Bellevue: Wirtschaftliche Ungleichgewichte in den Schwellenländern

Aktien von aufstrebenden Märkten blieben während etwa drei Jahren in Folge hinter denjenigen von entwickelten Märkten zurück. In den vergangenen zehn Monaten standen Anleihen und Währungen von Schwellenländern unter Verkaufsdruck.

05.05.2014 | 10:51 Uhr

Während der Billig-Geld-Politik im Westen sind in gewissen aufstrebenden Märkten wirtschaftliche Ungleichgewichte entstanden, die beobachtet und analysiert werden müssen. Wir sehen die kleinen Turbulenzen in manchen EM im Januar und Februar 2014 aber als Anfang eines notwendigen Anpassungsprozesses, der eher eine gute Gelegenheit zum Einstieg bietet denn ein grösseres finanzielles Unheil bedeutet.

Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte beruhen vorwiegend auf der Tendenz mancher aufstrebender Märkte, «über ihre Verhältnisse zu wachsen». Dies mündet oft in einem Leistungsbilanzdefizit, das durch hohe Auslandschulden finanziert und häufig von einer lockeren Geldpolitik und einer hohen Inflation begleitet wird. Hauptsächlich weisen die Türkei, Südafrika, die Ukraine sowie Argentinien und etwas weniger Brasilien, Indien und Indonesien einige oder alle diese Merkmale auf (vgl. Abb. 2). Um dem entgegenzuwirken, sind schwächere Währungen und höhere Kapitalmarktzinsen erforderlich, die zu einem langsameren Wirtschaftswachstum führen dürften. Hohe Auslandschulden, insbesondere bei ansteigenden globalen Zinssätzen, vergrössern die Schwierigkeit einer Anpassung weiter. Denn gemäss Reinhart und Rogoff besteht ein wesentliches Risiko eines Kreditereignisses, wenn die Auslandschulden eines Landes 30% des BIP übersteigen. Abbildung 2 zeigt, dass in beinahe allen osteuropäischen Ländern ein deutliches Risiko eines solchen Kreditereignisses besteht, während die entsprechenden Länder in Asien und Lateinamerika besser abschneiden.

Anpassungsprozess in Indien und Indonesien im Gang

Indien und Indonesien begannen den Anpassungsprozess im Sommer 2013 nach dem berühmten «Tapering»-Kommentar von Ex-Notenbankchef Ben Bernanke. Von Mitte Mai 2013 bis Ende Januar 2014 haben die IDR und die INR etwa 26% bzw. 14% an Wert verloren. In der gleichen Zeitspanne hat die indonesische Zentralbank ihre Leitzinsen um 175 Basispunkte in die Höhe getrieben und die indische Zentralbank hat den Repo-Zinssatz um 75 Basispunkte erhöht. Indiens Handelsbilanz Q1-Q3 FY2014 lag bei USD -110.04 Mrd., was etwa 25% tiefer ist als während derselben Periode in FY2013. Die indonesische Handelsbilanz war sogar noch besser. Indonesien gelang ein Sprung von einem Defizit von USD 0.8 Mrd. (September 2013) zu einem Überschuss von USD 1.5 Mrd. (Dezember 2013). Deshalb ist es möglich, dass die Währungen von Indien und Indonesien den Grossteil der harten Arbeit hinter sich gebracht haben. Die Türkei und Südafrika hingegen haben den Anpassungsprozess erst begonnen, wenn auch, wie im Falle der Türkei, auf eine sehr drastische Art und Weise.

Der vollständige Ausblick im pdf-Dokument

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