Barings Head of Asian Equities im Interview

Ein Gespräch über das „neue“ Asien mit HyungJin Lee, Head of Asian Equities bei Barings und Investment Manager des Baring Asia Growth Fund und des Baring Eastern Trust.

11.04.2016 | 15:20 Uhr

Herr Lee, Sie sagen, dass Sie das „neue“ Asien gegenüber dem „alten“ Asien bevorzugen. Was meinen Sie damit?
Das neue Asien bezieht sich auf die nächste Generation von Unternehmen, deren Entwicklung sich in der gesamten Region abzeichnet. Solche Unternehmen haben ihren Ursprung in der wirtschaftlichen Entwicklung der Region und weisen die gleichen Merkmale auf, auch wenn sie sich in ihrer Art unterscheiden. Zu diesen Merkmalen zählen Qualitäten wie Unternehmergeist, Innovation und die Nutzung von Spitzentechnologie, um höherwertige Produkte und Dienstleistungen zu erschaffen und anzubieten. Unternehmen des neuen Asiens bauen auf diesen Wettbewerbsvorteilen auf, um noch bessere Geschäftsmodelle zur Erzielung eines langfristig stabilen Wachstums zu entwickeln. Viele dieser Firmen sind in strukturellen Wachstumsnischen aktiv, die über hervorragende langfristige Wachstumsaussichten verfügen, beispielsweise im Tourismus, dem Gesundheitswesen, der Bildung und im Beauty-Segment sowie bei zyklischen Konsumgütern und Grundbedarfsgütern.

Was macht das neue Asien so interessant?
Das neue Asien steht für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit. Unternehmen des neuen Asiens bieten einzigartige Wachstumsmöglichkeiten, die nicht von gesamtwirtschaftlichen Trends oder den Entwicklungen des breiteren Finanzmarkts abhängen. Viele dieser Firmen sind noch jung und wurden erst vor wenigen Jahrzehnten gegründet. Die Tatsache, dass die meisten Anleger diese Firmen nicht auf dem Radarschirm haben, ist für uns im Übrigen von Vorteil. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit, unentdeckte Anlagechancen aufzuspüren, die von anderen übersehen werden.

Haben Sie ein Beispiel hierfür?
Das beste Beispiel dürfte China liefern, als die Volkswirtschaft, die in den vergangenen Jahren den vielleicht größten Wandel durchlaufen hat und als die Wirtschaftskraft der Region gilt. Das Konsumverhalten des Landes hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt und wird sich auch zukünftig schnell weiterentwickeln. Wir beobachten viele Unternehmen in ihrem Bestreben, jene Chancen gewinnbringend zu nutzen, die sich durch das steigende Haushaltseinkommen des Landes ergeben. Laut Prognose von McKinsey steigt der Anteil der Haushaltsausgaben für Konsumgüter bis zum Jahr 2020 auf über 40% an. Dies spiegelt das höhere Einkommensniveau und damit den Übergang der Verbraucher weg vom Existenzminimum hin zu einem Mittelschicht-Lifestyle wider. Im Grunde fängt dies bei Grundbedarfsgütern wie Reis und Milch an und endet damit, dass sie einen Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung und hochwertigen Markenprodukten erhalten und Ersparnisse für die Bildung ihrer Kinder aufbauen können.

Welche Art von Unternehmen ist Ihrer Ansicht nach interessant?
Wir halten nach Firmen Ausschau, die über ein starkes Wachstumsmodell verfügen. Auf der Suche nach Investitionsmöglichkeiten filtern wir sämtliche Unternehmen und suchen nach Marktführern, die wettbewerbsfähige Produkte und Dienstleistungen anbieten und gleichzeitig über die passende Kombination aus Wachstums- und Qualitätsmerkmalen verfügen. Die beiden wichtigsten Faktoren sind meines Erachtens Beständigkeit und Zukunftsfähigkeit.
Als besonders interessant haben sich Unternehmen der Beauty-Branche und des Gesundheitswesens herausgestellt. Sie profitieren sowohl von einem Anstieg des verfügbaren Einkommens als auch von einer immer älter werdenden Bevölkerung. Durch die Kombination dieser beiden Faktoren gewinnt die äußere Erscheinung zunehmend an Bedeutung. Der Wert für schönheitschirurgische Eingriffe in China wird aktuell auf 400 Mrd. Yuan beziffert, also etwa 62 Mrd. USD. Den Erwartungen nach dürfte sich dieser Wert bis zum Jahr 2019 verdoppeln. Auch in Ländern wie Südkorea stieg die Anzahl der Medizintouristen aus ganz Asien stark an.
Ein weiteres Beispiel ist der Premiumtextilhersteller Eclat. Das taiwanische Unternehmen ist ein führender Textil- und Bekleidungszulieferer für internationale Marken wie Lululemon und Under Armour. Eclat partizipiert am Aufwind von funktioneller Sportbekleidung und ist vorteilhaft für ein starkes Umsatzwachstum positioniert, analog zum verfügbaren Einkommen der Konsumenten.

Welche Trends sind für Asien außerdem von Bedeutung?
Eine wichtige Rolle spielen Umweltfaktoren. Es herrscht ein intensiver internationaler Druck seitens der Regierungen zur Reduktion von Kohlenstoffemissionen. Infolgedessen stieg in Asien die Anzahl an Herstellern von Hybridfahrzeugen an. Elektrofahrzeuge sowie der Markt für Lithium-Ionen-Batterien gewinnen zunehmend an Bedeutung. Unsere Analysen haben ergeben, dass Nischenunternehmen in diesem Bereich die besten Wachstumsaussichten aufweisen, da sie sowohl national als auch international expandieren. Hota Industrial beispielsweise ist ein taiwanischer Autoteilehersteller, der seine Produkte an Elektrofahrzeughersteller wie Tesla Motors liefert. Das Unternehmen ist unserer Einschätzung nach gut positioniert, um von neuen Modelleinführungen zu profitieren, die sowohl von regulatorischen Anforderungen als auch der Verbrauchernachfrage getrieben werden.

Wie schätzen Sie die Investitionsaussichten für Asien insgesamt ein?
Unserer Auffassung nach haben Investitionen in Asien ein großes Potenzial. Die Unternehmen in der Region profitieren von dem „internen Wachstumsmotor“ in Form eines steigenden verfügbaren Verbrauchereinkommens, wie ich es nenne. Die von mir hervorgehobenen Unternehmen stellen lediglich einen Bruchteil des riesigen Potenzials dar, für das das neue Asien steht. Aus diesem Grund bin ich sehr optimistisch. Traditionelle Industrien sollten zwar nicht übersehen werden, allerdings werden sie unserer Einschätzung nach nur schwer das Maß an Innovation bieten können, das notwendig ist, um Verbrauchertrends einen Schritt voraus zu sein und ein langfristiges strukturelles Wachstum zu erzielen. In einem solchen Umfeld dürfte die Aktienauswahl zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Können Sie abschließend Ihren Investmentprozess beschreiben?
Wir sind ein aktiver Vermögensverwalter und durch unseren von unten nach oben gerichteten Investmentansatz können wir Unternehmen mit einem außergewöhnlichen Qualitätswachstum aufspüren. Um die sich bietenden Chancen zu nutzen, konzentrieren wir uns auf die Zusammenstellung von Portfolios, die innovative Unternehmen mit langfristigen Wachstumstreibern beinhalten, die die Kriterien unseres GARP-Qualitätsansatzes – GARP steht für „Growth at a Reasonable Price“ – erfüllen. Wir sind daher auf der Suche nach Wachstum und Innovation eindeutig auf der Unternehmensebene und nicht auf Branchenebene.

Lesen Sie hier das vollständige Interview im PDF-Format

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