Carmignac: Besorgte Notenbanker, beruhigte Anleger
„Die Stagnation des Wachstums in der Eurozone führt dazu, dass man zu Schocktherapien greift, wo man versäumt hat, beizeiten zu handeln“, sagt Didier Saint-Georges, Miglied des INvestmentkomitees bei Carmignac.11.09.2014 | 14:06 Uhr
Das Auf und Ab an den Aktienmärkten in diesem Sommer war nichts Außergewöhnliches mehr. Wie inzwischen üblich, folgte auf den anfänglichen Rückgang unter dem Eindruck verschiedener Bedrohungen (diesmal die Verschärfung der geopolitischen Spannungen und das enttäuschende Wachstum in Europa) ein optimistischer Anstieg dank der anhaltenden Unterstützung der wichtigsten Notenbanker, die anlässlich ihres Jahrestreffens im Urlaubsgebiet Jackson Hole, Wyoming nochmals bestätigt wurde. Je mehr die Notenbanker zeigen, dass sie sich der Herausforderungen, die sie bewältigen müssen, durchaus bewusst sind, was dieses Mal insbesondere für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi gilt, desto eher gelangen die Anleger zu dem Schluss, das alles Notwendige getan wird und alles gut ausgeht. Welche globale Analyse ist also sinnvoll für den langfristig orientierten Anleger in dieser blauäugig-optimistischen Welt, in der der Deflationsdruck in Europa vor allem als gute Nachricht für alle Zinsprodukte aufgefasst wird?
Die Beurteilung der USA fällt nicht besonders schwer, da der wirtschaftliche Fortschritt mit Händen zu greifen ist. Es ist jedoch nicht so, dass die Wirtschaftsstatistiken vollkommen eindeutig wären: So zeigte sich im ersten, durch den Blizzard belasteten Quartal dieses Jahres, dass die offiziellen BIP-Wachstumsprognosen bis zu drei Mal korrigiert werden können, und sich jedes Mal ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen ergeben. Die wirtschaftliche Performance der Unternehmen spricht jedoch für sich: Die Analysten mussten ihre Jahresprognosen erneut anheben, nachdem große Unternehmen für das zweite Quartal einen Anstieg der Geschäftszahlen um durchschnittlich 4,4% und einen Anstieg der Ergebnisse um 9,3% ausgewiesen hatten. Diese Dynamik unterscheidet sich radikal von der Entwicklung in Europa, wo die Analysten im zweiten Quartal dieses Jahres im vierten Jahr in Folge ihre Prognosen für die Jahresergebnisse der Unternehmen nach unten korrigieren mussten. Die amerikanische Wirtschaft ist also weiterhin auf Erholungskurs, wenn auch mit schleppendem Tempo, was vielleicht sogar eine noch bessere Nachricht ist. Denn weil zum Glück für die Zinsmärkte die Konsumausgaben kaum steigen, der Wohnimmobilienmarkt nicht boomt, und obgleich die Arbeitslosenquote wieder fast bis auf 6% zurückgegangen ist, sind die Löhne bislang kaum gestiegen. Infolgedessen ist Janet Yellen in ihrer Rede in Jackson Hole zu Recht bei ihrer pragmatischen Einstellung geblieben,die sich darin äußert, das Tempo der geldpolitischen Normalisierung vorsichtig der Erholung der Wirtschaft anzupassen. Man sollte daran denken, dass die Herausforderung für Janet Yellen darin besteht, den Liquiditäts-Helikopter, den ihr Vorgänger Ben Bernanke als Reaktion auf die Krise seit Ende 2008 hatte steigen lassen (Senkung der Leitzinsen (Fed Funds) auf 0,25%, gefolgt von drei quantitativen Lockerungsrunden), wieder zu landen. Die Schwierigkeit, jederzeit in den kommenden zwölf Monaten perfekt zu steuern, ist nicht zu unterschätzen und veranlasst uns, das Risiko der Volatilität an den Märkten in den nächsten Quartalen aufmerksam im Auge zu behalten. Fundamental betrachtet bleibt der USAktienmarkt, gestützt von einer gesunden Realwirtschaft, einer unserer Favoriten auf globaler Ebene.