Commerzbank senkt Ölpreisprognose für 2014

Titel der Publikation: Reichliches Angebot dämpft weitere Ölpreisentwicklung
Veröffentlichung: 11/2013
Autor: Eugen Weinberg
Auftraggeber: Commerzbank (Website)
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Der globale Ölmarkt dürfte im kommenden Jahr reichlich versorgt sein, auch wenn die Nachfrage stärker steigt als 2013. Schieferölproduktion auf dem Vormarsch.

08.11.2013 | 10:37 Uhr

„Der Ölmarkt bleibt auch 2014 reichlich versorgt, was sich dämpfend auf den Ölpreis auswirken sollte“, erwartet Eugen Weinberg, Leiter Commodity Research bei der Commerzbank, in der aktuellen Studie „Reichliches Angebot dämpft weitere Ölpreisentwicklung“. Die globale Ölnachfrage im kommenden Jahr dürfte zwar etwas stärker steigen als in diesem Jahr. „Die Schätzungen der Internationalen Energieagentur IEA, der US-Energiebehörde EIA und der OPEC liegen bei einem Nachfrageanstieg um 1,0 - 1,2 Millionen Barrel pro Tag, nach knapp eine Million Barrel pro Tag im laufenden Jahr“, so Weinberg. Das Angebot außerhalb der OPEC soll laut IEA aber um 1,7 Millionen Barrel pro Tag steigen und damit den erwarteten Nachfragezuwachs um ca. 600.000 Barrel pro Tag übertreffen. EIA und OPEC lägen mit ihren Schätzungen zwar etwas darunter. Keine der drei Agenturen erwarte allerdings, dass die globale Nachfrage 2014 stärker steigen wird als das Angebot von Nicht-OPEC-Ländern. Letzteres wäre allerdings nötig, damit sich der globale Ölmarkt einengt.

Nicht-OPEC-Angebot steigt 2014 stärker als globale Ölnachfrage


Der wichtigste Grund für das steigende Nicht-OPEC-Angebot liegt Weinberg zufolge in Nordamerika und hier insbesondere in den USA: „Die USA produzieren derzeit knapp acht Millionen Barrel Rohöl pro Tag. Das ist das höchste Niveau seit dem Frühjahr 1989 und gut 50 Prozent mehr als vor fünf Jahren.“ Der Anstieg der US-Ölproduktion erfolge viel schneller als erwartet. Die Produktionsraten hätten bereits heute ein Niveau erreicht, das die US-Energiebehörde noch im Frühjahr erst in knapp einem Jahr in Aussicht gestellt hatte. Als Haupttreiber der Angebotsausweitung sieht der Commerzbank-Experte die Schieferölproduktion in der Bakken-Formation in Nord-Dakota und im Eagle Ford in Texas. „Beide Vorkommen zusammen machen inzwischen 25 Prozent der gesamten US-Ölproduktion aus. 80 Prozent des Anstiegs der US-Ölproduktion in den letzten zwei Jahren war auf diese beiden Bundesstaaten zurückzuführen.“ Der IEA zufolge werde die USA im Frühjahr 2014 zum weltgrößten Ölproduzenten aufsteigen, wenn man die bei der Erdgasproduktion als Nebenprodukt anfallenden Ölkondensate einbezieht.

Nicht-OPEC-Angebot: USA weit vorne (in Tsd. Barrel pro Tag)


Das resultierende Überangebot mache sich in einem sinkenden Bedarf an OPEC-Öl bemerkbar. „Laut Schätzung der IEA werden im kommenden Jahr nur noch durchschnittlich 29 Millionen Barrel pro Tag an OPEC-Öl benötigt“, weiß Weinberg. Dies bedeute einen Rückgang um 900.000 Barrel pro Tag gegenüber 2013. „Die EIA und die OPEC schätzen den Bedarf an OPEC-Öl im kommenden Jahr auf 29,6 Millionen Barrel pro Tag. Damit liegen alle drei Schätzungen jeweils deutlich unter der gegenwärtigen OPEC-Produktion von ca. 30 Millionen Barrel pro Tag.“ Sollte die Ölnachfrage nicht positiv überraschen oder es zu nicht vorhersehbaren Angebotsausfällen kommen, müsse die OPEC ihre Ölproduktion im kommenden Jahr deutlich kürzen, um den globalen Ölmarkt im Gleichgewicht zu halten.

Bedarf an OPEC-Öl sinkt (in Mio. Barrel pro Tag)


„Die OPEC hat ihre Ölproduktion zwar in den letzten zwölf Monaten bereits um ca. 1,5 Millionen Barrel pro Tag reduziert und im Oktober so wenig Öl produziert wie zuletzt vor zwei Jahren“, erläutert Weinberg.  „Diese Produktionskürzungen waren aber größtenteils unplanmäßig und damit unfreiwillig.“ Angaben der EIA zufolge liegen die unplanmäßigen Produktionsausfälle in den OPEC-Ländern im Oktober bei knapp 2,3 Millionen Barrel pro Tag. Die Hälfte davon entfalle auf Libyen, wo anhaltende Streiks in den Exporthäfen und auf den Ölfeldern die Ölproduktion beeinträchtigten. Immerhin: Saudi-Arabien habe diese Ausfälle weitgehend kompensieren können, indem es seine Ölproduktion seit August auf ein Rekordniveau von zehn Millionen Barrel pro Tag ausgeweitet hat. „Von Saudi-Arabien wird es daher weitgehend abhängen, das Ölangebot deutlich zu reduzieren, um das Überangebot vom Markt zu nehmen“, ist der Rohstoffexperte überzeugt. „Es könnten dabei Produktionskürzungen von bis zu zwei Millionen Barrel pro Tag erforderlich sein, wenn sich die Ölproduktion in Libyen wieder normalisieren sollte und falls nicht andernorts neue unplanmäßige Produktionsausfälle auftreten.“ Außerdem lägen Lockerungen der Ölsanktionen gegen Iran im kommenden Jahr im Bereich des Möglichen. Dann sei das Land zu weitreichenden Preiszugeständnissen gezwungen, was zu einem Unterbietungswettbewerb der Ölproduzenten im Kampf um Marktanteile führen könnte.

„Die genannten Faktoren machen einen Ölpreis von 115 US-Dollar je Barrel, welchen wir bislang für das Jahr 2014 erwartet hatten, unwahrscheinlich“, revidiert Weinberg die ursprüngliche Prognose. „Wir reduzieren daher unsere Jahresdurchschnittsprognose auf 106 US-Dollar je Barrel, wobei der Tiefpunkt zur Jahresmitte erreicht werden dürfte.“ Er geht jedoch nicht davon aus, dass der Ölpreis deutlich unter Druck gerät und für längere Zeit unter die Marke von 100 US-Dollar je Barrel fällt. Dem stünden die weiterhin vorhandenen geopolitischen Risiken entgegen, welche für latente Angebotssorgen sprächen und eine dauerhafte Risikoprämie auf den Ölpreis rechtfertigten.

Von der Nachfrageseite erwartet Weinberg keine großen Überraschungen auf die Preise. Sie dürfte weiterhin von den Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien getragen werden, während die Ölnachfrage in den Industrieländern eher weiter schrumpfen werde. „Für etwas Ungewissheit bei der Preisentwicklung sorgt die Geldpolitik der Zentralbanken“, sagt der Studienautor. „Es ist zwar davon auszugehen, dass die US-Notenbank ihre ultra-lockere Geldpolitik im kommenden Jahr schrittweise zurückführen wird. Allerdings konnten die Ölpreise vom seit Ende 2012 laufenden dritten Anleihekaufprogramm kaum profitieren, so dass eine graduelle Reduzierung der Anleihekäufe den Ölpreis nicht nennenswert belasten sollte.“ Hinzu komme, dass die globale Geldpolitik auch danach ausgesprochen expansiv bleibe. „Angesichts niedriger Zinsen und einer fallenden Brent-Terminkurve bleibt Rohöl für Anleger somit interessant.“

Ölpreis profitierte zuletzt nicht von lockerer Geldpolitik

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