Die digitale Revolution: Gewinnbooster für die Minenwerte

KI und die Revolution der digitalen Infrastruktur werden den weltweiten Bedarf an kritischen Metallen und damit wohl auch die Kurse der Minenkonzerne nach oben treiben. Teil 1: Weshalb der Bedarf so stark wächst.

18.10.2024 | 06:15 Uhr

Knapp sieben Milliarden US-Dollar will es sich Rio Tinto kosten lassen, um mit Arcadium Lithium den fünftgrößten Lithiumproduzenten der Welt zu übernehmen. Und das, obwohl der Preis für das Spezialmetall in diesem Jahr um 80 Prozent eingebrochen ist. Was auf den ersten Blick widersinnig erscheint, macht auf den zweiten Blick viel Sinn. Denn der britisch-australische Bergbaugigant hat die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Und die zeigen klar in Richtung eines Bedarfsbooms an Spezial-Metallen wie Kupfer, Lithium und Silber für die Entwicklung neuer Technologien und grüner Energien. So soll sich allein das globale Marktvolumen des Lithiummarkts von 8,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf bis über 23 Milliarden US-Dollar 2030 fast verdreifachen.

Denn wie auch schon bei früheren industriellen Revolutionen erfordern auch die digitale und grüne Revolution große Mengen an Rohstoffen. So werden allein KI-Anwendungen bis 2030 voraussichtlich über 200 Terawattstunden (TWh) zur Stromnachfrage von Rechenzentren beitragen, wodurch die gesamte Stromnachfrage von Rechenzentren auf 1.063 TWh steigen wird, das ist ein Plus von 150 Prozent gegenüber dem Jahr 2024. Alphabet, Amazon und Microsoft investierten allein im ersten Quartal 2024 insgesamt 40 Milliarden US-Dollar, hauptsächlich in Rechenzentren zur Erweiterung der KI-Kapazität. Dies dürfte allein den Kupferbedarf für Rechenzentren zwischen 2023 und 2030 um 114 Prozent auf eine Million Tonnen steigern.

Quellen: Bloomberg NEF, IEA, The Oregon Group.

Und die digitale Revolution setzt ganz bewusst auf saubere Energiequellen statt fossiler Brennstoffe, was sowohl von Unternehmen als auch von staatlicher Seite gefördert wird. So hat sich etwa Microsoft das Ziel gesetzt, bis 2030 netto null Emissionen zu erreichen und danach kohlenstoffnegativ zu werden. Und Amazon strebt bis 2040 netto null Emissionen in allen seinen Betriebsbereichen an, einschließlich Transport für Lieferungen. In den USA stellte der Inflation Reduction Act (IRA) zugleich über 400 Milliarden USD bereit, um die Entwicklung grüner Technologien und der Halbleiterindustrie in den USA voranzutreiben.

Neben dem Anstieg der Investitionen in erneuerbare Energien besteht ein dringender Bedarf an Investitionen in das Stromnetz. Zwischen 2023 und 2030 müssten die Ausgaben für erneuerbare Energien um 83 Prozent steigen, um auf Kurs für Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu bleiben, während die Ausgaben für das Netz sogar um 151 Prozent steigen müssten. Diese Nachfrage wird durch die physischen Infrastrukturbedürfnisse von Rechenzentren angetrieben. Diese benötigen enorme Mengen an Verkabelungen und Komponenten, die stark auf Kupfer und andere Metalle angewiesen sind.

Auf der anderen Seite prognostizieren Experten, dass die Defizite bei kritischen Metallen zunehmen werden, bedingt durch lange Entwicklungszeiträume der Minen, Ressourcen-Nationalismus, Umweltbedenken und machtpolitische Herausforderungen in den Lieferketten. Ob USA, Europa oder China, alle wichtigen Wirtschaftsmächte sind dabei, sich ihre Versorgung mit wichtigen Rohstoffen zu sichern. Die Initiative „Made in China 2025“ zielt darauf ab, die inländische Produktion von Kernmaterialien und Hightech-Produkten, insbesondere Halbleitern, zu steigern, während die Regierung umfassende Unterstützung für die Integration digitaler Technologie bietet. Gleichzeitig wurden Exportkontrollen für bestimmte kritische Mineralien eingeführt. Die fast monopolartige Stellung Chinas in den globalen Lieferketten stellt einen erheblichen strategischen Vorteil gegenüber den USA und anderen Regionen dar.

Quellen: BMO Capital Markets. Stand: 30. August 2024.

Quellen: BMO Capital Markets. Stand: 3. September 2024.

Langfristig dürfte daher an einem Preisschub für kritische Metalle kein Weg vorbeiführen. Allerdings ist ein Aufbau neuer Minen angesichts des aktuellen Preisverfalls sowie umweltpolitischer Auflagen sehr schwierig und langwierig. Rio Tinto umgeht mit der Akquisition von Arcadium auf einen Schlag diese Probleme. Denn das Unternehmen produziert in den Staaten Argentinien sowie Australien jährlich etwa 75.000 Tonnen Lithiumcarbonat-Äquivalent und kann seine Kapazität bis 2028 sogar verdoppeln.

Am Freitag kommender Woche lesen Sie an gleicher Stelle, wie stark die Minenwerte von der digitalen Revolution profitieren könnten.

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