BNP Paribas AM: Pflanzliche Lebensmittel – die Revolution der Nahrungsmittelindustrie?

Von der Nische zum Mainstream: Die Nahrungsmittelindustrie steht vor einem Umbruch. Technologie, alternative Proteine und pflanzliche Lebensmittel, sowie veränderte Verbraucherpräferenzen beschleunigen diesen disruptiven Trend. Erfahren Sie hier mehr über diesen Umschwung.

01.07.2021 | 07:05 Uhr

In einer Welt, in der sogar eine bekannte amerikanische Fastfoodkette vegane Hamburger verkauft, scheint eine neue Normalität eingetroffen zu sein. Wachsende Bedenken über die gesundheitlichen Folgen von zu viel Fleischkonsum, dessen Auswirkungen auf den Klimawandel und die Umwelt verstärken diese Entwicklung.

Diese tiefgreifenden Veränderungen in der Lebensmittelindustrie im nächsten Jahrzehnt sind fast unvermeidlich, führen aber auch zu Investitionsmöglichkeiten. Wir erkunden die Kräfte hinter dieser neuen Lebensmittelrevolution und untersuchen, ob pflanzliche Lebensmittel endlich zum Mainstream werden.

Was ist die Alternative?

Alternative Proteinprodukte, die konventionelles Fleisch imitieren, sind nichts Neues, haben aber bis vor kurzem ein Nischendasein in Supermärkten und Restaurants geführt. Doch technologische Fortschritte verbessern die Fähigkeit von pflanzlichen Lebensmitteln, mit tierischem Eiweiß in Geschmack, Beschaffenheit und Preis gleichzuziehen, und lösen damit eine Welle des Wachstums aus, die diesen noch relativ jungen Markt in den Mainstream katapultiert.

Die Verbraucher können nun durch Produkte, die auf Pflanzen, tierischen Zellen, Enzymen und anderen Organismen basieren, einen ähnlichen Genuss wie beim Verzehr von Fleisch, Eiern und Milchprodukten verschaffen. Diese Produkte werden oft mit sauberen, antibiotikafreien Methoden hergestellt und haben häufig einen geringeren ökologischen Fußabdruck als herkömmliche Methoden der Tierzucht.
Während Getreide und Gemüse die primäre Quelle für pflanzliche Proteine sind, untersucht die Forschung der Biomedizintechnik andere Quellen, wie z. B. kultiviertes Fleisch, bei dem Fleischprodukte im Labor aus Zellen gezüchtet werden, die aus tierischem Gewebe stammen; kultivierter oder zellulärer Fisch, der die Zeit beschleunigen kann, die Fische benötigen, um auf eine essbare Größe zu wachsen und eine sehr reale Lösung für die Überfischung bietet; sowie Entwicklungen bei Insektenproteinen und Algen.

Flexitarismus – die neue Normalität

Die Ausweitung und Verbesserung von Fleischalternativen fällt mit einer Zeit zusammen, in der viele Verbraucher, vor allem unter den jüngeren Generationen, versuchen, den Anteil an tierischem Protein in ihrer Ernährung zu reduzieren. Im Januar 2021 bezeichnen sich bei einer Weltbevölkerung von 7,9 Milliarden Menschen etwa 14 % der Menschen als Veganer oder Vegetarier 1. Obwohl diese Zahl relativ klein ist, wächst sie schnell – zum Beispiel wuchs der Anteil an Veganern in den USA um 600 % zwischen 2017 und 20182. Um den Bereich zu erweitern, gibt es eine wachsende flexitarische Bewegung, bei der die Verbraucher hauptsächlich vegetarisch leben, aber gelegentlich Fleisch oder Fisch essen.

Die steigende Nachfrage nach alternativen Lebensmitteln hat auch die Zahl der verfügbaren Produkte in die Höhe getrieben. 2018 stieg die Zahl der veganen Produkte in ganz Europa um 52 % im Vergleich zum Vorjahr3. Sogar McDonald’s verkauft jetzt einen McVegan-Burger, was darauf hindeutet, dass der Übergang von der Nische zum Mainstream in vollem Gange ist.

Bewusster Konsum

Der Trend zu mehr pflanzlicher Ernährung ist überall auf der Welt zu beobachten, auch in den Schwellenländern. Was also hat diesen Wandel ausgelöst? Die Besorgnis über die Behandlung von Tieren war schon immer der traditionelle Grund, kein Fleisch zu essen. Aber das wachsende Bewusstsein für die erheblichen gesundheitlichen Vorteile, die mit einer überwiegend pflanzlichen Ernährung verbunden sind, einschließlich eines geringeren LDL-Cholesterinspiegels und einer geringeren Wahrscheinlichkeit für koronare Herzkrankheiten, ist zu einem Schlüsselfaktor geworden. Ebenso wie das Besorgnis über die erheblichen Umweltauswirkungen – oder den „Hufabdruck“ – des Fleischverzehrs. Die Fleischproduktion trägt zum Klimawandel, zur Umweltverschmutzung, zur Abholzung der Wälder, zu Methanemissionen (die Viehzucht ist für 15 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich) und zum Verlust der Artenvielfalt bei4. Die Pandemie warf auch ein Licht auf die schlechten Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben, als das Covid-19-Virus durch solche Einrichtungen fegte, die Produktion störte und zu Lieferengpässen bei Fleisch führte.

Eine Umstellung der Ernährung auf Hülsenfrüchte, Bohnen und im Labor gezüchtete/vegane Fleischersatzprodukte kann dazu beitragen, den Treibhausgaseffekt zu reduzieren und ein ineffizientes und schädliches Lebensmittelsystem umzugestalten. Hersteller von Burgern aus alternativen Proteinen behaupten, dass der Kohlenstoff-Fußabdruck ihrer Burger 90% kleiner ist als der eines Burgers aus Rindfleisch, 87% weniger Wasser und 96% weniger Land verbraucht. In der Tat ist eine flexitarische Ernährung vielleicht eine, die wir alle annehmen sollten. Wissenschaftler legen uns nahe, dass wir, um den globalen Temperaturanstieg unter Kontrolle zu halten, den Fleisch-, Zucker, Milchkonsum reduzieren und mehr Grünzeug, Nüsse und Samen essen müssen.

Transformation der Lebensmittelindustrie

Die Boston Consulting Group prognostiziert, dass die Branche der alternativen Proteinindustrie bis 20355 siebenmal so groß sein wird und 11 % des gesamten Proteinmarktes ausmachen wird.

Ein solches Wachstumspotenzial dürfte den globalen Fleischmarkt verändern, der nach Angaben der Vereinten Nationen und der Weltbank derzeit rund eine Billion US-Dollar wert ist. Und ein Wandel ist dringend notwendig. Es wurde errechnet, dass die derzeitige Menge an Nahrungsmitteln bis 2050 nur die Hälfte der Weltbevölkerung ernähren wird. Initiativen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen und zur Begrenzung des Klimawandels werden diesen Trend voraussichtlich noch beschleunigen, ebenso wie die Einführung neuer Vorschriften zur Unterstützung der Landwirte bei der Umstellung von der Tierhaltung auf alternative Proteine.

Disruptive neue Marktteilnehmer

Diese Veränderung der Ernährungsgewohnheiten wird unweigerlich Chancen in der gesamten Wertschöpfungskette der Lebensmittelindustrie schaffen. Etablierte Lebensmittelhersteller und -verarbeiter müssen ihre Geschäftsmodelle anpassen, und der Lebensmitteleinzelhandel bietet einen besseren Zugang und eine bessere Sichtbarkeit für diese Produkte. Neue Marktteilnehmer setzen zudem disruptive Technologien wie synthetische Biologie, Big Data, KI, maschinelles Lernen und Robotik ein, um diesen Wandel voranzutreiben.

Beispiele für diese neuen Technologien sind das Engineering von Mikroben zur Produktion von tierischen Proteinen mittels synthetischer Biologie, die CRISPR-Technologie (Editieren von Genen innerhalb von Organismen) zur Verbesserung des Geschmacks von Obst und Gemüse sowie die Produktion von Fleisch durch zelluläre Landwirtschaft. Es werden auch pflanzliche Proteinquellen entwickelt, und Pflanzen können metabolisch so verändert werden, dass sie bestimmte Nährstoffe produzieren.

Darüber hinaus ist jetzt die Technologie verfügbar, um diese neuen und aktuellen Initiativen zu verfeinern und zu skalieren, was letztendlich zu einer Parität mit der traditionellen Fleischproduktion führen sollte – d. h., der Geschmack, die Beschaffenheit und der Preis alternativer Proteine werden denen von tierischen Proteinen sehr ähnlich sein.

Eine nachhaltige Investitionsmöglichkeit

Als ob die Aussicht, dass die Einnahmen aus alternativem Protein bis 2035 schätzungsweise 290 Milliarden US-Dollar6 erreichen werden, nicht schon genug wäre, um das Interesse der Investmentbranche zu wecken, bietet die Tatsache, dass der Sektor in Bezug auf seine Nachhaltigkeit so viele ESG-Kästchen abdeckt, einen weiteren Anreiz für das Interesse der Investoren.

Derzeit ist der Markt für pflanzliche Lebensmittel fragmentiert und besteht aus vielen kleinen Unternehmen. Diese Unternehmen ziehen jedoch bereits Risikokapital an und könnten auch attraktive Übernahmeziele für alteingesessene Unternehmen darstellen, die sich neu positionieren wollen, indem sie Fleischersatzmarken in ihr Geschäftsmodell einbeziehen. Laut der US-amerikanischen Forschungs- und Lobbygruppe für alternative Proteine, dem Good Food Institute, beliefen sich die Finanzmittel für Start-ups im Bereich alternative Proteine im Jahr 2020 auf insgesamt 3,1 Mrd. USD, gegenüber 1 Mrd. USD im Vorjahr7.

Erfreulicherweise macht das Wachstum des Sektors nicht nur die Lebensmittelversorgungskette nachhaltiger, sondern er wird auch widerstandsfähiger gegenüber gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schocks, da diese Werte voraussichtlich nur sehr wenig rezessions- und konjunkturanfällig sind – attraktive Investitionsattribute vor dem wirtschaftlichen Hintergrund der großen Instabilität.

Eine Lösung für eine Reihe von Problemen in der Welt

Pflanzliche Lebensmittel und alternative Proteine bieten eine Lösung für eine Reihe der drängendsten Probleme der Welt: Wie kann man eine wachsende Weltbevölkerung nachhaltig ernähren, wie kann man die Kohlenstoffemissionen, die durch die Lebensmittelversorgungskette entstehen, verringern, wie kann man gesundheitliche Probleme wie die zunehmende Fettleibigkeit angehen und wie kann man die ethischen Fragen der Massentierhaltung und des Tierschutzes angehen.
Der Wandel in der Lebensmittelindustrie wird disruptiv sein, aber Disruption schafft Chancen für diejenigen, die eine investigative Denkweise haben. Bei BNP Paribas Asset Management zielt unsere Strategie für nachhaltige Lebensmittel darauf ab, diejenigen Unternehmen aus der Lebensmittelbranche zu finden, die konkrete Lösungen für spezifische Umweltprobleme anbieten. Wir glauben, dass eine solche Strategie gut für sozial und ökologisch orientierte langfristige Investoren geeignet ist, die von Unternehmen profitieren wollen, die Lösungen entwickeln, um beispielsweise die Umweltverschmutzung zu reduzieren, den Klimawandel zu bekämpfen oder eine bessere Lebensmittelqualität zu liefern.

Das oben genannte Unternehmen dient nur zur Veranschaulichung, ist nicht als Aufforderung zum Kauf solcher Wertpapiere gedacht und stellt keine Anlageberatung oder -empfehlung dar.

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