Der Produktionssektor ist stark, aber der Inflationsdruck steigt

Risikobehaftete Anlagen sind attraktiv, so Léon Cornelissen, Chefökonom bei Robeco, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt.

10.02.2011 | 15:25 Uhr


Der Optimismus gegenüber dem weltweiten Wirtschaftswachstum steigt, gestützt durch gute Daten aus dem Produktionssektor im letzten Monat. Daher bleibt das Financial Markets Research-Team bei seiner geringen Übergewichtung in Aktien und anderen risikobehafteten Anlagen, wie Immobilien und Hochzinsanleihen.

„Wir bleiben bei unserem positiven Blick auf die meisten risikoreichen Anlagen. Dabei bevorzugen wir jedoch aufgrund der wachsenden Spannungen in der Eurozone und der zunehmend strafferen Geldpolitik auf den Schwellenmärkten nur geringe Übergewichtungen", so Léon Cornelissen.

Zwei Nachteile, die größeren Übergewichtungen im Weg stehen
Sehen wir uns diese zwei Punkte einmal genauer an. Zunächst die Eurozone. Auch wenn die Spreads bei Staatsanleihen der Randstaaten auf dem europäischen Anleihenmarkt wieder zur Ruhe kommen, wenn auch auf höheren Niveaus, ist die Staatsschuldenkrise in der Eurozone noch nicht überstanden.

„Noch zeichnet sich keine strukturelle Lösung für die zugrunde liegenden Probleme ab. Das heißt, dass diese Problematik immer wieder auftauchen wird“, warnt Cornelissen.

Zweitens die striktere Geldpolitik auf den Schwellenmärkten. Das dramatische Wachstum auf den Schwellenmärkten verstärkt den Inflationsdruck, den die umsichtigen Macher der Geldpolitik nur ungern kompensieren.

China zum Beispiel erhöhte im Dezember die Zinsen, nachdem die Inflation im November 5,1% erreicht hatte. Die chinesischen Autoritäten sind natürlich besorgt über die Entwicklung der Inflation—aber das Wirtschaftswachstum bleibt die Priorität. „Daher erwarten wir, dass die kleinschrittige Politik der zusätzlichen quantitativen und qualitativen Sparmaßnahmen beibehalten werden wird“, so Cornelissen.

Tatsächlich sieht es so aus, als wenn ein Zinsanstieg allen BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien & China) in den kommenden Monaten bevorsteht. Langfristig gesehen könnten Aktien, die von dem niedrigen Zinsniveau profitiert haben, an Attraktivität verlieren, da höhere Zinsen auf Anleihen Investoren anlocken.

Optimistische Verbraucher hinter sich aufhellender US-Wirtschaft
Noch immer ist die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Straffung der Geldpolitik in den USA gering, obwohl die Wirtschaftserholung dort rasend schnell vonstattengeht. Die meisten der US-Wirtschaftsdaten, die in den letzten Monaten veröffentlicht wurden, entsprachen oder übertrafen die Erwartungen. Sie zeigen, dass die Wirtschaft im vierten Quartal an Dynamik gewonnen hat.

„Wie immer sind die Konsumenten ein Schlüsselfaktor hinter dieser Erholung“, beobachtet Cornelissen. Damit verweist er auf eine sinkende Sparquote und steigende Umsätze im Einzelhandel.

„Es gibt sogar Zeichen dafür, dass die Erholung der Nachfrage sich auf den Arbeitsmarkt auswirkt“, fügt er hinzu. Das bedeutet, dass die einzige Ausnahme in diesem Fluss positiver Nachrichten den Immobiliensektor betrifft. Und tatsächlich können weiterhin sinkende Immobilienpreise erwartet werden.

Gemischte Nachrichten von den entwickelten Märkten
Die Nachrichten auf jedem der großen entwickelten Märkten waren gemischt. Angeführt von Deutschland, prescht der europäische Produktionssektor nach vorne. Dennoch zeigt der Kontrast zwischen Frankreich und Deutschland auf der einen Seite und den südlichen Randstaaten auf der anderen keine Zeichen von Verringerung. Zudem gibt es kein Anzeichen für ein Abflauen der Staatsschuldenkrise.

In Großbritannien setzte sich die wirtschaftliche Erholung im vierten Quartal fort, da der PMI-Index für das verarbeitende Gewerbe im Dezember seinen stärksten Anstieg seit 16 Jahren verzeichnete. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Inflation hartnäckig hoch bleibt. Bis jetzt erscheint es unwahrscheinlich, dass die Bank of England die Zinsen in naher Zukunft anheben wird. Gründe dafür sind die hohe Arbeitslosigkeit und die Ungewissheit über die Auswirkung des strikten Sparpakets der britischen Regierung.

Und in Japan zeigt die im vierten Quartal durchgeführte Tankan-Umfrage, dass die Stimmung der großen Hersteller weniger stark als befürchtet gesunken ist. Dies ist vermutlich der Schwächung des Yen im November zu verdanken. Trotzdem sieht der Ausblick für das erste Quartal 2011 erneut düster aus.

Weiterhin positive Einschätzung der Aktienmärkte
Vor diesem Hintergrund bleibt das Financial Markets Research-Team bei seiner Übergewichtung in Aktien. Cornelissen merkt an, dass eine Neubewertung des Risiko/Rendite-Profils von Anleihen gegenüber Aktien aufgetreten sein muss. „Als Regel gilt, dass Anleihen nur mit geringen Risiken behaftet sind und nur geringe Renditen ausschütten“, sagt er. „In den letzten Monaten hat sich jedoch gezeigt, dass ein kleines Risiko nicht das gleiche ist wie kein Risiko. So haben Staatsanleihen aus Ländern, die nicht zum europäischen Kern gehören, große negative – aktienähnliche – Ergebnisse verzeichnet.“

Als Ergebnis davon sind einige Anleger vom Anleihengebiet, das sich durch niedrige Erträge auszeichnet, auf den Aktienmarkt, der sich durch höhere Erträge auszeichnet, gewechselt. „Das bedeutet nicht, dass es bei Aktien keine Risiken gibt. Aber da die Geldpolitik deutlich so ausgelegt ist, dass sie die Märkte mit üppiger Liquidität unterstützt, da die Weltwirtschaft sich auf einem stetigen – wenn auch unter dem Trend liegenden – Weg des Wachstums befindet und da die Erträge weiter steigen, ist klar, dass die mittelfristige Aussicht für Aktien positiv ist“, erklärt er.

Schwellenmärkte sind bei Aktien eine bevorzugte Region
Bei Aktien sind die Schwellenmärkte weiterhin die bevorzugte Region des Teams. „Wir erwarten, dass Nordamerika, Europa und die Pazifikregion in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten den Schwellenmärkten hinterherhinken werden“, sagt Cornelissen.

Was aber steckt hinter dieser Aussage? Der wirtschaftliche Ausblick für die Schwellenmärkte ist gut, wobei die Bewertung auch mehr oder weniger mit der der entwickelten Märkte übereinstimmt. „Das Momentum auf den Schwellenmärkten ist stärker, während Überalterung und Staatsschuld aus langfristiger wirtschaftlicher Perspektive keinen so negativen Einfluss haben wie auf entwickelten Märkten“, fügt er hinzu.

Zyklische Konsumgüter und Industriewaren bevorzugt
Das Team bevorzugt zyklische Sektoren gegenüber anderen Branchen. „Wir erwarten, dass Zykliker weiterhin gut abschneiden werden. In Anbetracht unserer Position im Wirtschaftskreislauf betrifft dies vor allem zyklische Konsumgüter und Industriewaren“, so Cornelissen.

Energie und Grundstoffe werden ebenfalls bevorzugt. Cornelissen führt an, dass die Gewinnprognosen für beide Sektoren ihre starken kürzlichen Performances verfehlt haben. „Da aber die Bewertung günstig (Energie) bis durchschnittlich (Grundstoffe) ist, sollte dies zu diesem Zeitpunkt keine echte Gefahr darstellen“, sagt er.

Staatsanleihen untergewichtet, aber kein dramatischer Ausverkauf erwartet
Die Untergewichtung des Team in Staatsanleihen hat sich vor Kurzem ausgezahlt, als US-Treasuries einen Ausverkauf um 100 Basispunkte anführten. Diese Verminderung resultierte aus steigenden Inflationsängsten, dem Mangel an jeglicher glaubhafter Aktion bezüglich der Defizitreduktion 2011 und Wirtschaftsdaten, die die Erwartungen übertrafen.

Aber auch unter diesen Umständen, so Cornelissen, gibt es keinen Grund für Anleihenhalter jetzt in Panik zu geraten. „Der US-Immobilienmarkt hängt noch immer in den Seilen, die Geldpolitik ist weiterhin sehr locker und die Kerninflation wird in den kommenden Monaten vermutlich nicht gerade stark nachlassen. Wir erwarten, dass der Ausverkauf der Treasuries nicht in diesem Maße fortgeführt wird“, sagt er.

Unternehmensanleihen immer noch bevorzugt
Das Team bevorzugt weiter Unternehmensanleihen anstelle von Regierungsanleihen. Spreads sind nach ihrem Ausverkauf im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise im Allgemeinen wieder gesunken. Der Rückgang der Spreads im Unternehmenssektor darf nicht als Faktor für die Entschärfung der Krise in der Eurozone gesehen werden“, warnt Cornelissen. „Sie hat sich nämlich noch nicht entschärft.“

Mit dieser Warnung im Hinterkopf findet das Team noch immer, dass Unternehmensanleihen attraktive Risiko/Rendite-Charakteristika bieten. Das Team bevorzugt derzeit weder Unternehmensanleihen noch Hochzinsanleihen. „Für das Anlageportfolio ist es unserer Meinung nach attraktiv, Unternehmensanleihen statt Staatsanleihen und Hochzinsanleihen statt Bargeld zu bevorzugen“, so Cornelissen.

Vorsichtig optimistisch gegenüber dem Immobilienmarkt
Nach einer herausragenden Performance des Immobiliensektors im Jahr 2010 – mit 30% Rendite war er die breite Anlageklasse mit der besten Performance – glaubt das Financial Markets Research-Team, dass er sich in den kommenden Monaten in groben Zügen übereinstimmend mit den Aktienmärkten bewegen wird. Die Performance des letzten Jahres wurde von der Erholung der Weltwirtschaft und den weltweit niedrigen Anleihezinsen unterstützt.

Jetzt würde ein andauernder Anstieg der Anleihezinsen ein Schlüsselrisiko für Immobilien bedeuten. Wie wir aber gesehen haben, hält Cornelissen das Risiko für einen signifikanten Anstieg der Anleihezinsen von diesem Niveau aus für eingeschränkt. „Die Immobilienbewertung ist dem historischen Durchschnitt im Vergleich zu Aktien etwas voraus. Jedoch nicht so weit, dass wir eine schlechtere Performance im Immobiliensektor erwarten“, fügt er hinzu.

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