Capital Group: Fünf Gründe für Anleger optimistisch zu bleiben
Angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der schwelenden Spannungen zwischen den USA und China und eines umstrittenen US-Präsidentschaftswahlkampfs sind viele Anleger weiterhin verunsichert. Aber es gibt auch positive Trends, die häufig von negativen Ereignissen überschattet werden. Matthias Mohr, Managing Director Financial Intermediaries Germany & Austria bei Capital Group, identifiziert fünf Gründe für Anleger, optimistisch in die Zukunft zu blicken.09.04.2024 | 11:21 Uhr
1. Die USA sind stärker als gedacht
Die erwartete Rezession habe sich in den USA nicht eingestellt. Trotz einer hohen Inflation und steigenden Zinsen sei das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um 3,3 Prozent gestiegen. Mohr glaubt, dass diese Entwicklung nachhaltig ist: „Der amerikanische Verbrauchersektor lässt weiterhin seine Muskeln spielen. Im Januar kreierte die Wirtschaft 353 000 neue Arbeitsplätze. Dazu stiegen die Löhne im Jahresvergleich um 4,5 Prozent – ein robustes Tempo, das sich wahrscheinlich verlangsamen wird. Dennoch können anhaltende, wenn auch moderatere Arbeits- und Einkommenszuwächse das Wachstum der Verbraucherausgaben weiterhin unterstützen. Auch die nachlassende Inflation dürfte das reale Einkommenswachstum, insbesondere bei Arbeitnehmern mit geringem Einkommen, unterstützen.“
Darüber hinaus scheine sich der US-Wohnungsmarkt angesichts sinkender Hypothekenzinsen zu erholen und es gebe erste Anzeichen für eine Belebung der verarbeitenden Industrie, da die Unternehmen damit beginnen würden, ihre Lagerbestände aufzufüllen. Auch die Bemühungen der US-Notenbank Fed, die Inflation zu senken und zeitgleich das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten würden dazu beitragen, dass die USA die Krise stärker überwunden habe, als zunächst angenommen.
2.
Künstliche Intelligenz (KI) wird Produktivität weiter steigern
Mit der Einführung von ChatGPT und anderen KI-Tools sei das enorme Potenzial,
das diese Technik für die Produktivitätssteigerung haben könne, offensichtlich
geworden. Es gebe bereits erste Beispiele dafür, wie KI für mehr Effektivität
in Unternehmen sorgen könne. Mastercard setze beispielsweise generative KI ein,
um die Mitarbeiterrekrutierung zu optimieren und Zahlungsbetrug zu erkennen.
Amazon nutze KI in seinen Amazon Go-Filialen, um den Verbrauchern zu
ermöglichen, Artikel mitzunehmen und über die Amazon-App zu bezahlen, ohne an
der Kasse anstehen zu müssen. Und Krankenhäuser würden mit Hilfe von KI
Verwaltungsaufgaben rationalisieren und so Personalengpässe
beheben.
„Natürlich überschätzen wir oft die kurzfristigen Auswirkungen neuer Technologien und unterschätzen ihre langfristigen Folgen. Für Anleger ist es wichtig zu unterscheiden, was ein Hype ist und was eine greifbare Investitionsmöglichkeit darstellt. Etwas mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung von ChatGPT ist KI jedoch nicht mehr nur ein Schlagwort“, resümiert der Experte.
3.
Weitere Aktien werden an Wert gewinnen
Im vergangenen Jahr hätten die Aktienmärkte überraschend robuste Rendite
erzielt. Zu einem überwältigen Anteil seien dafür die „Magnificent Seven“, also
Apple, Meta, Microsoft, NVIDIA, Amazon, Alphabet und Tesla, verantwortlich
gewesen. Die verbesserte wirtschaftliche Situation der USA dürfte laut Mohr
dafür sorgen, dass auch die restlichen 493 Unternehmen im S&P 500 an Wert
gewinnen. Die Analysten der Wall Street erwarteten in diesem Jahr ein gesundes
Wachstum an allen wichtigen Märkten.
„Es gibt in allen Märkten und Branchen Innovatoren, die Strategien zum Wachstum ihrer Unternehmen anwenden. In den USA verzeichnete der Klimaanlagenhersteller Carrier Global angesichts der Rekordtemperaturen in Regionen auf der ganzen Welt eine steigende Nachfrage nach seinen energieeffizienten Systemen. In Japan ist SMC ein führender Hersteller von Komponenten für die Fabrikautomation“, erklärt Mohr.
4.
Schwellenländer profitieren von Neuausrichtung des Welthandels
Die eskalierenden Spannungen zwischen den USA und China hätten für Zölle und
Handelsbeschränkungen gesorgt, welche sich negativ auf die weltweiten
Warenströme ausgewirkt hätten. Verstärkt worden sei dies durch die
COVID-19-Pandemie, die ernsthafte Schwachstellen in den Lieferketten aufgedeckt
habe, da Betriebsstillstände und Arbeitskräftemangel zu Engpässen und
Verzögerungen geführt hätten. Mohr sieht in dieser Entwicklung jedoch auch
positives: „Der Welthandel ist nicht tot, er ist nur im Wandel. Um das Risiko
einer übermäßigen Abhängigkeit von einer einzigen globalen Lieferkette zu
verringern, entwickeln Regierungen und Unternehmen mehr Handelsbeziehungen,
viele davon regional.“
Gerade für Schwellenländer würden diese Veränderungen Chancen bieten. So habe Mexiko China als wichtigsten Handelspartner der USA abgelöst. Das Land profitiere dabei von niedrigeren Arbeitskosten, reichlich im Land vorkommenden natürlichen Ressourcen und der geographischen Nähe zu den USA. Mohr glaubt, dass ähnlich wie Mexiko auch andere Schwellenländer, wie etwa Indien, Thailand, Indonesien oder Singapur, von der Umstrukturierung globaler Lieferketten profitieren könnten.
5.
Große Innovationen im Health Care Bereich
„Pharma- und Biotechnologieunternehmen sind in den letzten Jahren in ein
goldenes Zeitalter der Arzneimittelentdeckung eingetreten, indem sie Therapien
für ein breites Spektrum wichtiger Krankheiten entwickelt und Leben verlängert
und verbessert haben“, sagt der Experte. Viel Aufmerksamkeit hätten dabei die
neuen Medikamente zur Bekämpfung von Fettleibigkeit erfahren. Hinzu kämen
innovative Blutzuckermessgeräte mit eingebauter Insulinpumpe und die
berechtigte Hoffnung, dass mit Hilfe der genetischen Sequenzierung
zelltherapeutische Krebstherapien bald mit traditionellen Behandlungsmethoden
konkurrieren könnten.
Bei all der Aufbruchsstimmung im Gesundheitsbereich mahnt Mohr jedoch: „Innovation ist zwar ein wesentlicher Werttreiber im Gesundheitssektor, aber nicht alle Innovationen werden erfolgreich sein. Investoren müssen andere Faktoren berücksichtigen, darunter das Potenzial der gesamten Entwicklungspipeline eines Unternehmens, die Qualität des Managements und den potenziellen Markt für die Therapien.“