Danske Invest: Stabiles, aber rückläufiges Wachstum gegen Jahresende

Jan Holst Hansen, Chefanalyst bei Danske Invest, ist gegenüber Aktien neutral eingestellt und erwartet eine Abnahme der Konjunkturtreiber.

07.11.2016 | 16:05 Uhr

Im Oktober legte die Weltwirtschaft unter anderem aufgrund der Unterstützung der Zentralbanken zu, und wir erwarten auf kurze Sicht eher eine Stabilisierung als ganz große Überraschungen. Ausgenommen davon ist jedoch die Präsidentschaftswahl in den USA, die zu Unsicherheit führen kann, wenn Donald Trump überraschenderweise als Sieger hervorgeht. Darüber hinaus macht uns die nachlassende Kreditvergabe im europäischen Bankensektor Sorgen, was ebenfalls dazu führen kann, dass die Unsicherheit wieder aufflammt.

Wenn wir aber die Entwicklung der Weltwirtschaft im Oktober und unsere künftigen Erwartungen betrachten, zeichnet sich unseres Erachtens ein Bild von gesamtwirtschaftlicher Stabilität ab. Die Zentralbanken verfolgen nach wie vor eine lockere Geldpolitik, das Wachstum wird weiterhin über dem Trend liegen und insgesamt wird die wirtschaftliche Entwicklung unserer Ansicht nach bis zum Jahresende für keine großen Überraschungen sorgen.

Das bedeutet auch, dass wir in Aktien neutral gewichtet sind. Die größten Sorgen bereiten uns amerikanische Hochzinsanleihen, deren Zinsen gesunken sind. Somit ist die Kompensation für das Ausfallrisiko gering, während sich die amerikanischen Unternehmen zunehmend verschulden. Deshalb haben wir die Gewichtung in Unternehmensanleihen in unseren Portfoliolösungen mit Benchmark auf globaler Ebene reduziert.

Im Gegensatz dazu gehen wir davon aus, dass Schwellenländeranleihen in Lokalwährung möglicherweise gute Aussichten haben, da einige Schwellenländer ihre Zahlungsbilanz verbessert haben und die Inflation in diesen Ländern vermutlich sinken wird.

Daher haben wir unsere Positionierung in Schwellenländeranleihen im Oktober aufgestockt und bleiben in allen Kundenportfolios in dieser Anlageklasse deutlich übergewichtet.

Die Weltwirtschaft: Unterstützung von den Zentralbanken

Im Oktober zeigten zahlreiche Wirtschaftsindikatoren über alle Regionen hinweg nach oben. Das Geschäftsklima verbesserte sich, der Arbeitsmarkt war robust und die US-Wirtschaft verzeichnete mit einem Plus von ca. 2,25 Prozent einen ansehnlichen Anstieg. Auch in Europa hat sich das Wachstum stark erholt und liegt nun in etwa auf dem gleichen Niveau wie in den USA. Zudem meldete China ein Wachstum von 7,4 Prozent für das dritte Quartal.

Im Oktober deutete vieles darauf hin, dass die Zentralbanken ihre lockere Geldpolitik fortsetzen werden, und die US-Notenbank (Fed) signalisiert nach wie vor, dass sie die Zinsen wahrscheinlich anheben wird, aber nur langsam. Das beruhigt die Anleger rund um den Globus.

In Europa gibt es Anzeichen dafür, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit Hochdruck daran arbeitet, das bestehende Aufkaufprogramm von Staatsanleihen zu verlängern. Auch das beruhigt die Anleger.

USA: Beschäftigung steigt stetig

Auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt ist die Arbeitslosigkeit weiterhin niedrig, und es werden immer mehr Jobs geschaffen, was die Kaufkraft der Verbraucher erhöht. Dieses Szenario kurbelt die Wirtschaft an und bildet die Grundlage dafür, dass die Zentralbank (Fed) die Zinsen erhöhen kann, obwohl die Löhne weiterhin nur moderat steigen.

Die US-Wirtschaft profitiert momentan auch vom steigenden Ölpreis, da im Energiesektor wieder mehr investiert wird. Somit wurde ein Großteil des Rückgangs von 2015 wieder wettgemacht, da der Ölpreis allmählich wieder steigt, und wir erwarten, dass die Fed im Dezember die Zinsen erhöhen wird.

Ob die Fed die Zinsen wirklich erhöht, hängt jedoch vom Ergebnis der amerikanischen Wahl am 8. November ab.

Die Umfragewerte deuten nach wie vor darauf hin, dass höchstwahrscheinlich Clinton das Rennen machen wird, aber falls wir überrascht werden und der Aktienmarkt negativ reagiert, gehen wir davon aus, dass die Fed die Zinserhöhung verschieben wird, um den Markt zu beruhigen.

Europa: Wachstum kann sich verlangsamen

Im Oktober übertraf die Wirtschaft in Europa unsere Erwartungen. Vor allem Deutschland hat überrascht, unter anderem aufgrund des steigenden Wachstums in einigen Schwellenländern und in den USA, was auch dem Gesamtwachstum in der Eurozone zugutekommt. Es gibt aber auch Anlass zu vorsichtiger Skepsis.

Leichte Sorgen bereitet uns der Bankensektor. Hier haben wir in letzter Zeit beobachtet, dass die Kreditvergabe an Unternehmen in der Eurozone sinkt. Kürzlich haben die Banken außerdem gegenüber der EZB verlauten lassen, dass sie ihre Kreditpolitik künftig nicht lockern werden.

Wir haben festgestellt, dass bei den Banken nicht mehr so sehr die Wettbewerbssituation im Mittelpunkt steht, sondern sie sich zunehmend auf ihre eigene Kapitalposition konzentrieren möchten. Während die Banken früher stark damit beschäftigt waren, mit einer Ausweitung der Kreditvergabe Marktanteile zu gewinnen, liegt der Fokus nun zunehmend auf Konsolidierung.

Das kann unserer Ansicht nach ein Symptom dafür sein, dass das Niedrigzinsniveau es den Banken schwer macht, Geld zu verdienen. Somit kann es passieren, dass sie künftig das Wirtschaftswachstum nicht mehr so stark unterstützen.

Auch die bevorstehende Wahl in Italien, wo aktuell alles darauf hindeutet, dass die Wähler die Möglichkeit für neue Reformen ablehnen, und die Sorge über den Fortschritt der britischen Brexit-Verhandlungen tragen dazu bei, dass die ansehnliche Wachstumsrate in Europa gegen Jahresende möglicherweise etwas nachlässt.

China: Immobilienmarkt kühlt sich ab

China erzielte im Oktober eine erfreuliche Wachstumsrate für das dritte Quartal, und es sieht so aus, als ob das Land somit sein Wachstumsziel von 6,5 Prozent in diesem Jahr leicht erreichen kann. Das Wachstum wird unter anderem dadurch gestützt, dass die Immobilienpreise in China weiterhin stark steigen, nicht nur in den größten Städten wie Shanghai oder Peking, sondern auch in den mittelgroßen chinesischen Städten. Die Konjunkturspritzen der Regierung scheinen damit auch außerhalb der größten Städte Wirkung zu zeigen, auch wenn sie in der Folge eingegriffen hat und die Kreditpolitik in 22 Städten aus Furcht vor Überhitzung gestrafft hat.

Wir erwarten künftig, dass die Regierung versuchen wird, den Immobilienmarkt zu stabilisieren und deshalb der Immobilienverkauf zurückgehen wird. Das wird auch zu sinkenden Wachstumsraten bei Immobilieninvestitionen führen und insgesamt zu einer Wirtschaft, die den Rest des Jahres etwas langsamer wachsen wird.

Die gute Nachricht ist, dass die Wachstumsraten im zweiten und dritten Quartal so hoch waren, dass die Regierung es sich leisten kann, die Wirtschaft etwas langsamer wachsen zu lassen und trotzdem sehr gute Wachstumsraten zu erzielen.

Dieses Gesamtbild für Oktober und darüber hinaus veranlasst uns dazu, Aktien neutral zu gewichten und unser Pulver nicht zu verschießen, falls die Nervosität am Markt zurückkehrt.

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