, doch wenn er seinen Aufwärtstrend wieder aufnimmt, könnte die EZB den Zielkorridor für ihren Refinanzierungssatz auf 0-10 Basispunkte senken. Zweitens ist die Inflation weiter auf dem Rückzug, was Mario Draghi in Davos zu einer Stellungnahme bewog. Er schloss Staatsanleiheankäufe als Mittel der Deflationsbekämpfung aus, stand dem Ankauf privater Vermögenswerte (z.B. Portfolios von Bankkrediten) aber aufgeschlossen gegenüber. Dem steht zwar der träge Verbriefungsmarkt entgegen, doch der könnte durch ein klares Signal der EZB zu neuem Leben erweckt werden. Generell erwarten wir 2014 eine aktive EZB, die mit gezielten Maßnahmen die Kreditvergabe ankurbelt.

Japan setzt seinen Erholungskurs fort. Dank der robusten Exporte und Konsumausgaben ist die Industrieproduktion im letzten Quartal 2013 um 1,9% gestiegen. Die Arbeitslosenquote sank von 4% im November auf 3,7% im Dezember, vor allem wegen 180.000 neuer Stellen im verarbeitenden Gewerbe. Die niedrige Arbeitslosigkeit, der politische Druck und die fiskalpolitischen Impulse wirken alle auf eine Erhöhung der Nominallöhne hin – dem fehlenden Glied in der Strategie der japanischen Notenbank, die Inflation auf 2% zu steigern. Die am 1. April anstehende Mehrwertsteuererhöhung dürfte das Wachstum im 1. Quartal beflügeln, aber dieser Vorzieheffekt – und seine vielleicht darauf folgende Korrektur – wird die Märkte und die Notenbank wohl kaum irritieren. Wir setzen weiter auf „Abenomics“ und halten den dritten „Pfeil“ der Strukturreformen für ein in sich geschlossenes Paket, das die fundamentale Verfassung Japans verbessern dürfte. Ein Risikofaktor ist indes die Sensitivität des Yen gegenüber den internationalen systemischen Risiken. Steigende Risiken – wie derzeit zu beobachten – treiben den Yen nach oben, was sich auf die Gewinne und Investitionen der Unternehmen negativ auswirkt.

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