Donner & Reuschel in Kürze - Corona & Märkte
Mumm Briefing zum Wochenausklang. Ein Marktkommentar von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel.26.02.2021 | 12:10 Uhr
China bleibt vorerst die Wachstumslokomotive der Welt. Der Internationale Währungsfonds rechnet in diesem Jahr mit einem im historischen Vergleich überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum in Höhe von 8,1 Prozent. Im nächsten Jahr dürfte sich das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft dann mit erwarteten 5,6 Prozent langsam wieder den Vorkrisenraten annähern. Kurzfristig profitiert China davon, dass seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im ersten Quartal 2020 keine weiteren größeren Infektionswellen entstanden und damit keine erneuten großflächigen Shutdowns notwendig waren.
Aber auch langfristig klar definierte, politisch mit allen Mitteln unterstützte und konsequent umgesetzte wirtschaftliche Zielsetzungen helfen, die Wirtschaft weiter in rasantem Tempo zu modernisieren und auf künftige Herausforderungen auszurichten. Beispiele sind der seit Jahren bestehende Plan „Made in China 2025“ mit der China in wesentlichen zukunftsrelevanten Technologien die weltweit führende Rolle einnehmen wird, die neue Seidenstraße, der Abschluss des Freihandelsabkommens RCEP oder jüngst die Formulierung der „Strategie der zwei Zirkel“, also der Fokussierung auf eine stärkere Unabhängigkeit von ausländischen Importen und auf den Außenhandel in der engeren Region Asiens.
In Deutschland und Europa hingegen leiden vor allem einige Dienstleistungssektoren unter den weiterhin bestehenden Shutdown-Maßnahmen. Zwar gingen in vielen europäischen Staaten die neu gemeldeten Corona-Fallzahlen zuletzt zurück, jedoch steigt der Anteil verschiedener besonders ansteckender Mutationen des Virus, weshalb Lockerungen der Shutdowns vielerorts fraglich sind oder aber gegebenenfalls wieder revidiert werden müssen. Für einzelne betroffene Unternehmen und Menschen sind die Auswirkungen mit anhaltender Dauer der Maßnahmen immer gravierender. Mit Sicherheit werden die Insolvenzen in diesen Bereichen in den kommenden Monaten deutlich zunehmen. Diese Aussicht und die resultierende Angst vor Einkommens- oder gar Jobverlusten verunsichert weiterhin viele Menschen, die ihre Konsumausgaben auf das Nötigste beschränken. Entsprechend konnte der GfK-Konsumklimaindex sich von seinem Einbruch im Januar auch nur leicht erholen.
Gesamtwirtschaftlich halten sich die Auswirkungen zumindest in Deutschland bisher in Grenzen, erkennbar an dem gerade auf 0,3 Prozent nach oben revidierten Wirtschaftswachstum im 4. Quartal. Das ifo-Institut schätzt den Ausfall an Wertschöpfung derzeit auf 1,5 Mrd. Euro wöchentlich, was etwa 2,5 Prozent der gesamten Wertschöpfung pro Woche entspricht. Aufrecht gehalten wird die Dynamik global und besonders in Deutschland vor allem von der Industrie. Der letzte ifo-Geschäftsklimaindex verdeutlichte, dass die Stimmung bei den Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes auf den höchsten Stand seit Ende 2018 angestiegen ist. Angetrieben wird die Industrieproduktion besonders von der hohen Exportnachfrage, u.a. aus China.
In den USA hat sich gemäß ISM-Einkaufsmanagerindizes zuletzt sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor die Stimmung der Unternehmen weiter auf hohen Niveaus gehalten. Dabei profitiert der in den USA für die gesamte Wirtschaftsleistung besonders wichtige private Konsum von den noch bestehenden fiskalischen Stützungsmaßnahmen, die allerdings teilweise im März auslaufen. Umso wichtiger wäre für die US-Volkswirtschaft eine zeitnahe Verabschiedung des von Präsident Joe Biden geplanten neuen Konjunkturpaketes mit einem Volumen von bis zu 1,9 Bio. US-Dollar, das u.a. direkte Zahlungen in Höhe von 1.400 US-Dollar an viele US-Bürger, die Unterstützung von Impfkampagnen und Testkapazitäten sowie Zahlungen an Städte und Bundesstaaten vorsieht. Die dafür notwendigen Abstimmungen finden heute im Repräsentantenhaus und in der kommenden Woche im Senat statt. Es ist davon auszugehen, dass zumindest große Teile des Paketes verabschiedet werden können. Die Notwendigkeit wurde auch vom Chef der US-Notenbank Fed Jerome Powell in dieser Woche erneut unterstrichen. Er verwies auf die nach wie vor bestehende Unterauslastung des US-Arbeitsmarktes, weshalb auch die Geldpolitik auf absehbare Zeit weiter expansiv ausgerichtet werden solle. Zwar fiel die Anzahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in dieser Woche relativ deutlich auf 730.000, doch verglichen mit dem Vorkrisenniveau fehlen noch immer etwa 10 Millionen Beschäftigungsverhältnisse.