BNP Paribas: 2014 – zurück zur Normalisierung

Reinhold Knaus, Senior Economist bei BNP Paribas Investment Partners, schaut positiv ins neue Jahr, erwartet aber keinen Boom der Weltwirtschaft.

27.12.2013 | 11:45 Uhr von «Patrick Daum»

„Durchstarten – sonst geht es abwärts.“ Dies sagte Reinhold Knaus, Senior Economist und Portfoliomanager beim französischen Vermögensverwalter BNP Paribas Investment Partners, vor einem Jahr. Als FundResearch damals mit ihm sprach, stand insbesondere Europa am Scheideweg. Knaus scheint erhört worden zu sein. Vor allem an den Aktienmärkten purzelten die Rekorde. Doch nicht nur dort ging es bergauf. „2013 hat die Realwirtschaft deutlichere Fortschritte gemacht als die Finanzmärkte“, blickt Knaus zurück. Denn vor einem Jahr sah die Lage an den Märkten bereits recht positiv aus, die der Realwirtschaft hingegen nicht. „Wir sind dabei die Talsohle der Wirtschaft zu durchschreiten“, ist der Experte überzeugt. 2014 zeichne sich ein leicht höheres Wachstum ab als in diesem Jahr. Dennoch bleibe es niedrig, schränkt er ein. „Es wird 2014 keine Rezession geben. Aber auch keinen Boom der Weltwirtschaft.“ Impulse für die globale Entwicklung erwartet er vor allem von anziehenden Aktivitäten in den Industrieländern.

USA: „Fed wird Fuß vom Gas nehmen“

Da die Weltwirtschaft weiterhin anfällig bleibe für Schocks, werde die lockere Geldpolitik vorerst aufrecht erhalten bleiben. „Aber das ‚Tapering‘ wird beginnen“, so Knaus. Dann werde die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) beginnen, ihr Anleiheankaufprogramm zu drosseln. „Ein Ende der expansiven US-Geldpolitik ist aber nicht in Sicht. Die Zinsen werden nicht vor 2015 angehoben“, erwartet der Portfoliomanager. „Wenn man den Fuß vom Gas nimmt, macht man noch keine Vollbremsung.“ Von der designierten Fed-Chefin Janet Yellen erwartet er bedächtige und marktorientierte Kurskorrekturen. Zu Beginn des neuen Jahres werde es in den USA nochmal spannend. Denn im Februar geht der Haushaltsstreit in die nächste Runde. „Ein erneuter Flirt mit dem Chaos ist 2014 durchaus möglich“, meint Knaus. „Am Ende sollte sich jedoch wieder die Vernunft durchsetzen und die negativen realwirtschaftlichen Folgen begrenzen.“ Die Politik bleibe ein Risikofaktor und liefere der Fed zusätzliche Argumente für eine vorsichtige Haltung. Der BNP-Experte hält ein Wachstum von 2,5 Prozent im kommenden Jahr in den USA für möglich. „Wesentliche Wachstumstreiber werden anziehende Investitionen im Immobilienbereich und in den Unternehmen sein.“

Europa: „Das schlimmste liegt hinter uns“

Europa bleibt das Sorgenkind der Weltwirtschaft. „Aktuell ist die Stimmung besser als die Lage“, sagt Knaus. Doch es geht bergauf: „Die Rezession ist vorbei. Die Voraussetzungen für eine Erholung haben sich verbessert.“ Das leichte Wachstum im zweiten und dritten Quartal 2013 könnte zu einem zyklischen Impuls führen, der im kommenden Jahr mehr Wachstum bringt. Ein Ende der strukturellen Wachstumsschwäche in der Eurozone sieht Knaus allerdings nicht. „Aber die allgemeine Unsicherheit, die es noch vor einem Jahr gab, lässt nach.“ Die Spekulationen über ein Auseinanderbrechen des Euro beispielsweise seien verstummt. Aufgeschobene Ausgaben bei Konsumenten und Unternehmen könnten nachgeholt werden. Inflationsgefahr bestehe in Europa nicht, denn ein Lohndruck sei nicht zu erwarten. Die größere Gefahr gehe statistisch von der Deflation aus. „Nach der Leitzinssenkung im November sind weitere monetäre Impulse möglich“, glaubt Knaus. Eine erneute Senkung hält er aber nicht für effektiv.

„Das Schlimmste liegt hinter uns, aber die Krise ist noch nicht vorbei“, warnt er. Noch immer gebe es soziale Spannungen und politische Instabilität in vielen Ländern. Das Risiko einer Kreditklemme bestehe fort und 2014 stehe durch die Bankenunion eine neuer Stresstest für Banken an. Von der Politik fordert Knaus, die aktuelle Atempause zu nutzen. „Die Bankenunion könnte ein wichtiger Impuls in die richtige Richtung sein. Aber sie muss vor der Europawahl im Mai kommen, sonst verlieren wir ein Jahr.“

Emerging Markets: Normalisierung schreitet voran

In diesem Jahr erlebten die Schwellenländer einen Vertrauensverlust der Anleger. Das sollte nun vorbei sein. „Wir sind konstruktiv für die Emerging Markets“, meint Knaus. Sie normalisierten sich vermehrt. „Aber die Industrieländer werden 2014 mehr zur Wachstumsbeschleunigung beitragen.“ Seine Hoffnungen setzt der Ökonom insbesondere in China. Das Land scheine den Willen zu haben, seine Probleme (Demografie, Umverteilung, Eigentumsrecht) anzugehen. „Wachstumstechnisch erwarten wir von China aber keine Beschleunigung. Dennoch wird das Ergebnis positiv sein, da die Reformen den Wachstumsprozess nachhaltiger machen.“

Asset Allokation: Europa-Aktien besser bewertet als US-Aktien

Aktien waren 2013 die dominierende Assetklasse. Ein Ausblick für das neue Jahr ist nicht einfach, denn viel hängt von der Notenbankpolitik ab. „Sicher Anlagen im ‚risikolosen Zins‘ stellen zunehmend ein Risiko dar“, so Knaus. „Zinsänderungen sind aber auch ein Risiko für andere Assetklassen.“ Was sollen Finanzberater ihren Kunden in diesem Umfeld empfehlen? „Wir stehen Staatsanleihen im kommenden Jahr nicht negativ gegenüber“, drückt sich Knaus vorsichtig aus. Der Tiefpunkt bei den Kapitalmarktzinsen scheint zwar durchschritten. Das fundamentale Umfeld spreche aber für ein Anhalten der niedrigen Zinsen. „Bei Unternehmensanleihen ist der wesentliche Ertrag ähnlich wie bei Staatsanleihen über den Kupon zu erwarten und kaum noch von einer Spreadeinengung, trotz eines fundamental günstigen Umfelds“, meint der Portfoliomanager. „Die höheren Kupons erhöhen den Puffer gegenüber einem Zinsanstieg.“ Unternehmensanleihen seien aber aus absoluter Sicht nicht billig. Relativ hält Knaus das High-Yield-Segment für attraktiver.

2013 enttäuschte vor allem der Bereich Emerging Market Debt. Inzwischen sei er besser bewertet. „Wir sehen die Klasse positiv“, sagt Knaus. „Wir würden aber das Hard-Currency-Segment bevorzugen, denn es ist liquider als lokale Währungen.“ Aktien hält der Experte derzeit für leicht überbewertet. „In relativer Betrachtung ist Europa attraktiver als die USA. Das Ende der Rezession könnte noch Auftrieb geben, obwohl die Gewinn- und Wachstumserwartungen nur moderat ausfallen.“ Den Schwellenländern könnte das schwache Aktienjahr 2013 geholfen haben. Die relative Bewertung gegenüber den Industriestaaten habe sich deutlich verbessert. „Zweistellige Aktiengewinne halte ich 2014 für unwahrscheinlich“, prognostiziert Knaus. „Aber wenn, dann sind sie eher in den Schwellenländern möglich als in den USA.“

(PD)

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